Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum UN-Migrationspakt
(ots) - Der Streit um den in Marrakesch angenommenen
UN-Migrationspakt ist ein eindrucksvolles Beispiel für verzagte
Politik und mangelhafte Kommunikation. Erst als Nationalisten
weltweit gegen den Pakt polemisierten und Ängste schürten, haben sich
Bundesregierung und Parlament zu einem offensiveren Umgang mit dem
Abkommen entschlossen. Da aber war der Ton für viele bereits gesetzt
- und der Tenor lautete: »Dieser Pakt öffnet der Massenmigration Tor
und Tür und beraubt uns unserer Souveränität.« Auch die ersten
Antworten fielen merkwürdig defensiv aus. Oft hieß es, dass der
UN-Migrationspakt »nicht verbindlich« sei. Das allerdings passte kaum
zu der im gleichen Atemzug geäußerten Einschätzung, mit diesem
Abkommen gelinge ein internationaler Durchbruch und deshalb sei es
wichtig, dass Deutschland mitmache. Fast folgerichtig konnten sich
bis heute nicht alle Vorbehalte ausräumen lassen - trotz inzwischen
zahlreicher öffentlicher Diskussionen und dem mit großer Mehrheit
gefassten Beschluss des Bundestages. Deswegen ist es gut, dass
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) selbst nach Marokko geflogen ist,
um noch einmal die Bedeutung des Abkommens zu betonen, das ohne
Zweifel im deutschen Interesse liegt. Vor allem, weil es illegaler
Migration den Kampf ansagt. Zudem verpflichtet uns die Einigung auf
Standards im Umgang mit Migranten zu nichts, zu dem sich Deutschland
nicht längst schon verpflichtet hätte. Das sieht bei vielen anderen
Ländern ganz anders aus. Auch die Sicherung unserer territorialen
Hoheit wird durch den Pakt keineswegs in Frage gestellt. Ohnehin geht
es in der Debatte weniger um die 23 Einzelziele des
UN-Migrationspakts als um eine grundsätzliche Frage. Die lautet:
Bemüht sich die Staatengemeinschaft weiter darum, die globalen Fragen
in internationalen Abkommen zu lösen oder lässt sie es bleiben?
Zusammenarbeit oder Egoismus, Multilateralismus oder Nationalismus -
das ist der wahre Kern dieses Streits. Noch ist eine Mehrheit der
Staaten überzeugt, dass sich die Welt nur gemeinsam besser machen
lässt - auch wenn die Schritte dabei oft klein und immer mühevoll
sind. Erst recht, da es auch über das Thema Migration hinaus eine
Vielzahl an Herausforderungen gibt, ob es der Klimaschutz, der
weltweite Kampf gegen den Hunger oder der Einsatz für mehr Bildung
und Gleichberechtigung ist. Deshalb ist allerdings auch klar: Die
Nationalisten werden keine Ruhe geben. Ihre nächste Kampagne dürfte
sich wohl gegen den UN-Flüchtlingspakt richten. Die Kanzlerin, ihre
Regierung und die sie tragenden Parteien wären also gut beraten, dann
selbst die Debatte zu befeuern, um nicht wieder wie Getriebene zu
wirken. Denn das wirkt nicht nur wenig souverän - es weckt
verständlicherweise auch Misstrauen.
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Datum: 10.12.2018 - 21:00 Uhr
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