Offener Brief an Gesundheitsminister Spahn: Opfer des Blutskandals mahnen Gerechtigkeit an
(ots) - Zu Beginn der 80er Jahre wurden Menschen
von Pharmaunternehmen und dem Deutschen Roten Kreuz durch
unzureichend gereinigte Blutprodukte mit HIV und schon zuvor in den
70ern mit Hepatitis C (HCV) infiziert.
Von den ehemals ca. 1.800 HIV-Infizierten leben noch 532
Betroffene. Diese werden seit 1995 durch die Stiftung "Humanitäre
Hilfe für durch Blutprodukte HIV-Infizierte Personen" entschädigt.
Die Finanzierung des Hilfsfonds war aber immer nur jeweils für einige
Jahre gesichert. Mit der Novellierung des HIV-Hilfegesetz in 2017
garantiert der Bund nun die dauerhafte Finanzierung des Hilfsfonds
und damit die Entschädigungszahlungen an die Betroffenen. Der Verband
der Opfer des Blutskandals e.V. (VOB e.V.) begrüßt diese dauerhafte
Sicherstellung der Entschädigungszahlungen. Für uns als
Interessenverband der Geschädigten stellt sich allerdings die Frage,
ob die Verursacher des Blutskandals damit bereits ihren
Verpflichtungen gegenüber den Betroffenen in vollem Umfang gerecht
werden.
In einem offenen Brief an den Gesundheitsminister Jens Spahn haben
wir auf die bestehenden Parallelen zwischen den Conterganopfern und
uns HIV-Infizierten hingewiesen. Nochmals verweisen wir auf die
Prognos-Studie, die von einem renommierten Wirtschaftsforschungs- und
Beratungsunternehmen erstellt wurde. Die Stiftung hat 2014 bei der
Prognos AG eine Untersuchung über die derzeitige Lebens- und
Gesundheitssituation der noch lebenden HIV-Infizierten in Auftrag
gegeben. Finanziert wurde sie vom Bundesgesundheitsministerium. In
der Studie wird festgestellt, dass die Betroffenen zunehmend an
Beeinträchtigungen durch den langen Verlauf der HIV Infektion und an
Nebenwirkungen der Medikamente leiden. Diese Zunahme der
unterschiedlichen Behinderungen hat zusätzlich eine Steigerung der
monatlichen Kosten für die Betroffenen zur Folge. Ferner hat 2008 der
Deutsche Bundestag die Gleichbehandlungsnotwendigkeit von Contergan
Geschädigten und den HIV- infizierten Personen festgestellt, siehe
offener Brief.
Der Betroffenenverband VOB e.V. fordert den Gesetzgeber deshalb
auf, die von ihm selbst festgestellte Gleichbehandlungsnotwendigkeit
des HIVHG mit dem bestehenden Conterganstiftungsgesetz umzusetzen.
Diese Gleichsetzung hätte zur Folge, dass die seit 1995 gezahlten
monatlichen Entschädigungen rückwirkend eine jährliche Anpassung
erfahren müssen. Weiter fordern wir die Bundesregierung auf, die in
den letzten 23 Jahren versäumten Anpassungszahlungen der HIVHG-
Leistungen durch einen Einmalbetrag zu kompensieren. Zudem ist eine
weitere elementare Forderung des VOB e.V. endlich auch die durch
Blutprodukte infizierten deutschen HCV-Geschädigten angemessen zu
entschädigen, da sie bislang, im Gegensatz zu vielen europäischen und
außereuropäischen HCV-Geschädigten, trotz identischer Infektionswege
und -ursachen sowie Krankheitsfolgen überhaupt keine Kompensation
erhalten.
Der Verband der Opfer des Blutskandals e.V. möchte daran erinnern,
dass noch immer nach wie vor regelmäßig Menschen an den Folgen der
HIV- und Hepatitis-C-Infektionen sterben und das ohne für ihr
ertragenes Leid angemessen entschädigt worden zu sein. - Wie lange
sollen wir Betroffenen noch auf Gerechtigkeit warten?
Der Vorstand des Verbandes der Opfer des Blutskandals e.V.
(Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie auf unserer
Internetseite www.nochleben.de.)
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Datum: 16.11.2018 - 05:00 Uhr
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