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Mittelbayerische Zeitung: Letzte Chance für Theresa May / Die Fronten im Streit um den Austritt Großbritannien aus der EU sind verhärtet. Beim Gipfel muss dringend eine Lösung gefunden werden. Von Jochen Wittmann

ID: 1660887


(ots) - Die Brexit-Verhandlungen zwischen der
Europäischen Union und Großbritannien drohen zu scheitern. Ein
ungeregelter Brexit, ein sogenanntes No-Deal-Szenario, ist
wahrscheinlicher denn je, warnte EU-Ratspräsident Donald Tusk im
Vorfeld zum Gipfel in Brüssel. Die britische Premierministerin
Theresa May unternimmt an diesem Mittwochnachmittag einen letzten
Appell. Sie will, dass die EU ihr entgegenkommt, denn sie selber
steht mit dem Rücken zur Wand. Es ist nicht nur das eigene Kabinett,
das mit Meuterei droht, sollte die Premierministerin weitere
Zugeständnisse an Brüssel machen. Und es sind nicht nur rebellische
Hinterbänkler in Mays Fraktion der Konservativen, die offen
signalisieren, einen ihnen nicht genehmen Brexit-Deal niederstimmen
zu wollen. Druck macht auch die nordirische DUP. Sie ist nur eine
kleine Partei mit zehn Abgeordneten, aber sie hält Theresa Mays
Konservative, die keine absolute Mehrheit im Unterhaus haben, in
einem Duldungsabkommen an der Macht. Jetzt droht die DUP, ihre
Unterstützung zurückzuziehen, wenn May auf den Vorschlag der EU
eingeht und einen sogenannten Backstop für Nordirland zulässt. Die EU
hat festgelegt, dass ein Austrittsabkommen eine Lösung dafür
enthalten muss, wie eine harte Grenze zwischen der Republik Irland
und der Provinz Nordirland vermieden werden kann. Der Vorschlag der
EU, also der Backstop oder Auffanglösung, sieht vor, dass Nordirland
innerhalb der Zollunion und Teilen des Binnenmarktes verbleibt.
Waren- und Güterkontrollen würden somit nicht zwischen Nordirland und
Irland, sondern zwischen der Provinz und Großbritannien stattfinden -
die Grenze verliefe dann praktisch in der Irischen See. Das hat
Theresa May kategorisch abgelehnt. Ein solcher Backstop würde auf
eine Abspaltung der Provinz vom Mutterland hinauslaufen und könnte
wohl von keiner Partei im Königreich akzeptiert werden. Der




Gegenvorschlag von May: Nicht allein Nordirland bleibt in der
Zollunion, sondern das gesamte Vereinigte Königreich. Allerdings nur
übergangsweise, bis ein Freihandelsabkommen vereinbart werden kann,
das die Grenzfrage auf eine andere Weise lösen kann. Im Prinzip, so
führte die Premierministerin im Unterhaus aus, habe sich die EU auf
ihre Lösung einlassen können, sei allerdings nicht bereit,
festzuschreiben, dass diese Zollunion temporär sein muss. Für den
Fall, dass man sich nicht einigen kann, bestehe Brüssel weiterhin auf
einem unbefristeten Backstop, der nur für Nordirland gilt. Doch dies,
unterstrich der Brexit-Staatssekretär Martin Callanan vor den
Beratungen der EU-Europaminister in Luxemburg am Dienstag, ist nicht
akzeptabel: "Es kann keine Grenze in der Irischen See geben. Wir
werden nicht zulassen, dass uns die EU in diesem Bereich etwas
diktiert. So viel hat man in den Brexit-Verhandlungen schon
vereinbaren können: Die Rechte von EU-Bürgern in Großbritannien - und
die der britischen Bürger innerhalb der EU - sind im Entwurf des
Austrittsvertrags festgeschrieben worden. Auch hat man sich über die
Modalitäten der sogenannten Scheidungsrechnung, also der britischen
Verbindlichkeiten in Höhe von rund 45 Milliarden Euro, verständigen
können. Aber nichts ist vereinbart, heißt es stets in Brüssel, bevor
nicht alles vereinbart ist. Jetzt droht der Austrittsvertrag daran zu
scheitern, dass die EU auf einer unbefristeten Garantie für
Nordirland besteht, obwohl auch sie erklärtermaßen nur eine temporäre
Zollunion für das gesamte Königreich will. Theresa May wird in
Brüssel versuchen, über die Köpfe der Kommission und des
Verhandlungsführers Michel Barnier hinweg an die Regierungschefs der
EU zu appellieren, eine vernünftige Lösung für ein im Grunde kleines
Problem zu finden. Es bleibt zu hoffen, dass sie Erfolg hat, denn
einen No-Deal-Brexit kann sich niemand ernsthaft wünschen.



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Datum: 16.10.2018 - 19:07 Uhr
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