P&R: Was war los bei den Berichtsterminen in München?
Zum Zeitpunkt der P&R Pleite im März dieses Jahres hatten etwa 54.000 Anleger rund 3,5 Milliarden Euro investiert. Nach bisherigem Ermittlungsstand war ein Großteil dieses Geschäfts bloßer Schein. Neben den knapp 630.000 existierenden Containern wurden den Anlegern etwa eine Million Container verkauft, die es gar nicht gab.
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Nachstehend geben wir mit freundlicher Empfehlung des Autors den aktuellen Bericht vom 19. 10. 2018 auf www.investmentcheck.de wieder:
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Jaffé hat seine Pflicht erfüllt. Spärlich besuchte Berichtstermine bei P&R brachten wenig neue Erkenntnisse.
19.10.2018 • Am ersten Tag kamen rund 2.500 Gläubiger nach München zum Berichtstermin der P&R Gebrauchtcontainer. Am Tag danach waren es noch gut 2.000, die zu den zwei für diesen Tag terminierten Versammlungen in die Olympiahalle strömten. Damit kamen nur rund die Hälfte von denen, die sich im Rahmen der Forderungsanmeldungen ankündigten. In Relation zu den 54.000 insgesamt betroffenen Investoren lag die Anwesenheitsquote bei gut acht Prozent. Ob es sich für die aus ganz Deutschland angereisten Anleger lohnte, ist schwer zu sagen. Zumindest viele Eindrücke und auch ein paar Informationen konnten sie mitnehmen.
Stimmung.
Investmentcheck war bei beiden Terminen vor Ort und hat mit weit mehr als 100 Anlegerinnen und Anlegern gesprochen. Wut, Enttäuschung und Fassungslosigkeit beschreibt die vorherrschenden Gefühle wohl am besten. Sogar Tränen sind geflossen über das Entsetzen, wie P&R das Vertrauen der meist älteren Investoren schamlos missbrauchte. Andere gebrauchten Kraftausdrücke, um ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Wenn Vertreter von P&R anwesend gewesen wären, wären diese nicht ohne Polizeischutz heil in die Halle gekommen. Aber auch Mitarbeiter der BaFin hätte man vermutlich mit Tomaten oder schlimmeren beworfen. Denn der Ärger über deren Tatenlosigkeit im größten Anlageskandal des grauen Kapitalmarktes war deutlich zu spüren.
Bericht.
Michael Jaffé begann seine Ausführungen mit einem Rückblick über die historischen Entwicklungen bei der P&R-Gruppe einschließlich der spätestens ab 2007 offenkundigen Betrügereien. All diese Dinge sind bei investmentcheck in den diversen Beiträgen der letzten Monate nachzulesen. Jaffé sprach in seinen Ausführungen sogar von einem kriminellen Kapitalanlage-Insolvenzverfahren, konnte aber zumindest bisher keine Belege dafür finden, dass Heinz Roth übermäßige Beträge aus den insolventen Unternehmen abzog. Als einer der Schlüsselmomente hat er einen Notverkauf von Containern beschrieben, der Ende 2009 erfolgte. Damals wurden 210.000 Container zu einem Wert von 58 Prozent unter dem Marktwert verkauft, wodurch die Lücke zwischen dem Soll- und Ist-Bestand auf 461.000 Stück anstieg. Er sprach außerdem die Vermutung aus, dass schon vor 2006 Fehlbestände vorlagen, was aber aufgrund vernichteter Unterlagen nicht mehr genau nachvollziehbar sei.
Dreijahresprognose.
Am meisten interessierte die angereisten Anleger, wie viel sie von ihrem Geld noch wiedersehen könnten. Jaffé machte ihnen Hoffnung, wonach Container heute aufgrund von besseren Logistikanlagen schonender behandelt würden und deshalb bis zu 18 Jahre nutzbar seien (Tendenz steigend). Allerdings hat er für die im Durchschnitt neun Jahre alten Container nur eine Prognose bis Ende 2021 abgegeben. Bis dahin sollen 560 Millionen Euro eingenommen werden. Das wären bezogen auf die 3,5 Milliarden Euro Gesamtkapital und unter Berücksichtigung von zehn Prozent Kosten im Durchschnitt rund 14 Prozent. Eine erste Auszahlung soll im Jahr 2020 erfolgen. Sollte diese die von Jaffé prognostizierten Zahlungsströme bis Mitte 2020 enthalten, würden Anleger unter Berücksichtigung von zehn Prozent Kosten im Schnitt 8,5 Prozent überwiesen bekommen. Wie sich all das auf die einzelnen P&R-Gesellschaften verteilt, hat er nicht ausgeführt, da diese untereinander teilweise dreistellige Millionenforderungen haben, wodurch sich die jeweiligen Insolvenzquoten verschieben könnten.
Langfristige Aussichten.
