Berichte von The Lancet undÄrzte der Welt entkräften Mythen über Migration und Gesundheit
(ots) - Einwanderer verbreiten Infektionskrankheiten und
sind eine Bürde für die Gesundheitssysteme der Aufnahmestaaten -
Vorurteile wie diese bestimmen oft den Diskurs und führen zu
restriktiver Gesetzgebung. Wie es wirklich um die Gesundheit von
Migrantinnen und Migranten in Deutschland bestellt ist, darüber ist
jedoch nur sehr wenig bekannt. Ärzte der Welt und die Kommission zu
Migration und Gesundheit der renommierten medizinischen
Fachzeitschrift The Lancet und des University College London setzen
diesen Mythen nun gemeinsam Fakten entgegen.
Am 12. Dezember (Welttag der allgemeinen Gesundheitsversorgung)
stellt die Lancet-Kommission ihre Studie "The health of a world on
the move" in Berlin vor. Ärzte der Welt präsentiert auf der
gemeinsamen Veranstaltung seinen Bericht "Verwehrtes Recht auf
Gesundheit. Krank und ohne medizinische Versorgung in Deutschland".
Mithilfe internationaler und disziplinenübergreifender Forschung
zeigt der Lancet-Bericht zum Beispiel auf, dass an den meisten
Krankheiten Zugewanderte seltener sterben als die Bevölkerung der
Aufnahmeländer. Auch die Behauptung, Migration setze die Bevölkerung
des Ziellandes einem höheren Risiko aus, sich mit ansteckenden
Krankheiten zu infizieren, entkräften die Autor(inn)en. Sie kommen zu
dem Schluss, dass Migration den Gesundheitssystemen der
Einwanderungsstaaten insgesamt mehr nützt als schadet. Allerdings
müsse verstärkt auf die gesundheitlichen Bedürfnisse von
Migrant(inn)en eingegangen werden.
"Einwanderer tragen für gewöhnlich mehr zu einer Wirtschaft bei,
als sie kosten. Wie wir ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden
gestalten, wird unsere Gesellschaften für Generationen formen. Es
gibt kein dringenderes Thema in Bezug auf die globale Gesundheit",
sagt Lancet-Chefredakteur Dr. Richard Horton.
Daten über den Gesundheitszustand von Migranten und Migrantinnen
sind daher unverzichtbar, sie sind jedoch äußerst rar. Der Ärzte der
Welt-Bericht, der auf der Analyse von Patientendaten aus den
medizinischen Anlaufstellen der Organisation in Berlin, München und
Hamburg basiert, gibt einen seltenen Einblick in die Situation
derjenigen, die keinen oder nur einen eingeschränkten Zugang zum
deutschen Gesundheitssystem haben. Die Mehrheit von ihnen sind
Zugewanderte.
"Der Bericht wirft ein Schlaglicht auf die vielfältigen negativen
Einflüsse auf die Gesundheit von nach Deutschland eingewanderten
Männern, Frauen und Kindern und die Barrieren, die eine angemessene
medizinische Versorgung verhindern", sagt François De Keersmaeker,
Direktor von Ärzte der Welt.
Mit besonderen Hürden konfrontiert sind Menschen ohne geregelten
Aufenthalt, von denen laut Schätzungen mehrere Hunderttausende in
Deutschland leben. Sie leiden vor allem unter der gesetzlichen
Regelung, dass Mitarbeiter/-innen der Sozialämter sie bei der
Ausländerbehörde melden müssen, wenn sie einen Krankenschein
beantragen. Rund 72 Prozent der von Ärzte der Welt und seinen
Kooperationspartnern befragten Patient(inn)en ohne geregelten
Aufenthaltsstatus gaben an, in der Vergangenheit trotz Krankheit auf
einen Arztbesuch verzichtet zu haben.
Auch Migrant(inn)en aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten werden durch
restriktive Gesetzgebung, vor allem das Anfang 2017 in Kraft
getretene sogenannte Leistungsausschlussgesetz, am Zugang zum
regulären Gesundheitssystem gehindert. Hinzu kommen krankmachende
Faktoren, wie schlechte Arbeitsbedingungen, Obdachlosigkeit und
soziale Isolation.
Insgesamt gaben nur 15,5 Prozent der befragten Patienten und
Patientinnen an, über eine eigene Wohnung zu verfügen. Die anderen
schliefen zum Beispiel bei Freunden oder Familienmitgliedern, in
Wohnheimen oder auf der Straße. Von den Obdachlosen kamen über 70
Prozent aus anderen EU-Ländern.
Auch Diskriminierungserfahrungen stellen Barrieren beim Zugang zu
medizinischer Versorgung dar. Hinzu kommen administrative Probleme,
Unkenntnis über das Gesundheitssystem oder Sprachbarrieren.
Mehr über die gemeinsame Veranstaltung von Ärzte der Welt und der
Lancet-Kommission erfahren Sie hier: http://ots.de/EbbknP
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Stephanie Kirchner
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Datum: 10.12.2018 - 06:05 Uhr
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