Abgasskandal, Fahrverbote - Konzept der Bundesregierung ist Mogelpackung, Anwälte raten dringend zur Klage bevor Ansprüche gegen VW verjähren
(ots) - Die Bundesregierung hat am 02.10.2018 in einer
Pressekonferenz ihr Konzept zur Vermeidung von Dieselfahrverboten
vorgestellt. Die Bundesregierung ist davon überzeugt, dass damit den
Verbrauchern geholfen ist. Dargestellt wird das Konzept als der große
Wurf für Verbraucher zur Vermeidung von Fahrverboten. Betrachtet man
sich das Konzept jedoch genauer, handelt es sich um eine reine
Mogelpackung, die den Verbrauchern nicht weiterhilft, sondern sie
noch mehr verunsichert und weitere Gefahren für diese mit sich
bringt. Das Einzige, was VW-Geschädigten jetzt noch hilft, ist die
Einreichung einer Klage vor Ablauf einer möglichen Verjährung Ende
2018.
Das Konzept sieht das Folgende vor:
1. Umtauschprämie
Das Konzept sieht vor, dass die deutschen Hersteller Besitzern von
Euro 4 und Euro 5 Fahrzeugen in einem Umtauschprogramm attraktive
Umtauschprämien oder Rabatte anbieten, damit diese sich ein
"sauberes" Fahrzeug kaufen. Dies soll auch bei dem Erwerb von einem
Gebrauchtwagen gelten.
2. Kritik an der Umtauschprämie
Bei diesen Umtauschprämien handelt es sich um kein neues Konzept.
Der Automobilexperte Ferdinand Dudenhöfer teilt in einem Interview
mit dem Deutschlandfunk dazu mit:
"Es ist eine langweilige Nachricht, denn Umtauschprämien gibt es
ja schon seit mehr als zwölf Monaten, bis zu 10.000 Euro von VW. Das
heißt, die alten Fahrzeuge sind schon längst abgefischt. Das sind so
um die 200.000 Fahrzeuge, die umgetauscht worden sind. Neuere
Fahrzeuge jetzt mit Umtauschprämien noch einmal zu den Händlern zu
bringen, und die Händler überlegen, wie sie die dann verkaufen
können, weil unter Umständen keine Hardware-Nachrüstung möglich ist -
das sind Dinge, die sind wirklich auf sehr dünnem Boden gestrickt.
Nach meiner Einschätzung bringen diese Tauschangebote nur
überschaubare Wirkungen."
Es ist ohnehin die Frage, ob diese Umtauschprämien tatsächlich
derart vorteilhaft sind, wie es scheint. Die Frage ist noch immer,
wie errechnet sich die Umtauschprämie? Gibt es diese zusätzlich zu
dem Verkehrswert des Fahrzeugs? Wie wird der Verkehrswert des
Fahrzeugs überhaupt bestimmt? Gibt es dann überhaupt noch die hohen
Rabatte, die Hersteller üblicherweise gewähren, zusätzlich? Es ist
kaum zu erwarten, dass die Automobilindustrie die Fahrzeuge zum
Selbstkostenpreis hergibt und keine Gewinne mehr daran verdient. Die
Umtauschprämien gibt es außerdem schon seit längerem, was nicht dazu
geführt hat, dass die Kunden ausreichend entschädigt wurden. Das
Konzept scheint vielmehr ein Konjunkturprogramm für die
Automobilindustrie zu sein, damit diese neue Fahrzeuge verkaufen
kann.
Alleine der Kauf eines Fahrzeugs mit der Euro Norm 6 bedeutet
außerdem noch lange nicht, dass dadurch die Verbraucher vor
Fahrverboten und Wertverlusten geschützt sind. In Focus online war am
28.09.2018 noch zu lesen, dass die Umweltministerin Schulze auch mit
Fahrverboten für aktuelle Euro-6-Diesel rechnet. Dort heißt es:
"In einem Interview mit dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (RND)
stellt Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) nun allerdings selbst
das Euro 6-Niveau infrage - und stellt stattdessen Fahrverbote auch
für Euro 6-Diesel in Aussicht. "Es kann sein, dass der neue
Euro6-Diesel auf der Straße auch nicht weniger Stickoxide ausstößt
als der zurückgegebene Euro 4- oder Euro5-Diesel. Auf der sichereren
Seite, was den Schutz vor Fahrverboten angeht, ist man nur mit dem
neuesten Standard Euro 6d, der auch auf der Straße sauber ist", so
Schulze im Interview mit dem RND."
Welchen Sinn soll der Erwerb eines neuen Modells haben, wenn auch
hier später wieder Fahrverbote drohen. Kein Verbraucher kann sich
sicher sein, dass er dann in den nächsten Jahren Ruhe hat und nicht
erneut einen massiven Wertverlust bei seinem Fahrzeug erleidet. Die
Verbraucher werden durch das Konzept noch mehr verunsichert und
möglicherweise erneut zu einem Kauf eines Fahrzeugs getrieben, den
sie dann in einigen Jahren wieder bereuen.
3. Hardwarenachrüstung
Die Bundesregierung möchte die Hersteller außerdem zu
Hardwarenachrüstungen bewegen. Das Konzept sieht hier vor:
"Will ein betroffener Fahrzeughalter die Hardware-Nachrüstung
seines Euro 5-Diesel-Fahrzeugs mit einem SCR-System
(Harnstoff-Einspritzung/AdBlue®) und ist dieses verfügbar und
geeignet, den Stickoxidausstoß auf weniger als 270 mg/km zu
reduzieren, erwartet der Bund vom jeweiligen Automobilhersteller,
dass er die Kosten hierfür einschließlich des Einbaus übernimmt. Der
Bund wird die genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen,
dass solche Systeme möglichst bald auf dem Markt verfügbar sein
können. Die Haftung richtet sich nach den Regelungen für das
Werkvertragsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch. Damit tragen die
Nachrüster die Haftung."
