Harbarth/Winkelmeier-Becker: BGH-Grundsatzentscheidung zur Vererbbarkeit des digitalen Nachlasses zu begrüßen
(ots) - Erben haben Zugriff auf Facebook-Konto wie auf
Briefe oder andere Schriftstücke von Verstorbenen
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am heutigen Donnerstag zu der
Frage entschieden, ob Eltern das Recht haben, auf den
Facebook-Account ihres verstorbenen Kindes zuzugreifen. Hierzu
erklärten der stellvertretende Vorsitzende der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion Stephan Harbarth und die rechtspolitische
Sprecherin Elisabeth Winkelmeier-Becker:
"Mit seinem heutigen Urteil zur rechtlichen Bewertung des
digitalen Nachlasses hat der Bundesgerichtshof eine grundlegende
Richtungsentscheidung getroffen. Wir begrüßen das heutige Urteil der
Karlsruher Richter. Es macht deutlich, dass Maßstäbe und
Wertentscheidungen, die wir im Erbrecht für analoge Fallgestaltungen
getroffen haben, auch für Gegenstände des digitalen Erbes gelten.
Dabei teilen wir den Ansatz des III. Zivilsenats. Für
Wertentscheidungen im digitalen Kontext ist es richtig, zunächst
einen Vergleich zur analogen Welt zu ziehen. Auch dort ist es dem
Erben im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 Abs. 1 BGB nicht
verwehrt, etwa Tagebücher und Briefwechsel des Erblassers mit Dritten
einzusehen. Es ist zu begrüßen, dass der BGH die Geltung dieses
Grundsatzes auch für den digitalen Nachlass klarstellt. Eine
entsprechende Herangehensweise an die rechtliche Bewertung und
Einordnung digitaler Sachverhalte ist aus unserer Sicht auch in
übrigen Feldern der Plattformregulierung wünschenswert.
Der BGH hatte mit seiner Entscheidung ein Problem zu bewerten, das
auch in der Politik diskutiert wird. Ein entsprechender
Handlungsauftrag zur rechtssicheren gesetzlichen Regelung der
Vererbbarkeit digitalen Eigentums ist Bestandteil des
Koalitionsvertrags. Als Gesetzgeber werden wir nun zu prüfen haben,
ob im Lichte der heutigen BGH-Entscheidung weiterer gesetzgeberischer
Handlungsbedarf besteht. Wir erwarten, dass sich auch das BMJV dieser
Prüfung annimmt. Für legislative Klarstellungen spricht der Umstand,
dass die digitale Lebenswirklichkeit absehbar eine Vielzahl ähnlich
grundsätzlicher Fragen aufwerfen wird. Daher ist auch der Gesetzgeber
aufgerufen, ein möglichst hohes Maß an Rechtssicherheit in der
digitalen Lebenswirklichkeit zu gewährleisten.
Wir alle hinterlassen digitale Spuren im Netz. Gerade für die
jüngeren Generationen wird der digitale Nachlass von erheblicher
Bedeutung sein, wenn es um die Regelung erbrechtlicher Fragen geht.
Die Entscheidung des BGH macht zugleich deutlich, dass der Einzelne
im digitalen Zeitalter auch mit Blick auf den Todesfall seine Daten
aufmerksam verwalten muss. Hier wird insgesamt ein Bewusstseinswandel
erfolgen. Entsprechende rechtspolitische Grundsatzentscheidungen wie
der heutige Richterspruch sind daher ein Schritt in die richtige
Richtung."
Hintergrund:
Die am heutigen Donnerstag ergangene Entscheidung des
Bundesgerichtshofs (Az. III ZR 183/17) wurde weit über die
IT-interessierten Kreise hinaus mit Spannung erwartet. Schließlich
wurde vom BGH eine grundlegende Entscheidung zum Verhältnis des
Fernmeldegeheimnisses und erbrechtlichen Ansprüchen Hinterbliebener
erwartet. Im zu Grunde liegenden Fall hatte es Facebook der Mutter
verboten, auf den im sog. Gedenkmodus befindlichen Account ihrer
verstorbenen Tochter zuzugreifen. Während das Berliner Landgericht
zunächst der Mutter Recht gab, hob das Kammergericht diese
Entscheidung in zweiter Instanz auf. Der Bundesgerichtshof hat nun
entschieden, dass die erbrechtlichen Ansprüche der Hinterbliebenen
auch den Zugriff auf das Facebook-Konto der verstorbenen Tochter
umfassen. Das Urteil liegt noch nicht im Volltext vor.
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