Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum CDU-Vorsitz
(ots) - So schnell kann es gehen: Keine vier Wochen
nach Angela Merkels angekündigtem Rückzug als CDU-Vorsitzende scheint
es eine Favoritin für die Wahl am 7. Dezember in Hamburg zu geben.
Annegret Kramp-Karrenbauer kann sich bedanken. Ihre besten Wahlhelfer
sind gleichzeitig ihre Konkurrenten und heißen Friedrich Merz und
Jens Spahn. Allen voran der Millionär aus der Mittelschicht hat sich
mit seiner Asyl-Debatte nun wahrlich keine neuen Freunde gemacht.
Friedrich Merz wollte eine Diskussion anstoßen und trat eine Lawine
los, die so leicht nicht mehr zu stoppen sein wird. Mit seiner Art
der Polarisierung dürfte er Vertrauen und Glaubwürdigkeit verloren
haben, innerhalb der CDU, aber auch in Teilen der Bevölkerung. Das
Grundrecht auf Asyl in Frage zu stellen, offenbar mit dem einzigen
Ziel, das Thema Migration in die Debatte zu bringen und damit
insbesondere gegenüber der »Merkelanerin« Annegret Kramp-Karrenbauer
punkten zu wollen, war ein klassisches Eigentor - mit Ansage.
Friedrich Merz mag rhetorisch und taktisch begabt sein. In dieser
Woche hat er Bodenhaftung und Fingerspitzengefühl vermissen lassen.
Beide Eigenschaften braucht aber jemand, der CDU-Vorsitzender und
später auch Bundeskanzler werden möchte. Merz hat sich verhalten wie
ein Lautsprecher. Genau solche Politiker spalten, statt
zusammenzuführen. Davon haben wir international mit Trump, Putin
und Kim Jong Un sowie national mit AfD-Politikern schon mehr als
genug. Jens Spahn hat erst im zweiten Anlauf kritisch auf Merz
reagiert. Da er chancenlos erscheint und eher Friedrich Merz als
Annegret Kramp-Karrenbauer Stimmen wegnehmen dürfte, läuft alles auf
die Frau aus dem Saarland hinaus. Bei den ersten vier von acht
Regionalkonferenzen hat »AKK« stark gepunktet. Genauso, wie ihr das
als Generalsekretärin bei der »Zuhör-Tour« gelungen ist. Im
Gegensatz zum hölzern und arrogant wirkenden Merz wird
Kramp-Karrenbauer bei den Unionsanhängern laut »ZDF-Politbarometer«
mehrheitlich als glaubwürdiger und sympathischer wahrgenommen. Ob das
die 1001 Delegierten in Hamburg auch so sehen, wird sich zeigen. Sie
werden zur Kenntnis genommen haben, dass Kramp-Karrenbauer offenbar
nicht nur Sozialkompetenz besitzt, sondern auch »klare Kante« kann.
Der Konter auf Merz'' Steilvorlage ließ nicht lange auf sich warten.
Zitat: »Wir sollten an dem Grundgesetz nicht leichtfertig
herumschrauben, sondern uns um die konsequente Rückführung der
Flüchtlinge kümmern. Da müssen wir besser werden.« Nächste Woche
folgen die Regionalkonferenzen in Böblingen, Düsseldorf, Bremen und
Berlin. Noch ist nichts entschieden. Aber gut möglich, dass Friedrich
Merz sich schon selbst aus dem Rennen um den CDU-Vorsitz genommen
hat.
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Datum: 23.11.2018 - 21:00 Uhr
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