Deutsche Umwelthilfe fordert Durchsetzung korrekter Spritverbrauchsangaben für Pkw durch Behörden: Neuer Prüfzyklus WLTP allein ist nicht die Lösung
(ots) - Ab 1. September 2018 dürfen nur noch Neufahrzeuge
verkauft werden, deren Abgasemissionen im neuem Prüfzyklus WLTP
getestet wurden - Deutsche Umwelthilfe kritisiert: Autobauer nutzen
Umstellung des Prüfzyklus, um CO2-Flottengrenzwerte bei Pkw zu
manipulieren und hintertreiben damit die für den Klimaschutz
notwendige Absenkung der Realverbräuche von Neuwagen - Prüfzyklus
WLTP führt ohne behördliche Kontrollen zu neuen Manipulationen der
Hersteller bei den Verbrauchsangaben - Deutsche Umwelthilfe fordert
amtliche Nachmessungen auf der Straße und Sanktionen bei Abweichungen
von mehr als vier Prozent
Ab 1. September 2018 gilt für alle Neufahrzeuge ein neues
Prüfverfahren für die Verbrauchs- und Abgaswerte im Rahmen der
Typzulassung: das Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure
(WLTP). Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert, dass es den
Herstellern durch die Umstellung ermöglicht wird, den zukünftigen
CO2-Flottengrenzwert zu manipulieren. Auch werde der im WLTP
vorgesehene Labor-Prüfzyklus ohne unabhängige amtliche Nachprüfungen
nicht zu ehrlichen Abgas- und Verbrauchswerten führen.
Der Umwelt- und Verbraucherschutzverband fordert ergänzende
Messungen mit mobilen Messgeräten (Portable Emission Measurement
Systems, PEMS) im realen Fahrbetrieb auf der Straße, durchgeführt von
unabhängigen Institutionen sowie Kontrollen. Nur so kann auch
verhindert werden, dass die Hersteller die Ergebnisse der WLTP-Tests
dazu missbrauchen, den zukünftigen CO2-Flottengrenzwert zu verwässern
und die aus Klimaschutzgründen notwendige weitere Verschärfung für
2025 und 2030 auszuhebeln.
Das WLTP-Verfahren wird zwar ab 1. September 2018 für die
Typzulassung genutzt, für die Einhaltung der bis 2021 geltenden
CO2-Flottengrenzwerte wird jedoch noch der Neue Europäische
Fahrzyklus (NEFZ) zugrunde gelegt. Erst ab 2021 werden für die
CO2-Flottengrenzwerte die Ergebnisse des WLTP herangezogen.
Während der EU-weit geltende CO2-Flottengrenzwert bis ins Jahr
2020 in absoluten Zahlen, auf 95g CO2/km auf Basis des NEFZ
festgelegt ist, sollen ab 2021 nach aktuellem Stand prozentuale
Minderungsvorgaben für die Jahre 2025 und 2030 gelten. Ausgangspunkt
für diese prozentuale Minderung ist der zu ermittelnde WLTP-Wert von
2021. Je höher dieser Wert ist, desto einfacher ist es, die
prozentualen Minderungsziele von 15 Prozent bis 2025 und 30 Prozent
bis 2030 zu erreichen.
Die EU-Kommission hat vor diesem Hintergrund im Juli 2018 darauf
hingewiesen, dass Hersteller die im WLTP ermittelten
CO2-Emissionswerte künstlich in die Höhe schrauben können. Der
Gesetzgeber gestattet, einen beliebig hohen, von der Messung
abweichenden, WLTP-Wert anzugeben.
"Es ist absurd: Erneut sollen die Automobilhersteller die
Möglichkeit erhalten, über manipulierte WLTP-Labormessungen die
Verschärfung der CO2-Flottengrenzwerte zu hintertreiben. Damit muss
Schluss sein. Wir brauchen dringend verlässliche, durch unabhängige
amtliche Intuitionen überprüfte und veröffentlichte Messungen aller
Emissionen im Rahmen des Zulassungsverfahrens sowie unabhängige
Kontrollen von Fahrzeugen im Bestand. Darüber hinaus sind die für die
Abstimmung der neuen Flottengrenzwerte Verantwortlichen in Parlament
und Regierungen aufgefordert, eine Regelung zu verabschieden, die den
Klimaschutzanforderungen gerecht wird und die vorhandenen
Schlupflöcher schließt", fordert Barbara Metz, Stellvertretende
Bundesgeschäftsführerin der DUH.