4. Kritik an der Hardwarenachrüstung
Dieses Konzept ist reines Wunschdenken der Bundesregierung, jedoch
kaum umsetzbar. Es ist völlig unklar, ob dieses Konzept technisch
umsetzbar ist, wer es bezahlt und ob eine solche Nachrüstung massive
Nachteile für das Fahrzeug mit sich bringt. Am Ende ist dann wieder
der Verbraucher der Dumme, wenn er auf Kosten sitzen bleibt.
Der Verkehrsminister Scheuer teilt der auf der Pressekonferenz
direkt mit: "Bei der Hardware-Nachrüstung müssen wir noch Gespräche
führen, nicht nur auf der finanziellen Seite, sondern auch auf der
technischen Seite."
Es handelt sich bei Hardwarenachrüstungen um reine Wünsche der
Bundesregierung. Vor einigen Wochen wurden solche Nachrüstungen noch
abgelehnt, weil sie technisch schwierig und mit Nachteilen für die
Fahrzeuge verbunden seien. Wenige Wochen später sollen diese
plötzlich möglich und notwendig sein. Hier widerspricht sich die
Bundesregierung in grobem Maße und verunsichert die Verbraucher. Es
ist völlig unklar, welche technischen nachteiligen Folgen die
Umrüstung für die Fahrzeuge haben.
Erste Konzerne haben dem jedoch bereits eine Absage erteilt.
Daimler sieht Nachrüstungen skeptisch und bevorzugt das Modell von
Prämien. Opel lehnt das Konzept der Hardwarenachrüstungen ab, "da sie
ökonomisch nicht sinnvoll und technologisch nicht ausgereift sind",
teilte Opel am Dienstag in Rüsselsheim mit. Die WAZ online schreibt
zu BMW: "Auch BMW lehnt Hardware-Nachrüstungen auf Unternehmenskosten
ab. Die vorgeschlagene Nachrüstung alter Dieselautos mit weitereren
Abgas-Filtern dauere zu lange. Sie könne Gewicht, Leistung, Verbrauch
und CO2-Ausstoß des Autos verschlechtern. Dazu kämen noch
Gewährleistungsfragen."
Unklar ist auch, wer eine mögliche Haftung für Schäden an den
Fahrzeugen übernimmt. Am Ende sind möglicherweise wieder die
Verbraucher die Dummen und bleiben auf tausenden Euro sitzen. Das ist
nicht hinnehmbar.
5. Für VW Geschädigte kommt das Konzept zu spät, Verjährung droht
Rechtsanwalt Dr. Ralf Stoll von der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer
Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, der in einer Spezialgesellschaft den
Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) in Kooperation mit dem ADAC
im Rahmen der Musterfeststellungsklage gegen VW vertreten wird und
bisher mehr als 6.500 Gerichtsverfahren im Abgasskandal führt, teilt
mit: "Ende 2018 drohen die Ansprüche der Geschädigten des VW
Abgasskandals zu verjähren. Das Konzept der Bundesregierung schafft
mehr Unklarheiten, als es den Verbrauchern hilft. Das Konzept hat
außerdem nichts mit den zivilrechtlichen Ansprüchen der Geschädigten
zu tun, diese können weiterhin Schadensersatz verlangen. Geschädigte
des Abgasskandals werden im Stich gelassen und Ihnen wird kurz vor
Ablauf der Verjährung keine angemessene Lösung angeboten, sondern nur
ein Wunschdenken der Bundesregierung. Sie sind daher weiterhin auf
sich alleine gestellt und sollten dringend rechtliche Hilfe in
Anspruch nehmen. Immer mehr Gerichte urteilen zugunsten der
Geschädigten. Nur so ist es derzeit möglich, sich des manipulierten
Fahrzeugs zu entledigen zu einem angemessenen Preis. Eine Klage lohnt
sich in 99 % der Fälle, da der Rücknahmewert meist ganz erheblich
über dem Marktwert liegt. Geschädigte sollten daher den Weg einer
Klage wählen, bevor die Ansprüche gegen VW verjähren. Für
rechtsschutzversicherte Geschädigte gibt es dafür den Weg der
Einzelklage und für nicht rechtsschutzversicherte Geschädigte den Weg
der Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes
in Kooperation mit dem ADAC, an der sich Verbraucher voraussichtlich
ab Mitte November beteiligen können."
Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
handelt es sich mit 5 Fachanwälten für Bank- und Kapitalmarktrecht um
eine der führenden Kanzleien im VW Abgasskandal und im Bank- und
Kapitalmarktrecht. Die Kanzlei führt mehr als 200 Gerichtsverfahren
gegen verschiedene Autobanken wegen des Widerrufs von Autokrediten.
Im Widerrufsrecht bezüglich Darlehensverträgen wurden mehr als 3.000
Verbraucher beraten und vertreten. Daneben führt die Kanzlei mehr als
6.500 Gerichtsverfahren im Abgasskandal bundesweit. In dem
renommierten JUVE Handbuch 2017/2018 wird die Kanzlei in der Rubrik
Konfliktlösung - Dispute Resolution, gesellschaftsrechtliche
Streitigkeiten besonders empfohlen für den Bereich
Kapitalanlageprozesse (Anleger). Die Rechtsanwälte Dr. Stoll & Sauer
werden in einer Spezialgesellschaft die erste
Musterfeststellungsklage gegen die Volkwagen AG für den
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. führen.
Pressekontakt:
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77933 Lahr
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Datum: 02.10.2018 - 15:58 Uhr
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