Ebenfalls im Dunkeln ist nach Ausführungen anwesender Gläubiger geblieben, wie viele Container nach 2021 noch da sind, da Jaffé in den Gesamterlös bis dahin auch Verkäufe einkalkulierte. Grob überschlagen müsste bei den darin enthaltenen Verkäufen von gut 100 Millionen Euro immer noch ein Containerbestand von rund 400.000 Stück vorliegen. Damit wären durchaus auch über 2021 hinaus nennenswerte Erlöse zu erwarten. Das durchschnittliche Alter der Flotte dürfte durch die Verkäufe besonders alter Container nicht ganz um die prognostizierten drei Jahre steigen. Sollte der Markt bis zu diesem Zeitpunkt nicht wegbrechen, dann bringt eine geschätzt 11,5 Jahre alte Containerflotte mit 400.000 Stück vermutlich sogar noch einmal über eine halbe Milliarde Euro ein, so dass auch eine Insolvenzquote von über 25 Prozent möglich ist.
Anfechtungen.
Diese die Anleger massiv beschäftigende Frage hat Jaffé angesprochen, allerdings nicht beantwortet. Nach seiner Einschätzung können die Urteile des Bundesgerichtshofes nicht eindeutig auf den Fall P&R übertragen werden, weshalb die Prüfung dieses Aspektes noch andauere. Eine klare Ablehnung, dass Anleger erhaltene Zahlungen der letzten vier Jahre keinesfalls zurückzahlen müssen, hat er nicht gegeben. Somit besteht weiterhin die Gefahr, dass neben den Verlusten aus den bestehenden Anlagen sogar noch Forderungen zu den früheren Rückzahlungen entstehen könnten.
BaFin.
Jaffé hat mehrfach in seinen Vorträgen von Erkenntnissen der Presse berichtet, die in der Realität noch viel schlimmer waren. Damit hat er ohne Namensnennung Investmentcheck zitiert. Doch wie hätte man ohne interne Informationen das wahre Ausmaß erkennen können sollen? Es wurden ohnehin nur von ganz Wenigen lange vor dem Knall überhaupt Zweifel angemeldet. Mehr war bei dem bewusst intransparent konstruierten Firmengeflecht nicht möglich, denn kritische Äußerungen müssen im Zweifel vor Gericht standhalten. Und P&R hätte mit Sicherheit nicht geduldet, dass der Begriff Schneeballsystem öffentlich geäußert wird, obwohl es genau das letztendlich war. Deshalb ist die Forderung der Bürgerbewegung Finanzwende so wichtig, die am Rande der Gläubigerversammlungen durch eine Kundgebung artikuliert wurde. Denn nur die Finanzaufsicht BaFin hat die rechtlichen Möglichkeiten, Nachfragen bei Anbietern zu stellen und im Zweifel zum Schutz von Anlegern sogar Vertriebsverbote auszusprechen. Das hat sie bei P&R komplett versäumt, weshalb BaFin-Präsident Felix Hufeld aufgefordert wird, endlich aufzuwachen und Betrügereien wie bei P&R zu stoppen.
Wahlen.
Der Ablauf der Abstimmungen bei den Gläubigerversammlungen hatte mit echter Demokratie nichts zu tun. Die überwiegend älteren Anleger aufzufordern, zur Abgabe von Neinstimmen aufzustehen und das Sitzenbleiben als „ja“ zu werten, ist schon fast skandalös. Außerdem war damit eigentlich keine geheime Abstimmung gegeben, da jeder durch das Aufstehen oder Sitzenbleiben erkennen konnte, wer wie abgestimmt hat. So ist es auch nicht verwunderlich, dass genau das passierte, was der Insolvenzverwalter wollte. Er selbst wurde einstimmig bestätigt und der Gläubigerausschuss genau in der Zusammensetzung wiedergewählt, wie er im vorläufigen Stadium besetzt war. Für die einzige Aufregung sorgte nur am ersten Tag bei dem Berichtstermin der Journalist Alexander Endlweber. Er bewarb sich um einen Sitz im Gläubigerausschuss, obwohl er als Nichtgläubiger und Nicht-Rechtsanwalt eigentlich überhaupt nicht in der Sitzung hätte sein dürfen. Angeblich wurde kurz sogar diskutiert, ihn aus der Olympiahalle entfernen zu lassen. Doch die vorsitzenden Richter entschieden sich dagegen, vermutlich auch weil sie wussten, wie die Abstimmung ausgehen wird.
Loipfinger’s Meinung.
Michael Jaffé hat mit seinem Auftreten und seiner dominanten Stimme viele Anleger überzeugt. Allerdings waren aufgeklärte Teilnehmer mit seinen Ausführungen zum Teil sehr unzufrieden. Denn viele Fragen blieben offen und zahlreiche Aspekte wurden als alternativlos hingestellt, obwohl sie das so nicht sind. Zu verschiedenen Punkten bezeichneten einige Teilnehmer seine Ausführungen eher oberflächlich beruhigend, statt transparenzschaffend und aufklärend. Jaffé hat mit den Berichtsterminen eine lästige Pflicht erfüllt, die notwendig war, um nun unumstößlich als Insolvenzverwalter walten und schalten zu können.
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Datum: 20.10.2018 - 11:56 Uhr
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