Bundesverkehrsminister Scheuer reagiert dünnhäutig: Polizei reißt aufgrund einer ministeriellen Anzeige die von der Deutschen Umwelthilfe aufgestellten "Three Billboards Outside BMVI" nieder
(ots) - Seit knapp drei Jahren schon kann sich das
Bundesverkehrsministerium nicht entscheiden, die gesetzlich
vorgeschriebenen Bußgelder in Höhe von mindestens 20 Milliarden Euro
gegen die betrügerischen Dieselkonzerne zu verhängen - Nur wenige
Stunden benötigte das Ministerium hingegen für die Entscheidung,
gegen die DUH mit einem Polizeieinsatz samt Strafanzeige vorzugehen -
Minister Scheuer reagiert dünnhäutig wegen offensichtlich ''ins
Schwarze'' treffenden Fragen auf den Billboards nach den Gründen
seiner Nachsicht bei betrügerischen Dieselkonzernen - Im
Oscar-prämierten Kinofilm ''Three Billboards Outside Ebbing, Missouri''
wurden die drei Billboards erst nach mehreren Wochen in Brand gesetzt
- In der Berliner Realität der Nicht-Aufarbeitung des größten
Industrieskandals der deutschen Nachkriegsgeschichte dauerte es nur
wenige Stunden, bis die Billboards durch einen Polizeieinsatz
entfernt wurden
Am späten Nachmittag des gestrigen 18. Juli erreichte die Deutsche
Umwelthilfe (DUH) ein Anruf der Polizei: Wenn die am Morgen desselben
Tages vor dem Verkehrsministerium aufgestellten Billboards nicht
umgehend entfernt würden, würden diese durch die Polizei
beschlagnahmt werden. Als eine Mitarbeiterin kurz danach vor Ort
eintraf, waren die "Three Billboards Outside BMVI" bereits durch die
Polizei niedergerissen, eine zweiköpfige Polizeistreife bewachte sie
bis zum polizeilichen Abtransport. Angebote der DUH, die Billboards
selbst abzutransportieren wurden von der Polizei abgelehnt.
Auf Nachfrage bei den Polizisten vor Ort nach den Gründen für die
Härte des Einsatzes und die Entfernung und den Abtransport der
Billboards durch die Berliner Polizei erklärte diese, es handele sich
um einen "Speziellen Fall" und man sei in der Nähe zum Ministerium.
Zudem hieße es, es "sei eben auch die Umwelthilfe".
Die DUH fragte nach, woher die Anordnung kam. Die Antwort der
befragten Polizistin war, Kollegen hätten ihr gesagt, der Druck sei
von ''ganz oben'' gekommen. Nachgefragt was dies heiße, sagte sie
"soweit sie wisse, vom Minister selbst".
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch zeigt sich überrascht, wie
schnell das Bundesverkehrsministerium und offensichtlich der Minister
persönlich komplexe Sachverhalte im Dieselabgasskandal erfassen,
analysieren und amtliche Sanktionen umsetzen könne. Es dauerte keine
zehn Stunden, bis Anzeige erstattet und diese durch besonderen Druck
auf die Polizei auch umgesetzt und im Rahmen eines Polizeieinsatzes
drei Billboards niedergerissen wurden. Und selbst die Strafanzeige
gegen den DUH Bundesgeschäftsführer ist bereits fertig und werde - so
die Polizei - im Polizeirevier 31 bearbeitet.
Seit knapp drei Jahren - exakt 34 Monaten - bleiben hingegen die
mit der Automobilindustrie eng verbundenen Bundesverkehrsminister
Andreas Scheuer und zuvor Alexander Dobrindt untätig, wenn es um die
nach Bundesrecht zwingend vorgeschriebene Verhängung von 5.000 Euro
Bußgeld pro Diesel-Pkw mit Abschalteinrichtungen angeht. Bis heute
wurde kein einziges Bußgeldverfahren gegen die beim Betrug in
mindestens vier Millionen Fällen überführten Hersteller Audi, BMW,
Daimler, Ford, Opel, Porsche, VW und FiatChrysler auch nur
eingeleitet.
"Wer in Berlin drei Mal binnen zwei Jahren ohne korrekt
abgestempeltes Nahverkehrsticket kontrolliert wird, dem droht eine
Gefängnisstrafe. Wer bei Rot über die Ampel fährt, dem droht ein
Monat Fahrverbot. Wer aber elf Millionen Käufer von Diesel-Pkw über
Jahre hinweg, von einem selbst eingestandenen kriminellen Kartell
gesteuert, vorsätzlich betrügt und arglistig täuscht, wer für 12.860
vorzeitige Todesfälle und 800.000 Erkrankungen mitverantwortlich ist,
der muss in der Bananenrepublik Deutschland keine Strafe fürchten,
obwohl 5.000 Euro pro Betrugsfall vorgeschrieben sind. Aber wer auf
Billboards nach den Gründen der ministeriellen Untätigkeit und der
Strafvereitlung im Amt fragt, dem antwortet der Minister mit
Polizeiaktionen und dem Niederreißen der Billboards vor seinem
Ministerium", so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Die DUH hatte gestern mit den Billboards ein Rechtsgutachten von
Remo Klinger vorgestellt und damit belegt, dass die Bundesrepublik
europarechtlich verpflichtet ist, angemessene und abschreckende
Strafen bei illegalen Abschalteinrichtungen auszusprechen und diese
pro Fahrzeug bei 5.000 Euro liegen. Die Antibetrugsbehörde von
Frankreich fordert von seinen Autokonzernen über 18 Milliarden Euro
Strafe wegen illegaler Abschalteinrichtungen, Deutschland hat noch
nicht einmal entsprechende Bußgeldverfahren eingeleitet. Auch die
EU-Kommission droht Deutschland wegen seiner Weigerung, gegen die
Dieselkonzerne angemessene Geldbußen zu verhängen, mit einer Klage
vor dem Europäischen Gerichtshof.
Dazu Rechtsanwalt Remo Klinger: "Die Rechtslage ist eindeutig. Die
Verpflichtung zur Festsetzung von Bußgeldern von 5000 Euro pro
Fahrzeug wird selbst durch das Bundesverkehrsministerium seit Jahren
vertreten. Nur Konsequenzen werden nicht daraus gezogen. Entweder ist
man zu feige oder zu verbunden mit den Unternehmen."
Hintergrund:
Am gestrigen 18. Juli hatte die DUH am frühen Morgen vor dem
Verkehrsministerium im Rahmen einer Guerilla-Aktion drei große
Werbetafeln aufgestellt. In Anlehnung an den Oscar-prämierten
Kinofilm "Three Billboards Outside Ebbing, Missouri" trugen diese die
Aufschrift: "12.860 DEAD, 800.000 SICK, 11 MILLION CHEATED
DIESEL-OWNERS"; "AND STILL NO REAL FINES OR FIXES?"; "HOW COME,
MINISTER SCHEUER?".
Links:
Zur Pressemitteilung vom 18.7.2018: http://l.duh.de/p180718
Pressefotos vor und nach Abriss der Billboards:
http://l.duh.de/p180719
Rechtsgutachten: http://l.duh.de/p180719
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch(at)duh.de
Prof. Dr. Remo Klinger, Rechtsanwalt Kanzlei Geulen & Klinger, Berlin
0171 2435458, klinger(at)geulen.com
DUH-Pressestelle:
Andrea Kuper, Ann-Kathrin Marggraf
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Datum: 19.07.2018 - 11:47 Uhr
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