P&R: Das „schwimmende Festgeld“ ist ein Containerdesaster, bei dem noch nicht einmal klar ist, wem die Container nun wirklich gehören.
Die Gläubigerversammlung am 17., 18. und 22.10.2018 in München haben Anlegern den Umfang der Zerstörung ihres Investments noch einmal deutlich vor Augen geführt. Angesichts der außerordentlich hohen Dimension des Schadens überrascht es, dass nur relativ wenig Anleger die Chance nutzten, sich selbst aus erster Quelle zu informieren, und von ihrem Recht über die Zukunft zu entscheiden, Gebrauch machten.
(IINews) - Dabei ist die Teilnahme an den P&R-Gläubigerversammlungen und die Entscheidungsteilhabe wichtig, denn es ging darum, wann und wie viel Geld es am Ende des Tages für die Containerinvestoren geben wird. Klar ist jedenfalls schon heute eines: Das Geld, das der Insolvenzverwalter einsammeln wird, wird bei weitem nicht ausreichen, um die milliardenschweren Verluste der P&R-Containerinvestoren abzudecken.
Was die Insolvenzverwalter berichteten
Mit Spannung wurde der Bericht der beiden Insolvenzverwalter in allen vier P&R-Gläubigerversammlungen von P&R-Containersparern entgegen genommen. Auch wenn nicht alles neu war und leider nicht alle Fragen der P&R-Anleger beantwortet wurden, lohnte sich die Teilnahme.
Als es um die Entwicklung der Containerbestände ging, wurde nicht auf das Schicksal der einzelnen vier P&R-Firmen abgestellt, sondern generell der Bestand und das Schicksal des „P&R-Konzerns“ dargestellt. Diese Darstellung war sicherlich als erster Schritt gedacht. Dennoch wäre es erforderlich gewesen, die Auswirkungen für den Anleger konkret für die einzelnen P&R-Firmen darzulegen.
Der Start des Containerchaos
Das Containerdesaster in der P&R-Gruppe nahm wohl bereits 2007 seinen Anfang. Ob schon vor diesem Zeitpunkt Unregelmäßigkeiten in dem Bestand der Transportboxen im P&R-Imperium bestanden, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Ausgeschlossen ist es aber nicht, da keine aussagekräftigen Unterlagen mehr für diesen Zeitraum vorliegen.
Auf der einen Seite wurden stets neue Containerinvestoren in das Geschäft mit aufgenommen, während auf der anderen Seite kaum Container zugekauft worden sind. Jedoch führte nicht nur der fehlende Zukauf von Containern zum Platzen des P&R-Finanzkonzepts. Vielmehr wurden zur Beschaffung von Liquidität zusätzlich – hauptsächlich in den Jahren 2009/2010 – auch Container verkauft. Auf Grund der Lehman-Pleite im Herbst 2008 folgte eine weltweite Rezession, die wiederum die Warenströme zum Erliegen brachte. Konsequenz war, dass nur eine geringe Anzahl von Containern vermietet werden konnte, wodurch zusätzlich hohe Standkosten verursacht wurden. Hinzu kam, dass zu diesem Zeitpunkt die Transportboxen auch nur weit unter Marktwert an den Mann gebracht werden konnten.
Ein weiteres Liquiditätsloch in 2016/2017 führte zu weiteren massiven Verkäufen von Containern. Diese Defizite konnten mit scheinbarer Wirkung nach außen nur mit Rekordabsätzen im Verkauf von Containerbeteiligungen kaschiert werden. Das Delta zwischen den auf dem Papier an Anleger verkauften Containern zum real existierenden Bestand schaukelte sich so in Millionenhöhe: statt ca. 1,6 Millionen waren zum Beginn der Insolvenz 2018 tatsächlich nur noch 0,6 Millionen vorhanden.
Das System P&R ließ nach Ansicht der beiden Insolvenzverwalter den Mitarbeitern, die sich selbst am P&R-Containerinvestment bis kurz vor dem Insolvenzantrag beteiligten, keinen Einblick in diese massive Fehlentwicklung zu. Der Grund ist nach Ansicht der Insolvenzverwalter darin zu sehen, dass alles rund um die Anlegerbetreuung auf der einen Seite und die Verwaltung der Container auf der anderen Seite strikt getrennt war. Und das nicht nur organisatorisch, sondern auch örtlich.
