Dr. Alice Weidel klagt gegen Facebook - erstmals geht eine deutsche Spitzenpolitikerin direkt gegen den US-Konzern vor (FOTO)
(ots) -
Soziales Netzwerk ließ strafbare Beleidigung wissentlich
monatelang online
Die Beschwerden gegen Facebook reißen nicht ab. Am kommenden
Freitag verhandelt die Pressekammer des Landgerichts Hamburg über
einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung der
AfD-Fraktionsvorsitzenden Dr. Alice Weidel gegen die Facebook Ireland
Ltd. Unter einem am 10. September 2017 auf der Facebook-Seite der
"Huffington Post" veröffentlichten Artikel postete der Nutzer Sanda
G. folgenden Kommentar: "ja und Frau Weidel hat ihre Fotze eingepackt
und ist abgehauen so viel zum Thema, dass sie eine Politikerin ist
diese Nazi Drecksau Lesbich sein am abends Fotze lecken und morgens
bei der AFD gegen lesben sein hahahah das past ja hahahahhaha".
Dieser Kommentar verstößt als strafbare Beleidigung gegen § 185 StGB.
Facebook kennt den Kommentar seit Mitte September 2017, ließ ihn
jedoch online. Eine Nutzerin meldete ihn am 10.09.2017 anonym bei
Facebook und wurde drei Tage später mit einem formelhaften
Textbaustein beschieden: "Wir haben uns den Kommentar angesehen und
festgestellt, dass er gegen keinen unserer Gemeinschaftsstandards
verstößt." Viereinhalb Monate später, am 27.01.2018, und nach
vollständigem Inkrafttreten des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes
(NetzDG), meldete dieselbe Nutzerin den Kommentar erneut und erhielt
noch am selben Tag die gleiche Erwiderung von Facebook, wonach die
strafbare Beleidigung nach erneuter Prüfung nicht gegen die
"Gemeinschaftsstandards" verstoße.
"Nach deutschem Recht haften Dienste-Anbieter wie Facebook für
Inhalte ihrer Nutzer, wenn sie Kenntnis von dem Rechtsverstoß
erlangen und diesen nicht unverzüglich löschen. Seit dem 13.09.2017
war das Netzwerk also wie der Täter selber für die Straftat
verantwortlich", sagt der Weidel vertretende Rechtsanwalt Joachim
Steinhöfel. "Facebook löscht immer wieder rechtswidrig legale Inhalte
seiner Nutzer. Andererseits bleiben selbst eindeutig strafbare
Inhalte online - dieser mindestens sechs Monate. Ein komplettes
Versagen der Kontrollinstanzen des Unternehmens." Dr. Weidel selbst
erfuhr am 29.01.2018 erstmals von diesem Sachverhalt. Facebook wurde
noch am selben Tag abgemahnt und zur Löschung des Kommentars
aufgefordert. Das Unternehmen reagierte am 1.2.2018 in einem
Schreiben an Rechtsanwälte Steinhöfel wie folgt: "...vielen Dank,
dass Sie uns auf diese Angelegenheit aufmerksam gemacht haben. Auf
den von Ihnen gemeldeten Inhalt kann in Germany nicht mehr
zugegriffen werden. Dadurch wurde dieses Problem unserer Auffassung
nach behoben. Falls Sie weitere Fragen haben, besuchen Sie unseren
Hilfebereich." Der Dank, auf die "Angelegenheit" aufmerksam gemacht
worden zu sein, erweist sich laut Rechtsanwälte Steinhöfel als
unaufrichtig, da Facebook mindestens zweimal und möglicherweise auch
durch andere Nutzer zuvor auf die Straftat hingewiesen wurde.
Unwahr ist die Äußerung zudem, weil der streitige Kommentar auch
weiterhin in Deutschland mindestens bis zur letzten Überprüfung am
28.3.2018 ohne weiteres zugänglich war. Der Zugriff auf den Kommentar
in Deutschland setzt lediglich die legale und weit verbreitete
Verwendung eines Virtual Private Network (kurz VPN) voraus. "Dass
Facebook diesen eindeutig strafbaren Inhalt nicht sofort und von sich
aus weltweit, ja nicht einmal im deutschsprachigen Ausland gesperrt
hat, zeigt eine ungeheuerliche Gleichgültigkeit gegenüber den
Persönlichkeitsrechten unserer Mandantin", sagt Steinhöfel. "Es ist
kaum vorstellbar, dass es sich diesmal nur um reine Inkompetenz
handelt. Wer so agiert, der tut dies mit vollem Vorsatz - der will,
dass diese Beleidigung online bleibt." Die Pressekammer des
Landgerichts Hamburg hat die öffentliche mündliche Verhandlung über
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf den
27.04.2018, 12.15 Uhr, Sitzungssaal B 335, Sievekingplatz 1, 20355
Hamburg, anberaumt. Der Bitte der Kammer, bis zum 6.3.2018 Stellung
zu nehmen, ist Facebook bisher nicht nachgekommen.
Über Rechtsanwälte Steinhöfel
Der Hamburger Anwalt Joachim Nikolaus Steinhöfel ist einer der
profiliertesten und bekanntesten deutschen Wettbewerbs- und
Medienrechtler. Weitere Kernbereiche seiner 1989 gegründeten Kanzlei
sind Rechtsfragen des Internets und E-Commerce. Steinhöfel kann auf
Erfahrungen aus nahezu 10.000 Zivilprozessen zurückgreifen, die
häufig über mehrere Instanzen geführt wurden - bis heute brachte er
weit über 200 Verfahren zum Bundesgerichtshof (BGH). Steinhöfel, der
zudem als Publizist und Blogger tätig ist, setzt sich seit Jahren
vehement für die Meinungsfreiheit, insbesondere in sozialen
Netzwerken, ein und gilt als vehementer Kritiker des
Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG). Auf der von ihm ins Leben
gerufenen Seite "Facebook-Sperre - Wall Of Shame" dokumentiert er
seit 2016 zahlreiche Fälle von zu Unrecht gesperrten Usern oder
gelöschten Beiträgen sowie unterbliebenen Löschungen von strafbaren
Kommentaren. Über die Seite wurde international berichtet. Der
Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat die gesammelten Fälle in
einem Gutachten (WD 10 - 3000 - 037/17) als Beleg für die schwierige
Beurteilung von strittigen Inhalten von Hasskommentaren anhand der
vielfach intransparenten Lösch- und Nicht-Löschpraxis von Facebook
erwähnt. Mehr unter www.steinhoefel.de sowie unter
https://facebook-sperre.steinhoefel.de/
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Datum: 24.04.2018 - 08:45 Uhr
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