ZDF-Magazin "Frontal 21" berichtetüber Kidnapping im Auftrag Erdogans/ Opfer erheben Foltervorwürfe (FOTO)
(ots) -
Bitte Sperrfrist Dienstag, 11. Dezember 2018, 7.00 Uhr, beachten!
Die Türkei betreibt offenbar ein Entführungsprogramm, bei dem der
Geheimdienst MIT weltweit nach politischen Gegnern sucht, die dann in
türkische Gefängnisse verschleppt werden. Das ergeben gemeinsame
Recherchen des ZDF-Magazins "Frontal 21" und acht internationalen
Medien, koordiniert von "CORRECTIV". "Frontal 21" berichtet darüber
in der Sendung am Dienstag, 11. Dezember 2018, 21.00 Uhr. Für die
Recherchen wurden Überwachungsvideos gesichtet, interne Dokumente
ausgewertet sowie Augenzeugen und Opfer befragt. Mehrere Betroffene
erheben den Vorwurf, sie seien in Geheimgefängnissen gefoltert
worden. Die türkische Regierung hat auf Nachfragen zu den Vorwürfen
bisher nicht reagiert.
Gegenüber "Frontal 21" und "CORRECTIV" berichten zwei Männer
unabhängig voneinander von geheimen Folterzentren in der Türkei. Sie
sagen übereinstimmend, auf offener Straße in der Türkei in dunkle
Transporter gezerrt und mit einem Sack über dem Kopf in ein
Geheimgefängnis gebracht worden zu sein. In Verhören unter Folter sei
ihnen vorgeworfen worden, Anhänger des Predigers Fetullah Gülen und
Terroristen zu sein. Ziel der Misshandlungen sei es, falsche
Zeugenaussagen für Prozesse gegen Gülen-Anhänger zu erpressen. Beide
Männer berichten, sie seien erst nach wochenlanger Folter
freigelassen worden, nachdem sie sich zum Schein für Aussagen als
"anonyme Zeugen" bereit erklärt hätten. Sie konnten sich jedoch ins
Ausland absetzen.
Nach dem Putschversuch im Juli 2016 hatte der türkische Präsident
Recep Tayyip Erdogan Anhänger der Gülen-Bewegung zu Terroristen
erklärt und ihnen mit Verfolgung im In- und Ausland gedroht. "Die
Gülenisten, die geflohen sind und sich jetzt in Sicherheit wähnen,
bringen wir einzeln zurück ins Land und übergeben sie der Justiz. Wir
werden den Kampf gegen die Gülenisten (...) so lange fortsetzen, bis
wir sie komplett ausgemerzt haben", sagte Erdogan zuletzt am 7. Juli
2018.
Die Männer, die angeben, in der Türkei gekidnappt worden zu sein,
treten anonym vor die Kamera. "Frontal 21" und "CORRECTIV" kennen die
wahren Identitäten. Einer der Männer berichtet von Schlägen,
Drohungen mit sexueller Gewalt. "Sie haben mich unterhalb der
Gürtellinie ausgezogen und auf den Boden in eine Stressposition
gelegt." Dann hätten sie gedroht: "Was wir mit dir machen, werden wir
auch mit deiner Frau tun, mit deiner Mutter, mit deinem Vater." Der
zweite Zeuge will Elektroschläge und stundenlanges Stehen in einem
engen Schrank erlebt haben. "Aus dem Lautsprecher kamen Anweisungen.
Wenn man nicht mehr kann, fällt man auf den Boden und dann gab es
Faustschläge und Tritte."
Mehrere Menschenrechtsorganisationen, darunter Human Rights Watch
(HRW), halten die Schilderungen für glaubwürdig. HRW hat über ein
Dutzend Fälle von Entführungen und Folter in der Türkei anhand von
Zeugenaussagen dokumentiert. "Wir müssen davon ausgehen, dass das
systematisch ist", sagt Wenzel Michalski, Direktor von HRW
Deutschland. Der türkische Menschenrechtsverein IHD ist überzeugt,
dass der türkische Geheimdienst MIT für die Entführungen in der
Türkei verantwortlich ist. Angehörige hätten berichtet, wie Opfer auf
offener Straße verschleppt worden seien, "mit einem schwarzen
Kleintransporter mit dunklen Scheiben", sagte Öztürk Türkdogan,
Vorsitzender des IHD.
Ab dem Sommer 2016 wurden mehrere türkische Staatsangehörige auch
außerhalb der Türkei verschleppt. Belegbar sind Fälle in Malaysia,
Aserbaidschan, Gabun, der Ukraine, der Republik Moldau und im Kosovo.
Die Bundesregierung bestätigte, dass oppositionelle Türken aus dem
Ausland in die Türkei gebracht werden. Auf eine parlamentarische
Anfrage der Linken im Bundestag antwortete sie im November 2018: "In
den allermeisten Fällen dürfte es sich bei den zwangsweisen
Rückführungen nac h Kenntnis der Bundesregierung jedoch um offizielle
Maßnahmen der jeweiligen Gastländer handeln, die von türkischer Seite
zwar initiiert, von dieser aber nicht eigenständig auf fremdem
Staatsgebiet durchgeführt wurden." In einer Antwort auf Anfrage der
FDP schreibt das Bundesinnenministerium, "Kernaktivität des
türkischen Nachrichtendienstes MIT in Deutschland ist die Aufklärung
Oppositioneller". Seit dem Putschversuch vom Sommer 2016 stünden
besonders Gülen-Anhänger im Fokus des MIT. Die Zahl der asylsuchenden
türkischen Staatsbürger in Deutschland stieg rasant an. Laut
Regierungsangaben waren es im Jahr 2016 gerade mal 150 Personen, 2017
waren es schon 3543. Entführungsversuche türkischer Staatsbürger aus
Deutschland sind nicht bekannt.
#BlackSitesTurkey ist eine Kooperation des ZDF-Magazins "Frontal
21", "Le Monde", "El Pais", "Il fatto quotidiano", "Addendum",
"Haaretz", "TT", "Mandag morgen" koordiniert von "CORRECTIV".
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ZDFinfo zeigt am Mittwoch, 12. Dezember 2018, um 19.45 Uhr "Die
Verschleppten - Kidnapping im Auftrag Erdogans".
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Datum: 11.12.2018 - 07:00 Uhr
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