Während die Anlegergewinnung in Deutschland und Österreich erfolgreich verlief und die Verwaltung in Grünwald bei München den Sitz hatte, war das Containermanagement – also die Vermietung – in der Schweiz angesiedelt. Dieser Abstand zwischen diesen beiden Unternehmenszentren wurde noch dadurch größer, als dass die EDV-Systeme nicht miteinander vernetzt waren. So wundert es dann nicht, dass die allermeisten Anleger gar keine „Eigentumszertifikate“ erhielten, nachdem sie ihr Vermögen in die Container gesteckt hatten. So war den deutschen anlegerbezogenen P&R-Unternehmen nicht bekannt, wieviel Container es wirklich gab, und die schweizerischen P&R-Mitarbeiter wussten nicht, wie hoch das Volumen der Anlegergelder war. Einziger Angelpunkt zwischen diesen beiden „Welten“ war der Unternehmensgründer Heinz Roth.
Nur so lässt sich erklären, dass der Insolvenzantrag erst 2018 erfolgte, obwohl nach den Angaben der Insolvenzverwalter die Insolvenzreife für das P&R-Unternehmensimperium bereits im Jahre 2010 vorlag.
Wem gehören die Container wirklich?
Die spannende Gretchenfrage, wer denn Eigentümer der Container sei, blieb im Endeffekt unbeantwortet. Der Insolvenzverwalter verfocht die Ansicht, dass die P&R-Anleger keine Eigentümer geworden sind. Und das auch dann, wenn der P&R-Containerinvestor ein Eigentumszertifikat in seinen Händen halten sollte. Ob diese Ansicht so richtig ist, ist alles andere als einfach zu beurteilen. Die Schwierigkeit der rechtlichen Zuordnung von Container zum individuellen Anleger ist alleine schon deshalb schwierig, weil nicht für jeden P&R-Investor ein bestimmter Container gekauft worden ist. Fehlt die Konkretisierung, welcher Container erworben worden ist, fehlt es nach deutschem Recht an einem wirksamen Eigentumsübergang – so auch die Lesart der beiden Insolvenzverwalter.
Eine weitere Problematik lauert in Form des anwendbaren Rechts für die Eigentumsfrage: Welches nationale Recht ist überhaupt anwendbar? Da die zu erwerbenden Container nicht (nur) in Deutschland erworben wurden, ist das Recht auf den Eigentumserwerb anwendbar, an dem sich die Blechboxen zum damaligen Zeitpunkt befanden. Mit anderen Worten: Befand sich zur Zeit (des vermeintlichen) Kaufgeschäfts der Container im Hafen von Rotterdam, so ist auf niederländisches Recht abzustellen. Kompliziert wird es, wenn sich der Container zum einem solchen Zeitpunkt auf hoher See befand; denn dann richtet sich der Eigentumserwerb nach dem Recht des Schiffes, auf dem sich dieser Container gerade befand.
Allein diese beiden Problemkreise führen vor Augen, dass die Eigentumsfrage nicht einfach zu beantworten ist. Im Regelfall dürfte es so sein, dass die P&R-Anleger Eigentum zumindest nicht nachweisen können. Im Einzelfall mag dies anders sein.
Kastrierte Gläubigerversammlung
Die Berichte der Insolvenzverwalter in den vier Gläubigerversammlungen machten deutlich, dass die Intransparenz in der P&R-Gruppe nicht einmal vor den eigenen Mitarbeitern Halt machte; denn diese investierten selbst noch zu späten Zeitpunkten hohe Summen in das System und glaubten an den wirtschaftlichen Erfolg des Containerinvestments. Die Rede war – und das spiegelte das subjektive Gefühl der Sicherheit der P&R-Investoren wieder – von einem „schwimmenden Festgeld“.
Fragen der P&R-Containerinvestoren abgeschnitten
Aufgrund der Vielzahl an Fragen, die sich die Anleger und deren Anwälte in der P&R-Gläubigerversammlung natürlich stellten, war die Ankündigung des zuständigen Insolvenzrichters, die Redezeit auf eine Minute und inhaltlich auf eine Frage zu begrenzen, zwar nachvollziehbar. Angesichts des Umstandes, dass Milliardensummen zur Diskussion standen, empfanden viele Anleger und Anwälte die nur sehr eingeschränkten Möglichkeiten, Hintergründe zu erfahren und über die weiteren Schritte im Insolvenzverfahren aufgeklärt zu werden, dennoch als sehr negativ.
