Kölner Stadt-Anzeiger: Woelki blockierte Universitäts-Professor
Einspruch gegen Berufung des Dogmatikers Joachim Negel bei der NRW-Landesregierung
(ots) - Professorenverband spricht von Verletzung
völkerrechtlicher Bestimmungen und "aberwitziger Argumentation"
Unter Umgehung geltenden Rechts hat der Kölner Erzbischof,
Kardinal Rainer Woelki, die Berufung eines ihm nicht genehmen
Theologieprofessors an die Universität Bonn verhindert. Wie der
"Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstag-Ausgabe) berichtet, ist der
Eingriff in die Freiheit der Wissenschaft ist noch gravierender als
bei dem Frankfurter Theologen Ansgar Wucherpfennig, dem der Vatikan
das "Nihil obstat" (Unbedenklichkeitserklärung) für eine dritte
Amtszeit als Rektor der Theologisch-Philosophischen Hochschule Sankt
Georgen verweigert.
Im Bonner Fall war Woelki laut dem Bericht 2016 unzufrieden mit
der bereits erfolgten Berufung des Paderborner Priesters Joachim
Negel auf einen Lehrstuhl für Dogmatik an der
katholisch-theologischen Fakultät und intervenierte bei der damaligen
Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD). Ein Einspruchsrecht
steht dem zuständigen Ortsbischof laut dem "Preußenkonkordat"
zwischen Kirche und Staat von 1929 zu, wenn es die Rechtgläubigkeit
oder den Lebenswandel eines Kandidaten betrifft. Beides war bei Negel
nicht der Fall. Wie aus Korrespondenzen hervorgeht, zu denen der
"Kölner Stadt-Anzeiger" Zugang hatte, sprach er Negel, der
inzwischen Professor in Fribourg (Schweiz ist), gegenüber dem Land
die fachliche Eignung ab. Negel hingegen zeigte überzeugt von einer
"Instrumentalisierung" des Staatskirchenrechts durch den Erzbischof
mit dem Ziel, dessen persönlichen Wunschkandidaten in Bonn
durchzusetzen. Woelki sei hoch verärgert darüber gewesen, dass die
Fakultät den in Augsburg lehrenden Theologen Thomas Marschler bei
ihrer Kandidaten-Auswahl nicht berücksichtigt habe. Kenner der
Materie bestätigten laut "Kölner Stadt-Anzeiger" diese Darstellung.
Marschler ist Kölner Priester und schon aus seiner Zeit als
Messdiener mit dem heutigen Erzbischof bekannt. Negel sagte, er sei
"in eine Strafaktion des Kardinals gegen ''seine'' Bonner Fakultät
geraten". Ihm sei "schleierhaft, warum sich das Land NRW willfährig
auf diese Art politischer Kungelei eingelassen hat." Ein
Bistumssprecher erklärte auf Anfrage der Zeitung, es sei das Recht
der Kirche, auf den Grundsatz der "Bestenauslese" zu dringen. Zu
Einzelheiten des Verfahrens wollten weder das Erzbistum noch das
Ministerium oder die Universität sich äußern.
Der Sprecher der "Arbeitsgemeinschaft katholische Dogmatik und
Fundamentaltheologie", Georg Essen (Bochum), warf dem Erzbischof
klare Rechtsverstöße und eine "aberwitzige Argumentation" vor. Die
Auswahl und fachliche Beurteilung von Professoren stünden einzig der
Universität zu. Der Erzbischof habe seine Befugnisse überschritten
und damit gegen das "Preußenkonkordat" verstoßen, das in NRW die
Angelegenheiten zwischen Staat und Kirche regelt. Die Intervention
bei Schulze sei "ein Unding, übergriffig und rechtswidrig", so Essen.
"Ärgerlich und unverständlich ist es, dass das Ministerium ein
solches Ansinnen nicht entschieden abgewehrt hat. Hier wird das hohe
Gut einer intakten Rechtskultur beschädigt, auf der die Legitimität
staatskirchenrechtlicher Verträge beruht."
Auf das Vorgehen der römischen Bildungskongregation gegen den
Frankfurter Jesuiten Wucherpfennig hatten Professoren,
Hochschulrektoren, aber auch deutsche Bischöfe mit Unverständnis und
Protest reagiert. Woelki ist Mitglied der römischen Kongregation
und zugleich Vorsitzender der bischöflichen Kommission für
Wissenschaft. Essen sagte, es werde sich nun zeigen, "wie sehr sich
Woelki "für die deutsche Theologie einsetzt".
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