Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur SPD
(ots) - Sie hatten so gehofft im Willy-Brandt-Haus, aber
dann hat''s doch nicht geklappt mit Friedrich Merz als neuem
CDU-Vorsitzenden. Dabei war der Plot schon geschrieben: Der
»neoliberale« Millionär macht in seinem Kampf um die »Halbierung der
AfD« die linke Merkel-Mitte frei und verhilft den siechenden
Sozialdemokraten so ruckzuck zu neuer Blüte. Lassen wir mal weg, ob
dieses Zerrbild überhaupt einem Praxistest standgehalten hätte, so
lässt sich eines mit Gewissheit sagen: Das Problem der SPD ist die
SPD - und nicht die »falsche« Parteichefin der CDU. Viel zu lange
schon richten sich die Sozialdemokraten in ihrem Leid an der Union
aus. Erst galt Angela Merkel als zu stark - so stark sogar, dass
Torsten Albig als Ministerpräsident von Schleswig-Holstein seiner
SPD empfahl, auf die Nominierung eines eigenen Kanzlerkandidaten zu
verzichten. Dann galt die ewige Kanzlerin plötzlich als so schwach,
dass man nicht von der Stelle kommen konnte. Und nun soll es halt
an Annegret Kramp-Karrenbauer liegen, wenn die SPD weiter
dahinsiecht. Alles Wehklagen zeigt auf erschreckende Weise, wie tief
die deutsche Sozialdemokratie gesunken ist. Die Partei definiert
sich mehr über ihren politischen Hauptkonkurrenten als über sich
selbst. Zwar keimte kurz Hoffnung auf, als Andrea Nahles den Vorsitz
übernahm und damit die kurze und unglückselige Ära von Martin
Schulz beendete. Doch schnell ging es im alten Trott weiter. Nicht
einmal vom erbitterten Streit zwischen CDU und CSU in der Causa
Maaßen konnten die Sozialdemokraten profitieren. Vielmehr ließen sie
sich in die Posse hineinziehen. Am Ende stand Andrea Nahles vor
den Kameras und musste öffentlich gestehen, dass den Parteichefs ein
haarsträubender Fehler unterlaufen war. Das war zwar beeindruckend
ehrlich, peinlich blieb es trotzdem. Der nimmermüde Juso-Chef
Kevin Kühnert rieb sich die Hände und hatte einen Grund mehr,
gegen die Große Koalition zu sticheln. Wie die SPD ohnedies nicht
müde wird, die Schlachten der Vergangenheit zu führen, während ein
stimmiges Konzept für die Zukunft fehlt. Einmal mehr war das zuletzt
bei den Endlosdebatten um die Abschaffung von Hartz IV und die
endgültige Abwicklung der Agenda 2010 zu bestaunen. Es dürfte wenig
politische Projekte geben, die so erfolgreich waren und doch so
schlecht geredet werden - und das auch noch von jenen, die sie einst
durchgesetzt haben. Folglich ist es auch kein Wunder, dass sich
bereits die nächste SPD-Hoffnungsträgerin warmläuft. Katarina Barley
soll als Spitzenkandidatin bei der Europa-Wahl im kommenden Mai die
SPD zu neuer Stärke führen. Versprochen hat sie dafür einen »geilen
Wahlkampf«. Ob diese Wortwahl hilft, mag Ansichtssache sein. Dass
2018 für die SPD ein Jahr zum Vergessen war, ist hingegen Fakt.
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Datum: 13.12.2018 - 21:00 Uhr
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