Außerdem wurde die Rednerliste früh und ohne weitere Ankündigung geschlossen. Im Ergebnis bestand in den drei Gläubigerversammlungen am 17. und 18. Oktober 2018 nicht für jeden die Chance, sein Informationsbedürfnis zu befriedigen.
Als besonders bedauerlich wurde es empfunden, dass entscheidende Details hinsichtlich des Verhältnisses zur schweizerischen P&R-Gesellschaft nicht ausreichend offenbart wurden. Auf diesbezügliche Fragen wurde von Seiten der Insolvenzverwalter einfach damit abgetan, dass man – selbst auf nochmalige Nachfrage – keine Antwort geben wolle.
Welche Anleger müssen Gelder zurückzahlen?
Neben Fragen zur Insolvenz trieb Anleger die Furcht, bereits erhaltenes Geld aus dem P&R-Investment an die Insolvenzverwalter zurückzahlen zu müssen. Das Unwort in diesem Zusammenhang hieß: Anfechtung.
Hier blieben die Insolvenzverwalter leider recht sibyllinisch. Eine konkrete Antwort, ob sie die in der letzten Phase vor der Insolvenz oder auch davor ausgezahlte Beträge zurückfordern oder den Anlegern belassen würden, gab es nicht.
Wer zwischen den Zeilen lesen konnte, merkte schnell: Wenn ein Insolvenzverwalter sagt, dass er verpflichtet sei, „alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen“, so drängt sich der Gedanken geradezu auf, dass die Anleger wohl nicht verschont werden können. Da vermochte auch die Ansage der Insolvenzverwalter nicht trösten, dass sie für den Fall P&R noch keine klare Rechtsprechung gefunden hätten, die diese Frage beantwortet. Das bedeutet im Klartext: Die Insolvenzverwalter werden von den Anlegern Geld zurückverlangen.
Wie die Zukunft aussehen kann und wie nicht
Die Insolvenzverwalter wissen, dass wirklich nennenswerte Beträge aus der noch immer laufenden Vermietung der Container zu erzielen sind. Diese Vermietung läuft über die schweizerische P&R-Firma. Etwa € 10 Mio. sind bereits an die P&R-Firmen in Deutschland überwiesen worden und man rechnet mit etwa € 560 Mio. in den kommenden drei Jahren. In dieser Summe sind voraussichtliche Verwertungserlöse aus dem Verkauf von Containern mit enthalten. Wie diese Zahlungsströme auf die einzelnen deutschen P&R-Gesellschaften verteilt werden, konnte den Besuchern der Gläubigerversammlung noch nicht beantwortet werden. Insoweit kann es durchaus sein, dass spätere Gläubigerversammlungen über die Zuordnung abstimmen werden.
In dieses Szenario kontinuierlicher Geldflüsse mischt sich – wenn man den Berichten der Insolvenzverwalter genau zuhört – ein Wermutstropfen. Denn trotz bereits durchgeführter Maßnahmen zur möglichen Sicherung der Einnahmen scheint es Störungen im Verhältnis der deutschen zu dem schweizerischen Unternehmen zu geben. Ob diese so massiv aufgetreten sind bzw. werden, dass die Zahlströme gefährdet sind oder es Verzögerungen geben könnte, ließ sich aus den Auskünften der Insolvenzverwalter mit der erforderlichen Klarheit nicht erkennen. Bricht der Zustrom der Erträge aus der Schweiz ein, sieht es für die vier Insolvenzverfahren in Deutschland extrem bitter aus.
Koordinierte Verwertung
„Wirtschaft unabhängig vom Recht“ – unter dieser Überschrift kann man die Ausführungen der Insolvenzverwalter sehen, als es um die wirtschaftlich sinnvolle Behandlung des Containervolumens ging. Einen einzelnen Container im internationalen Containergeschäft zu vermieten oder ihn zu verkaufen, ist nach Ansicht der beiden Insolvenzverwalter so gut wie unmöglich, da in diesem Marktsegment regelmäßig nur mit Großbeständen von mehreren tausend Stücken gehandelt wird.
So bleibt den einzelnen Anlegern ohnehin bereits keine ökonomisch vernünftige Chance, die Container selbst zu managen und zu verkaufen. Bereits aus diesem Grund dürfte wohl kaum damit zu rechnen sein, dass Anleger – die sich als Eigentümer wähnen – Container an sich herausverlangen und selbst das Vermietungs- und Vermarktungsgeschäft betreiben werden.
