Mittelbayerische Zeitung: Neue Zeiten für Trump / Die Demokraten übernehmen die Mehrheit im Repräsentantenhaus. Damit wird es für den Präsidenten ungemütlicher. Von Thomas Spang
(ots) - Erstmals seit seinem Einzug ins Weiße Haus muss
der Präsident von nun an Rechenschaft ablegen. Bisher konnte Trump,
angesichts der Mehrheiten der Republikaner in beiden Kammern des
Kongresses, schalten und walten wie er wollte. Das ändert sich nun.
Von der mutmaßlichen Kooperation mit Moskau im Wahlkampf über private
Interessenkonflikte im Umgang mit Saudi-Arabien bis hin zu den
Geschäften des Präsidenten, seiner Familienmitglieder und der
Trump-Organisation haben die Demokraten 85 Punkte zusammengetragen,
auf die sie Antworten verlangen. Notfalls vor einem
Untersuchungsausschuss. Ganz oben auf der Wunschliste stehen die
Steuererklärungen Trumps, die dieser - entgegen der Gepflogenheiten
aller seiner Vorgänger -bisher nicht veröffentlicht hat. Die
Demokraten versprechen sich davon Hinweise auf Verstrickungen mit
autokratischen Regimen, Korruption und Steuerbetrug. Es wird an der
designierten "Speakerin" Nancy Pelosi sowie den Vorsitzenden der
mächtigen Ausschüsse für Justiz, Jerry Nadler, Geheimdienste, Adam
Schiff, und "Ways and Means", Richard Neal liegen, dabei das
notwendige Fingerspitzengefühl aufzubringen. Die Versuchung ist groß,
den wenig Geliebten Präsidenten mit Vorladungen zu überschütten, und
damit die Sympathien der Amerikaner zu verspielen. Das gilt
insbesondere für ein Amtsenthebungsverfahren, das im
Repräsentantenhaus seinen Ausgang nimmt. Jenseits dramatischer
Enthüllungen in dem Bericht von Sonderermittler Robert Mueller ist
schwer zu sehen, wo im republikanisch bestimmten Senat die
Zweidrittelmehrheit für ein "Impeachment" Trumps herkommen soll.
Pelosi, die als erste Frau, nach dem Machtverlust der Demokraten 2010
in das drittmächtigste Amt des Staates zurückkehrt, weiß aus
Erfahrung, wie sehr sich die Republikaner verkalkulierten, als sie
unter umgekehrten Vorzeichen vergeblich versucht hatten, Bill Clinton
aus dem Amt zu entfernen. Sie garantierten damit dessen Wiederwahl.
Genau darauf setzt Trump, der hofft, Pelosi werde dem Druck der
Parteilinken nicht standhalten und sich zu einer Schlammschlacht mit
ihm verleiten lassen. Eine Eskalationsstufe darunter zu bleiben, wäre
der klügere Kurs. Die Demokraten können über die Ausschüsse effektiv
Kontrolle ausüben und offenlegen, wie korrupt diese Präsidentschaft
ist. Sollte Trump sich gar der Justizbehinderung oder Verschwörung
mit einer gegnerischen Macht schuldig gemacht haben, werden den Rest
die Wähler und Gerichte erledigen. Die beste Amtsenthebung Trumps ist
die an der Wahlurne im kommenden Jahr (2020). Pelosi, die Führerin
der Demokraten, verfügt über genügend Erfahrung und Augenmaß, nicht
in Trumps Falle hereinzulaufen. Sie weiß, dass die Amerikaner ihrer
Partei zur Mehrheit verholfen haben, weil sie eine andere
Gesundheit-, Umwelt- und Einwanderungspolitik wollen. Selbst wenn die
Demokraten alleine keine Gesetze beschließen können, müssen sie die
Bühne des Kongresses nutzen, sichtbare Alternativen zum Trumpismus zu
formulieren. Die von den Republikanern ererbte Haushaltssperre im
Streit um die Grenzmauer des Präsidenten gibt den Demokraten die
erste Möglichkeit, Akzente zu setzen. Das Ende der Haushaltssperre,
die 800 000 Bundesbedienstete in den unbezahlten Zwangsurlaub
geschickt hat, wäre ein guter Anfang. Die Demokraten sollten ihre
neue Mehrheit im Kongress nutzen, sich den Bürgern als Partei der
Problemlöser zu empfehlen. Blockierer gibt es genug im
hyperparteiischen Washington. Und von denen haben die Wähler zu Recht
die Nase voll.
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