Mittelbayerische Zeitung: Ein Reförmchen für den Euro
Von Daniela Weingärtner
(ots) - Ein Verhandlungsmarathon von sechzehn Stunden
hat das Dilemma nicht lösen können. Die Eurozone ist nicht gerüstet,
sollte es nochmals zu einer Weltfinanzkrise kommen. Für eine
grundlegende Reform aber fehlt den Mitgliedern das gegenseitige
Vertrauen. Italien führt den anderen gerade vor, dass die
Gemeinschaftsinstrumente nicht stark genug sind, um ein Mitglied des
Währungsraums im Notfall an die Kandare zu nehmen. Drastischer
formuliert: Kein Stabilitätspakt und keines der zahlreichen
Aufsichtsgremien, die sich die Eurozone verordnet hat, werden die
Regierung in Rom daran hindern, das Geld mit vollen Händen aus dem
Fenster zu werfen. Ein großer Wurf, der Risikoverteilung und
Haushaltsdisziplin, Vertrauen und Kontrolle, in ein gesundes
Gleichgewicht hätte bringen sollen, ist den Finanzministern nicht
gelungen. Zwar zeigten sich sowohl Eurogruppenchef Mario Centeno als
auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz am Morgen nach der durchwachten
Nacht betont begeistert. Doch ihre Worte konnten nicht überdecken,
dass die von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eingeforderte
grundsätzliche Reform der Eurozone ausfällt. Das viel diskutierte
Eurozonenbudget soll, wenn es überhaupt kommt, als kleiner Posten in
die allgemeine Finanzplanung der EU integriert werden. Von einem
Finanzminister für die Eurozone spricht keiner mehr. Auch der Plan,
den europäischen Rettungsschirm ESM zu einem Gemeinschaftsinstrument
auszubauen, ist wohl vom Tisch. Er bleibt in der Regie der
Mitgliedsstaaten. Die Finanzminister verständigten sich lediglich in
einer Protokollnotiz darauf, dass ESM und EU-Kommission künftig enger
kooperieren sollen. Wie genau, bleibt vage. Auch hier ist mangelndes
Vertrauen im Spiel. Die Mitgliedsstaaten sind nicht überzeugt, dass
die EU-Kommission bei der Prüfung der Schuldentragfähigkeit eines
Landes die nötige Strenge walten lässt. Immerhin soll bis 2024 das
Reservepolster des ESM so weit ausgebaut sein, dass er im Fall einer
Bankenpleite das Restrisiko übernehmen kann. Bislang war zunächst der
betroffene Mitgliedsstaat in der Pflicht, wenn die Mittel des
Abwicklungsfonds ausgeschöpft waren. Künftig teilen sich die
beteiligten Länder das Risiko. Die Gelder fließen aber nur, wenn alle
beteiligten Staaten zustimmen. Deutschland als größter Beitragszahler
hat damit die Sicherheit, dass es nicht überstimmt werden kann. Auch
hier versperrt mangelndes Vertrauen echten Reformen den Weg. Denn im
Fall einer Bankenpleite muss rasch reagiert werden. Für ein Votum des
Deutschen Bundestages fehlt da eigentlich die Zeit. Da aber die
bisher bestehenden Kontrollinstrumente nicht greifen, ist bei den
sparsameren Nordländern die Neigung gering, das Risiko stärker als
bisher zu verteilen - zum Beispiel durch einen Europäischen
Bankensicherungsfonds. Wer in Griechenland, Portugal oder Frankreich
darauf hoffte, sein Bankguthaben demnächst breiter abgesichert zu
sehen, kann sich bei Salvini und Co. bedanken, dass es dazu nicht
kommen wird. Das ändert nichts daran, dass durch die gemeinsame
Währung ohnehin alle im selben Boot sitzen. Italien ist ein zu großes
Mitglied der Eurozone, seine Kredite sind zu stark mit denen der
anderen Länder verwoben, als dass eine Staatspleite nicht auch
diejenigen in Mitleidenschaft ziehen würde, die schmerzhafte Reformen
umgesetzt und ihre Haushalte in Ordnung gebracht haben. Das weiß die
Regierung in Rom. Die neue Kreditlinie für notleidende Staaten wird
ihre Risikofreude weiter erhöhen. Mögen die Kriterien auf dem Papier
noch so streng formuliert sein - das Geld wird am Ende auch dann
fließen, wenn Italien die entsprechenden Auflagen nicht erfüllt.
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