Welche weiteren Chancen bestehen für Anleger
Wenn also so rasch mit nennenswerten Beträgen für die P&R-Geschädigten nicht zu rechnen ist, stellt sich die Frage, welche Alternativen zur Verfügung stehen, um möglichst schnell zu Geld zu kommen. Da mehr als ein Drittel der Anleger nach Angaben der Insolvenzverwaltung älter als 70 Jahre ist, ist dieser Punkt für viele Anleger sehr wichtig.
Wenn der Berater sichere Investments verkauft
In einer Umfrage, welche die hier berichtende BSZ e.V. Anlegerschutzkanzlei im Frühjahr veranstaltet hat, stellten die Anwälte fest, dass bei rund einem Drittel ein Berater, eine Bank oder eine Sparkasse die P&R-Beteiligung empfohlen hat. Diese Personen, die auf den Rat Dritter vertraut haben, können ihren Verlust unter Umständen von eben diesen Empfehlungsgebern ersetzt bekommen. Ob und inwieweit dies bei dem einzelnen P&R-Investor der Fall ist, kann nicht über einen Kamm geschert werden. Der Grund dafür ist, dass nicht nur die Empfehlung selbst, sondern auch der Zeitpunkt und das Containerbeteiligungsprogramm variiert. Hieraus ergeben sich auch unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen. Die konkreten Möglichkeiten und wie die Voraussetzungen hierfür aussehen, sind am besten in einem persönlichen oder telefonischen Gespräch mit den hier berichtenden BSZ e.V. Anlegerschutzanwälten zu klären.
Was die BaFin leisten muss, um Anlegerschutz zu gewährleisten
Ob die Finanzaufsicht (= Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, BaFin) einem Anleger den Schaden zu ersetzen hat, beurteilen die berichtenden Anwälte eher kritisch. Nach derzeit geltendem Recht sind die Aussichten, hier einen Erfolg zu erzielen, schlicht und einfach nicht gegeben. Eine andere Frage ist, ob ein Europäisches Gericht dieses Recht nach europäischen Vorgaben für unwirksam erklären könnte. Eine Prognose dazu können wir nicht abgeben, gehen aber davon aus, dass es sich in jedem Fall um ein sehr langwieriges Verfahren handeln dürfte. Dieser Aspekt ist – neben dem Kostenpunkt – schon allein ein Argument, diese Vorgehensweise für sich auszuschließen.
Aussicht Prüftermin – was ist das?
„Wird die von den Anlegern zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung vom Insolvenzverwalter anerkannt?“ So lautet eine recht vielfach gestellte Frage. Zunächst verwunderte die Unsicherheit, die hier zu Tage trat. Schließlich hatten die Insolvenzverwalter hierzu im Vorfeld eigentlich klare Vorgaben gegeben.
Demnach war erwartet worden, dass zwar nicht die Rückkaufswerte, aber die Mieten jedoch vollständig festgestellt würden. Den Aussagen der Insolvenzverwalter ist nunmehr aber zu entnehmen, dass auch die bis Vertragsende ausstehenden Mieten bestritten werden sollen. Der Grund ist nach Angaben der Insolvenzverwalter die fehlende Abzinsung dieser zukünftigen Forderungen auf den Anmeldungszeitpunkt.
Im Ergebnis wird die Mehrzahl der Anleger daher nach den noch stattfindenden Prüfungsterminen ohne eine festgestellte Forderung dastehen. Die Insolvenzverwalter wollen dieses Problem nach eigenen Angaben lösen, indem sie den Anlegern einen Vergleichsvorschlag unterbreiten wollen. Die genaue Höhe ist derzeit aber noch gleichermaßen unbekannt wie die gesetzliche Grundlage für dieses Vorgehen.
•Fest steht damit allerdings, dass die Vordrucke zur Forderungsanmeldung für den Insolvenzverwalter lediglich ein Instrument waren, um eine Grundlage für eine Stimmenverteilung in den Gläubigerversammlungen zu schaffen. Verbindliche Aussagen zur anzuerkennenden Forderungshöhe beinhalteten sie demnach aber ganz offenbar nicht.
Aufgrund des Zeitdrucks und des Arbeitsumfangs könnte seitens der Anleger hierfür zwar ein gewisses Verständnis bestehen. Dies ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass sich anwaltlich nicht vertretene Anleger aufgrund dieses Vorgehens in der Situation wiederfinden werden, dass sie das angekündigte Vergleichsangebot wohl ohne Wenn und Aber werden annehmen müssen.
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