Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar
Einwanderungsgesetz
Deutschland macht sich ehrlich
Andreas Niesmann
(ots) - Es ist tatsächlich eine schöne Bescherung, die
die Große Koalition da kurz vor dem Weihnachtsfest angerichtet hat.
Und dieser Satz ist noch nicht einmal ironisch gemeint. Mit dem
Einwanderungsgesetz für Fachkräfte hat die Große Koalition zurück in
den Arbeitsmodus gefunden. Und nicht nur das: Sie hat auch bewiesen,
dass sie noch die Kraft findet, kluge Kompromisse zu schließen und
durchzusetzen. Das ist die gute Nachricht für den Moment. Noch viel
wichtiger allerdings ist die Botschaft, die über den Tag
hinausreicht. Deutschland bekennt sich endlich dazu, eine
Einwanderungsgesellschaft zu sein. Und das Land bekommt ein
Einwanderungsrecht, das diesen Namen verdient. Damit endet ein
jahrzehntelanger Streit, der viel zu oft ideologisch und viel zu
selten auf der Basis von Fakten geführt worden ist. Denn auch wenn
konservative und rechte Politiker es gerne bestreiten: Einwanderung
hat in der deutschen Geschichte praktisch immer stattgefunden. Das
Gesetzespaket zur Einwanderung und Duldung von Fachkräften trägt
dieser Geschichte Rechnung: Deutschland macht sich endlich ehrlich.
Es wurde höchste Zeit. Denn der Umgang mit Einwanderern ist nicht nur
eine Frage der politischen Kultur, sondern auch eine der
wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit. Längst ist der
Fachkräftemangel zum größten Hemmschuh des deutschen Wachstums
geworden. Und das gilt für nahezu alle Branchen. Die Zeit, in der nur
hoch qualifizierte Programmierer aus Fernost gesucht wurden, ist
lange vorbei. Inzwischen mangelt es an nahezu allem: Ärzte,
Handwerker, Bauarbeiter, Pflegekräfte - selbst LKW-Fahrer werden
knapp. Jede unbesetzte Stelle sorgt dafür, dass die deutsche
Wirtschaft ihre Potenziale nicht ausschöpfen kann, und kostet am Ende
Wohlstand. Und auch die Bevölkerung leidet: Wenn etwa Ärzte oder
Pflegekräfte fehlen, bekommen Patienten in Not das unmittelbar zu
spüren. Das Einwanderungsgesetz bietet die Chance, dort endlich
gegenzusteuern. Zahlenmäßig weit weniger bedeutend, aber mindestens
genauso aufgeladen ist die Frage der Duldung abgelehnter
Asylbewerber, die in Lohn und Brot stehen. Auch dabei scheint die
Koalition einen klugen Kompromiss gefunden zu haben. Wer arbeitet,
die Sprache lernt, sich an die Regeln hält, darf dauerhaft legal
bleiben. Alle anderen nicht. Gut so! Wohlgemerkt: Die Debatte um
Migration ist mit dem Gesetzespaket noch lange nicht vorbei.
Integration ist ein mühsamer, manchmal auch schmerzhafter Prozess. Es
wird Rückschläge geben. Das ist normal. Die Koalition hat kein
Allheilmittel beschlossen, sondern einen Prozess in die Wege
geleitet. Mehr kann eine Regierung nicht tun. Jetzt sind die Menschen
an der Reihe.
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Datum: 19.12.2018 - 20:30 Uhr
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