Internationaler Geldwäscher-Ring soll aus Deutschland agiert haben
(ots) - Deutschland steht im Zentrum eines internationalen
Geldwäsche-Verfahrens. Die französische Justiz wirft 14 Beklagten
vor, in zahlreichen Fällen Gewinne aus Drogenverkäufen in Europa
zunächst in den Libanon und von dort nach Südamerika gebracht zu
haben. Das geht aus Ermittlungsunterlagen hervor, die NDR, WDR und
"Süddeutsche Zeitung" einsehen konnten. Die Gruppe, genannt "Cedar",
soll demnach zu Spitzenzeiten rund eine Million Euro pro Woche
umgesetzt haben. Deutschland soll dabei als Drehscheibe fungiert
haben, zwei der Beschuldigten hatten ihren Wohnsitz in
Nordrhein-Westfalen, zwei weitere wohnten in der Nähe von Bremen. In
Paris startet am Dienstag der Prozess gegen die Gruppe.
Sie soll hierarchisch vorgegangen sein. Einige der Mitglieder
sollen in ganz Europa Bargeld eingesammelt haben, das mutmaßlich aus
Kokainverkäufen stammte. Das Geld übergaben sie dann, so die Ansicht
der Ermittler, an andere Mitglieder der Gruppe, die davon Schmuck,
Luxusuhren und teure Autos kauften, um die Herkunft des Geldes zu
verschleiern. Diese Güter sollen dann nach Westafrika und in den
Libanon gebracht und dort verkauft worden sein. Die Erlöse, so der
Vorwurf, sollen dann an die Kartelle in Südamerika geflossen sein,
die das Kokain nach Europa geliefert hatten. Zunächst gingen die
Ermittler davon aus, dass die Geschäfte von der Hisbollah gesteuert
wurden. Daher wurde gegen einige der Beklagten auch wegen des
Verdachts der Terrorismus-Finanzierung ermittelt. Angeklagt wird
dieser Punkt nun indes nicht, offenbar, weil die Belege nicht
ausreichen.
Die Staatsanwaltschaft Paris vermutet, dass die Gruppe allein
innerhalb eines Jahres Schmuck und Uhren im Wert von rund 10
Millionen Euro bei Juwelieren in Nordrhein-Westfalen und anderen
Bundesländern gekauft und bar bezahlt hat. Im Januar 2016 wurden in
sechs europäischen Ländern parallel Durchsuchungen und Festnahmen
durchgeführt. "Insgesamt konnten in Deutschland über eine
Viertelmillion Euro Bargeld sichergestellt werden, ein Luxusfahrzeug
sowie eine Waffe, die sich in einem der Fahrzeuge befunden hatte",
sagte ein Sprecher der an dem Verfahren beteiligten
Staatsanwaltschaft Aachen. Zuvor waren bei einer Fahrzeugkontrolle im
Raum Aachen bereits zwei mutmaßliche Geldkuriere des Netzwerks mit
rund einer halben Million Euro in bar aufgegriffen worden.
An dem Verfahren, das von französischen Ermittlern geleitete
wurde, beteiligten sich neben der amerikanischen Drug Enforcement
Agency (DEA) und Europol auch deutsche Zollfahnder aus Essen. Die
Ermittlungen hätten ergeben, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft
Aachen, dass "Personen mit Plastiktüten zu den Juwelieren gegangen
sind, die vollständig mit Bargeld gefüllt waren". Nach Informationen
von NDR, WDR und SZ wird deshalb gegen die Juweliere nun wegen des
Verdachts der leichtfertigen Geldwäsche ermittelt.
Einer der Hauptbeschuldigten ist Ali Z. aus Münster. Er erklärte
im Gespräch mit NDR, WDR und SZ, dass er unschuldig sei: Sein
florierender, legaler Exporthandel sei von den anderen Beschuldigten
ausgenutzt worden. Von Drogengeld habe er nichts gewusst und bis
heute sei ihm unklar, auf welcher Grundlage die Staatsanwaltschaft
ihre Vorwürfe erhebt. Er sei davon ausgegangen, dass die Gelder
legalen Ursprungs gewesen seien. Den Vorwurf, dass die Gruppe die
Hisbollah unterstütze, hält er für konstruiert: Die französischen
Ermittler hätten sich durch ihre US-amerikanischen Kollegen politisch
beeinflussen lassen, ohne dass es Beweise für diese Verbindung gebe,
sagte Z. Weitere Beschuldigte wollten sich auf Anfrage nicht äußern.
Der Pariser Prozess soll bis Ende November abgeschlossen sein.
Ungeachtet davon, welcher Teil der Vorwürfe vor Gericht bestehen
wird, kritisieren Experten seit längerem, dass Deutschland ein
idealer Standort für organisierte Geldwäscher sei. Der
Grünen-Abgeordnete im Europa-Parlament Sven Giegold sagte: "Es ist
völlig akzeptiert, dass man Luxusgüter oder selbst Immobilien mit
Bargeld bezahlt. Es gibt auch keine gesetzlichen Obergrenzen für den
Einsatz von Bargeld." Deshalb finde "Bargeld in Deutschland aus
dreckigen Quellen ein sicheres Zuhause".
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