Zusammenhalt in Deutschland und Europa stärken/Rat der EKD ruft zu Politik der Besonnenheit und Menschlichkeit
(ots) - Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland
(EKD) hat auf seiner heute zu Ende gegangenen Sitzung in Berlin den
erkennbaren Einigungswillen der auf dem jüngsten EU-Gipfel in Brüssel
zusammengekommenen Regierungschefs grundsätzlich begrüßt. In der
Flüchtlingspolitik - so der Ratsvorsitzende Landesbischof Heinrich
Bedford-Strohm - gebe es nur europäische Lösungen. Gleichzeitig
mahnte der Rat der EKD die Einhaltung von Standards einer
solidarischen und menschenrechtsbasierten Flüchtlingspolitik an. Im
Hinblick auf die innenpolitische Debatte rief der Rat die
Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft auf, parteipolitisch
verhärtete Streitigkeiten in der Flüchtlingspolitik beizulegen.
"Es ist ein Gebot christlicher Nächstenliebe, Menschen, die aus
ihren Heimatländern vor Krieg und Elend fliehen und in der EU Schutz
suchen, nicht ihrem Elend zu überlassen", unterstrich der Rat. Zwar
sei es zu begrüßen, dass die Staats- und Regierungschefs in der
Flüchtlingsfrage Einigkeit erzielt hätten. Diese dürfe sich aber
nicht auf immer restriktivere Abwehrmaßnahmen beschränken, die den
Flüchtlingsschutz in der EU nachhaltig unterlaufen. "Statt verstärkt
auf restriktive Abwehrmaßnahmen zu setzen, muss es ein gemeinsames
Anliegen sein, ein solidarisches und funktionierendes System für die
Aufnahme von Flüchtlingen zu schaffen. Ein bloßes "Loswerden" von
Menschen ist mit der jenseits von nationalen Grenzen geltenden Würde
des Menschen unvereinbar", stellte der Rat fest. Die Anzahl der
Menschen, die in der Europäischen Union Schutz suchen gehe
gegenwärtig zurück.
Besonders kritisch sieht der Rat die Absicht, so genannte
Ausschiffungsplattformen außerhalb der EU einzurichten. Es gebe
bisher keinerlei Grundlage zu glauben, dass solche Einrichtungen zu
schaffen seien, ohne grundlegende humanitäre und rechtliche
Überzeugungen, die Europa geprägt haben, zu verletzen. Wie die für
eine menschenrechtsbasierte Flüchtlingspolitik notwendige
Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen konkret funktionieren
könne, sei gegenwärtig völlig unklar.
Im Hinblick auf die innenpolitische Debatte betonte der Rat: "Die
in Deutschland heftig geführte und bis hin zur Möglichkeit einer
Regierungskrise dramatisierte politische Debatte über Abweisungen von
bereits in anderen EU-Staaten als Asylsuchende registrierten
Geflüchteten an der deutschen Grenze muss dringend versachlicht und
deeskaliert werden".
Es müsse weiter an der Reform des gemeinsamen europäischen
Asylsystems gearbeitet werden. Dabei gehe es darum, Solidarität und
Verantwortung bei der Flüchtlingsaufnahme gerecht auszutarieren und
möglichst hohe Verfahrens- und Aufnahmestandards europaweit zu
etablieren. Die Flüchtlingsfrage darf nicht dazu genutzt werden, um
Ängste zu schüren, und damit den Zusammenhalt in Deutschland und der
EU zu gefährden", so der Rat der EKD. "Alle, die die
Auseinandersetzung über die Migrations- und Flüchtlingspolitik mit
Maximalforderungen verschärfen, rufen wir dazu auf,
Kompromissbereitschaft zu zeigen. Wir unterstützen nach Kräften all
diejenigen, die auf der Suche nach tragfähigen Lösungen die Achtung
der Menschenwürde höherstellen als jedes politische Kalkül", so der
Rat der EKD.
"Migrations- und Flüchtlingspolitik darf den Schutz von Menschen
in Not nicht gegen die berechtigten Sorgen der aufnehmenden
Gesellschaften ausspielen. Notwendig ist vielmehr der Wille zur
gemeinsamen Handlungsfähigkeit - in Europa und in Deutschland."
Der Rat der EKD ist neben Synode und Kirchenkonferenz eines der
drei Leitungsgremien der EKD. Ihm gehören 15 Mitglieder, Laien und
Theologen, an. Davon werden 14 gemeinsam von Synode und
Kirchenkonferenz gewählt. Die Präses der Synode ist 15. Mitglied
kraft Amtes. Vorsitzender des Rates ist Landesbischof Heinrich
Bedford-Strohm (München).
Hannover/Berlin, 29.06.2018
Pressestelle der EKD
Carsten Splitt
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