Die Forderung richtet sich insbesondere an die Bundesregierung,
die nach wie vor von den Automobilkonzernen ferngesteuert wird. Erst
vor wenigen Tagen hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel im
Sommerinterview gegen ehrgeizige Klimaschutzziele der EU
ausgesprochen. Der wenig ambitionierte EU-Kommissionsvorschlag für
CO2-Flottengrenzwerte sieht eine Minderung der CO2-Emissionen auf
Basis der WLTP-Werte von 2021 um 15 Prozent bis 2025 und um 30
Prozent bis 2030 vor. Dies ist nach Auffassung der DUH deutlich zu
wenig angesichts der unbestrittenen Herausforderungen beim
Klimaschutz im Verkehrssektor. Das Bundesumweltministerium hatte in
seiner Kommentierung eine Erhöhung des Minderungsziels auf 50 Prozent
gefordert, was Verkehrs-, Wirtschafts- und Finanzressort jedoch nicht
mittragen. Aus Sicht der DUH wären 70 Prozent Minderung bis 2030
notwendig, und 35 Prozent bis 2025.
"Es ist ein Trauerspiel, dass Deutschland als Heimat einer
angeblich innovationsfreudigen Automobilbranche erneut als Bremser
auftritt, wenn es darum geht, hier mit Anreizen für die Entwicklung
zukunftsfähiger Technologieentwicklungen auch künftig qualifizierte
Arbeitsplätze zu sichern", so Metz weiter.
Die WLTP-Regelung wurde mit dem Ziel eingeführt, die bestehende
Lücke zwischen Herstellerangaben und realem Kraftstoffverbrauch zu
verringern. Diese ist nach Angaben des International Council on Clean
Transportation (ICCT) auf durchschnittlich 42 Prozent angewachsen. Im
Unterschied zum NEFZ gelten beim WLTP unter anderem geänderte
Beschleunigungs- und Geschwindigkeitswerte. Positiv ist, dass die
Hersteller darüber hinaus nicht mehr nur den Verbrauchswert für die
verbrauchsärmste Modellversion angeben müssen, sondern für jedes
individuelle Fahrzeug, das konfigurierbar ist.
Nach Ansicht der DUH wird es ohne ergänzende Emissionsmessungen im
Fahrbetrieb nicht möglich sein, beim WLTP-Prüfzyklus Manipulationen
zu verhindern. Denn auch für die WLTP-Prüfung können die Hersteller
die Testfahrzeuge gezielt "optimieren". "Die Wahrheit liegt auf der
Straße. Ohne Verbrauchsmessungen im realen Betrieb wird die
Manipulation der Abgaswerte weitergehen. Der Betrug beim
Abgas-Skandal und bei den CO2-Emissionen sind das Ergebnis einer
faktisch nicht existenten Marktüberwachung. Ebenso wichtig sind dem
Klimaschutz gerechte CO2-Vorgaben, um das Paris-Abkommen einzuhalten.
Mit dem Vorschlag der EU-Kommission ist dies unmöglich", sagt Axel
Friedrich, internationaler Verkehrsexperte.
Links:
Mehr Informationen zum WLTP im Hintergrundpapier "Get Real: Für
ehrliche Spritangaben": http://l.duh.de/p180830
Pressekontakt:
Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin
0170 7686923, metz(at)duh.de
Dr. Axel Friedrich, Internationaler Verkehrsexperte
0157 71592163, axel.friedrich.berlin(at)gmail.com
DUH-Pressestelle:
Andrea Kuper, Ann-Kathrin Marggraf
030 2400867-20, presse(at)duh.de
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Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell
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Datum: 30.08.2018 - 11:34 Uhr
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