Klappe auf, Klappe zu / Zehn Urteile deutscher Gerichte zum Thema Briefkasten (FOTO)
(ots) -
Wenn er seine Zwecke erfüllt, dann bemerkt ihn keiner. Der
Briefkasten gehört zu den Objekten eines Hauses, über die sich
jahrelang niemand Gedanken macht. Doch das kann sich von einem Moment
auf den anderen ändern. Dann nämlich, wenn der Briefkasten defekt ist
oder sich ein Mieter dessen Anbringung an einem anderen, für ihn
bequemeren Ort wünscht. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat
für seine Extra-Ausgabe zehn Fälle ausgesucht, in denen sich deutsche
Gerichte mit Briefkästen auseinandersetzen mussten und zum Teil zu
Grundsatzurteilen kamen.
Wenn ein Mieter über einen längeren Zeitraum nichts gegen einen
funktionsuntüchtigen Briefkasten unternimmt, dann ist er auch
persönlich für eine fehlgeschlagene Postzustellung verantwortlich.
Ein Betroffener hatte es etwa ein Jahr nicht reklamiert, dass die
Klappe fehlte. Als der Vermieter ihm dann aber ein
Mieterhöhungsverlangen zustellte, berief er sich plötzlich auf den
defekten Briefkasten und behauptete, das Schreiben habe ihn nicht
erreicht. Das Amtsgericht Berlin-Wedding (Aktenzeichen 18 C 380/15)
akzeptierte diese Entschuldigung nicht. Der Mieter habe sich nicht
mit der fehlenden Klappe herausreden können.
Auch ein verschwundener Briefkastenschlüssel bewahrt einen
Wohnungsbesitzer nicht davor, seinen Posteingang zu überwachen. Ein
junger Mann behauptete, seine Ehefrau habe im Zuge eines Streits die
Wohnung verlassen und dabei den Schlüssel mitgenommen. Erst elf Tage
später hatte er wieder Zugang - und in dieser Zeit ein wichtiges
amtliches Schreiben mit Fristsetzung versäumt. Das Oberlandesgericht
Hamm (Aktenzeichen 4 Ws 103/16) wies den Mann darauf hin, dass er
sich viel früher um seine Post hätte kümmern müssen.
Die Verteiler eines kostenlosen Werbeblattes hatten keinen Zugang
zu den innenliegenden Briefkästen eines Hauses und legten deswegen
die Blättchen in einem Stapel vor der Türe ab. Auch nach mehrfacher
Aufforderung des Eigentümers, dies zu unterlassen, machten sie
weiter. Das Amtsgericht Magdeburg (Aktenzeichen 150 C 518/17)
bezeichnete das als einen nicht zulässigen Eingriff in fremdes
Eigentum und untersagte es, zumal es sich hier um ein reines
Anzeigenblatt handle, in dem auch noch die Artikel werbenden
Charakter hätten.
Ein Grundstückseigentümer kann einem Postzusteller nicht dauerhaft
den Zugang zu seinem Briefkasten verwehren. Im konkreten Fall hatte
der Betroffene dem Zusteller ein Hausverbot erteilt, weil er auf
diese Weise gegen die schlechten Arbeitsbedingungen in dessen
Unternehmen protestieren wollte. Aber das betrachtete das Landgericht
Köln (Aktenzeichen 9 S 123/13) nicht als schutzwürdiges Interesse des
Grundstückseigentümers, das ein solches Hausverbot rechtfertige.
Ein Mieter kann es sich nicht heraussuchen, ob sich in einem
Mehrfamilienhaus die Briefkastenanlage im Inneren des Gebäudes oder
außen befindet. Das ist Sache des Eigentümers. Das Landgericht
Frankfurt/Oder (Aktenzeichen 6a S 126/09) versagte einem Mieter die
gewünschte Mietminderung, weil ihm nur Briefkästen im Hausflur zur
Verfügung standen. Zwar müsse ein Vermieter grundsätzlich die
ordnungsgemäße Postzustellung ermöglichen, aber das funktioniere auch
mit der angebotenen Lösung.
Umgekehrt gilt, dass der Briefkastenschlitz einer Mietwohnung den
DIN-Normen entsprechen muss. Ist das nicht der Fall, kommt eine
monatliche Mietminderung in Frage. In einer Berliner Wohnanlage hatte
der Schlitz lediglich das Format 18 x 3 Zentimeter, obwohl die
DIN-Vorschrift eine Breite von 32,5 Zentimetern vorsah. Das
Amtsgericht Charlottenburg (Aktenzeichen 27 C 262/00) entschied,
diese Lösung entspreche nicht den Anforderungen der heutigen Zeit.
Der Eigentümer musste nachbessern, wenn er nicht eine dauerhafte
Minderung riskieren wollte.
Ein weiteres wichtiges Kriterium für einen Briefkasten ist es nach
Meinung des Amtsgerichts Frankfurt/Main (Aktenzeichen 33 C 3463/15),
dass Briefumschläge im Format DIN-A-4 komplett eingeworfen werden
können und nicht herausragen bzw. geknickt werden müssen. Zwar hatte
der Mieter vor Vertragsschluss den Zustand des Briefkastens gesehen
und nicht dagegen interveniert. Aber angesichts der untergeordneten
Bedeutung dieser Frage bei der Anmietung einer Wohnung sah ihm das
Gericht dies nach.
Unbedingt zu einem Briefkasten gehört es, dass darauf auch der
Name des Bewohners verzeichnet ist. Wenn das nicht der Fall ist, dann
kann man das als ein schuldhaftes Verhalten betrachten und der
Betroffene haftet selbst für die Folgen. Ein Mann in Hessen hatte auf
dem Briefkasten am Eingangstor der Hofeinfahrt nur einen Firmennamen
stehen, nicht aber seinen eigenen Namen. Das war dem
Landessozialgericht Hessen (Aktenzeichen L 6 SO 78/07) zu wenig, es
akzeptierte diese Entschuldigung für ein Fristversäumnis nicht.
Briefkastenschlüssel sind oft nicht so stabil wie Haus- oder
Wohnungsschlüssel. Einem Mieter in Halle brach der Schlüssel ab,
woraufhin der Eigentümer die Kosten für den Austausch des Schlosses
ersetzt haben wollte. Das Amtsgericht Halle (Aktenzeichen 93 C
4044/08) stimmte diesem Ersatzanspruch nicht zu. Es könne sich auch
um eine Materialermüdung handeln, die der Mieter nicht zu
verantworten habe. Zumindest müsse man das im Zweifel so sehen.
Wenn der Eigentümer keinen gebrauchstüchtigen Briefkasten zur
Verfügung stellt, darf sich der Mieter selbst helfen. Hier gab es
zwar einen Briefkasten an der Toreinfahrt, doch der war einerseits
für die schwerbehinderte Mieterin zu weit entfernt und andererseits
nicht gut vor Witterung und Nässe geschützt. Die Betroffene brachte
am Haus einen eigenen Briefkasten an, was das Amtsgericht Kleve
(Aktenzeichen 35 C 110/15) als angemessen bezeichnete. Ein weiteres
Argument war, dass der Briefkasten gelegentlich stark von Pflanzen
umwuchert gewesen war.
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Datum: 24.09.2018 - 09:00 Uhr
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