Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
"Weltpolizist" USA
Aufwachen, Europa!
Carsten Heil
(ots) - Das ist doch mal eine gute Nachricht: Die USA
sollen nach dem Willen ihres Präsidenten Donald Trump nicht mehr
"Weltpolizist" sein. Das hat Trump beim überraschenden Truppenbesuch
im Irak jetzt ganz offen erklärt. Dem Himmel sei Dank. Denn die Rolle
als Weltpolizist haben die Vereinigten Staaten von Kuba über Vietnam,
Angola, Chile, Irak und viele andere Länder nicht besonders gut
ausgefüllt. Immer dasselbe: Bomben werfen, Soldaten schicken,
missliebige Regierungen stürzen und dann - keinen Plan. Unter einem
Präsidenten Trump bestünde wenig Hoffnung, dass die USA klüger
vorgingen, Menschen und Minderheiten mitbedächten und eine
Vorstellung davon entwickelten, wie es nach dem Krieg weitergehen
könnte. Der positive Ruf der Amerikaner hat in den vergangenen
Jahrzehnten von der wirklich großartigen Leistung der Befreiung und
des Wiederaufbaus Europas nach dem Zweiten Weltkrieg gelebt. Dafür
kann Europa, dafür muss Deutschland den Verbündeten jenseits des
Atlantiks immer dankbar sein. Danach war einzig der US-Angriff auf
Afghanistan im Jahr 2001 berechtigt. Es war eine gerechtfertigte
Verteidigung nach den Terror-Angriffen auf New York und Washington.
Die Verbündeten standen an der Seite der USA. Die wollen nicht mehr
für die Integrität und Sicherheit des Westens einstehen, so Trump.
Das ist die Kehrseite der Medaille. Denn ohne die Vereinigten Staaten
oder zumindest mit weniger USA sieht die Nato als westliches
Verteidigungsbündnis schwach aus. Nun rächt es sich, dass die EU
keine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, keine gemeinsame
streitbare Armee und keine gemeinsamen strategischen Ziele hat. Und
es rächt sich, dass Europa nach der großen politischen Wende
1989/1990 vom Ende der Geschichte geträumt und die Friedensdividende
verbraten hat, statt sie in die eigene Sicherheit zu investieren. Das
müssen Deutschland, Frankreich, Italien und alle anderen Europäer nun
schnell nachholen. Die Welt ist keine friedliche und wird es auf
absehbare Zeit auch nicht werden. So wünschenswert das auch wäre.
Selbst nach einem Ende der Präsidentschaft Trumps werden die USA
nicht mehr die Rolle spielen wie unter George Bush senior. Das
deutete sich bereits beim Demokraten Obama an, dem der Pazifik
wichtiger als der Atlantik war. Das müssen die Europäer endlich
begreifen und entsprechend handeln. Ohne politische Einigkeit und
hohe gemeinsame Investitionen ins Militär wird Europa zerrieben
werden.
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Datum: 27.12.2018 - 20:30 Uhr
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