BERLINER MORGENPOST: Nur eine Worthülse / Leitartikel von Karsten Kammholz zu Ankerzentren
(ots) - Kurzform: Nun will die bayerische Landesregierung
also allen anderen 15 Bundesländern mal zeigen, wie es wirklich geht:
Wie ein Asylverfahren schnellstens ablaufen soll - und wie richtig
effizient abgeschoben wird. Dafür werden zum 1. August sieben
Erstaufnahmeeinrichtungen im CSU-Land zu sogenannten Ankerzentren mit
jeweils bis zu 1500 Flüchtlingen umgewidmet. Andere Bundesländer
sollen nach dem Willen des CSU-Chefs und Bundesinnenministers Horst
Seehofer diesem Beispiel folgen. Man sollte diese Maßnahme nicht mit
Politik verwechseln. Das System bleibt unverändert, aber das Etikett
ist neu. Nur darf das die bayerische Wählerschaft nach Vorstellung
der CSU lieber nicht erfahren, schließlich ist schon bald
Landtagswahl. Und die CSU hat momentan keine Vorstellung davon, wie
sie aus ihrem 38-Prozent-Umfragekeller herausfinden will.
Der vollständige Leitartikel: Nun will die bayerische
Landesregierung also allen anderen 15 Bundesländern mal zeigen, wie
es wirklich geht: Wie ein Asylverfahren schnellstens ablaufen soll -
und wie richtig effizient abgeschoben wird. Dafür werden zum 1.
August sieben Erstaufnahmeeinrichtungen im CSU-Land zu sogenannten
Ankerzentren mit jeweils bis zu 1500 Flüchtlingen umgewidmet. Andere
Bundesländer sollen nach dem Willen des CSU-Chefs und
Bundesinnenministers Horst Seehofer diesem Beispiel folgen. Man
sollte diese Maßnahme nicht mit Politik verwechseln. Das System
bleibt unverändert, aber das Etikett ist neu. Nur darf das die
bayerische Wählerschaft nach Vorstellung der CSU lieber nicht
erfahren, schließlich ist schon bald Landtagswahl. Und die CSU hat
momentan keine Vorstellung davon, wie sie aus ihrem
38-Prozent-Umfragekeller herausfinden will. Unbeirrt sucht die Partei
ihr Heil im Flüchtlingsthema, gründet jetzt sogar ein "Bayern-Bamf",
dessen Sinn und Wirkungsmacht sich noch erschließen muss. Dieses neue
Landesamt für Asyl und Rückführungen soll am Ende nichts anderes tun,
als Abschiebeverfahren und freiwillige Ausreisen zu beschleunigen.
Zweifellos sind Rückführungen gerade das drängendste Problem im
Asylkomplex. Aber kann so eine Behördengründung tatsächlich
Asylverfahren ankurbeln, die im Endeffekt in Bundeszuständigkeit,
also beim Bamf in Nürnberg, liegen? Ist das, was da in Bayern
geschieht, wirklich ein Plan oder purer Aktionismus? Ausgerechnet der
Innenminister des kleinsten Flächenlands, der saarländische
CDU-Politiker Klaus Bouillon, hat das bayerische Vorgehen mit wenigen
Worten als Getöse entlarvt. Bouillon, der gerade mit Seehofer über
die Umwandlung einer saarländischen Erstaufnahmeeinrichtung in ein
Ankerzentrum verhandelt, sagte : Die Bedingung, "falls wir das Schild
Ankerzentrum hinhängen", sei vollkommen klar: "Es bleibt alles so,
wie es ist - eine offene Einrichtung, es gibt keine Zugeständnisse in
irgendeiner Form." Man habe im Saarland "eigentlich de facto ein
sogenanntes Ankerzentrum bereits seit zweieinhalb Jahren". Bouillons
Sätze belegen: Es findet hier kein Politikwechsel statt, sondern
allein ein merkwürdiges Wortfindungsspiel. Die Orte, an denen
Schutzsuchende ein gesamtes Asylverfahren durchlaufen, gibt es
längst. Nonchalant düpiert da das kleine Saarland den
Bundesinnenminister und gibt den wichtigsten Baustein aus seinem
Masterplan Migration der Lächerlichkeit preis. Aber kommen diese
Botschaften bei Seehofer an? Erreichen sie auch den bayerischen
Ministerpräsidenten Markus Söder, der einmal mehr eine neue Ordnung
in der Flüchtlingspolitik heraufbeschwört? Es läuft darauf hinaus,
dass neu gegründete Ankerzentren vorerst eine bayerische
Angelegenheit bleiben. Die Länder sind skeptisch. So hat etwa
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) klargestellt,
dass es in seinem Bundesland keine Großeinrichtungen geben werde, "in
denen Menschen ohne Perspektive längere Zeit konzentriert sind". Auch
dass diese Zentren womöglich in kleineren Orten liegen könnten,
schloss er aus. Wie Weil warten auch die anderen Länderchefs auf
konkretere Vorstellungen des Bundesinnenministers. Sie haben
berechtigte Zweifel, ob zentrale Massenunterkünfte, die erhebliches
Konfliktpotenzial in sich bergen, die Asylverfahren auf Trab bringen.
Und sie können eins und eins zusammenzählen. Bis zur bayerischen
Landtagswahl am 14. Oktober hat der Bundesinnenminister nur ein
Interesse: den CSU-Sieg in seiner Heimat.
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Datum: 28.07.2018 - 22:35 Uhr
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