"Tatort"- und Gefängnisarzt Joe Bausch: "Wenn Psychopathen vor dir stehen, dann frierst du"
(ots) - Joe Bausch, 65, bekannt als Gerichtsmediziner aus
dem Kölner "Tatort", ist auch im wirklichen Leben Arzt. Und zwar an
einem ganz besonderen Ort. Im aktuellen stern erzählt er von seinem
Job in der Justizvollzugsanstalt Werl, einem Hochsicherheitsgefängnis
mit rund 1000 Insassen. "Hier kommst du nicht einfach mal so hin", so
Bausch. "Werl muss man sich verdienen. Hier sitzen Schwerverbrecher."
Bausch hat mit Mördern, Totschlägern, Räubern und Psychopathen zu
tun. Jeden Tag kommen Gefangene zu ihm in die Sprechstunde, und nicht
immer bleibt es friedlich.
"Manche rasten aus, versuchen, einen anzugreifen", erzählt Bausch.
Aber es seien ja immer Beamte in der Nähe. Und so leicht sei er auch
nicht einzuschüchtern. "Mir hat schon oft einer erzählt: Du stehst
auf meiner Todesliste ganz oben", erzählt Bausch. Und dann antworte
er: "Da musst du dich hinten anstellen. Es gibt schon zehn andere, wo
ich oben stehe."
In seinem Buch "Gangsterblues" erzählt Bausch Geschichten, die er
im Knast erlebt hat. "Sie haben alle einen wahren Kern", sagt Bausch,
"aber ich habe die Namen und andere Dinge so verändert, dass die
Privatsphäre der Betroffenen gewahrt bleibt." Es seien jedoch
Situationen, Fälle und Begegnungen, die er so oder ähnlich erlebt,
fiktionalisiert und weitergesponnen hat.
Hart sei es manchmal, schwerst gestörten Psychopathen zu begegnen.
"Wenn die vor dir stehen", so Bausch, "dann frierst du. Wenn du
merkst, dass diese Menschen zu keinerlei Gefühlsregungen fähig sind."
Das Schlimmste für die Insassen seien grundsätzlich die anderen
Gefangenen. "Du bist umgeben von Verbrechern - Psychopathen,
Gewalttätern, Killern. Du kannst zwar ein richtig fieser Typ sein,
aber irgendwo ist da immer einer, der noch fieser ist. Du musst immer
auf der Hut sein."
Prävention und ausreichend Therapieangebote zur Verhinderung von
Straftaten seien wichtig, aber genau so wichtig sei es, dass Menschen
nicht wegsehen. "Viele Täter agieren kriminell, weil man sie lässt,
sie sich selbst im öffentlichen Raum unbehelligt fühlen. So fängt es
oft an", sagt Bausch. "Wir wären alle gut beraten, uns umzusehen, was
links und rechts um uns herum passiert. Es gibt eine wachsende
Tendenz im Land, sich rauszuhalten, wenn Menschen bedrängt, bedroht
und überfallen werden." Er erwarte keine Heldentaten: "Aber jeder hat
heute ein Handy. Man muss sich nicht in Gefahr bringen. Aber man kann
110 wählen und Hilfe holen, ohne sich selbst zu gefährden. Oder
andere ansprechen und gemeinsam dem Täter signalisieren: Stopp - das
hört jetzt auf! Das wirkt oft Wunder."
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Datum: 04.10.2018 - 16:31 Uhr
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