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Mittelbayerische Zeitung: Mittelbayerische Zeitung (Regensburg) zum Brandbrief von sieben katholischen Bischöfen an den Papst:

ID: 1597932


(ots) - Essen hat vorgemacht, wie ein deutsches Bistum
mit abtrünnigen Gläubigen umgehen kann. Anstatt den Ausgetretenen,
wie vielerorts üblich, einen Brief zu schicken, der sie über
verwirkte Rechte belehrt, nahm das Bistum die Menschen ernst. Es
beauftragte Wissenschaftler, sie nach den Beweggründen für ihren
Kirchenaustritt zu befragen. Bei der Studie stellte sich heraus: Geld
sparen ist nicht die Motivation, sondern oft nur der letzte Schubser.
Für die meisten ehemaligen Katholiken stimmt schlicht das Angebot
nicht mehr. Sie sehen die von der Kirche vertretene Moral nicht im
Einklang mit ihrer Lebenswirklichkeit. Aktuell mühen sich sieben
deutsche Bischöfe, Gläubige vor den Kopf zu stoßen, die auf eine
Hinwendung ihrer Kirche zur Welt hoffen. In einem Brandbrief, den die
Bischöfe, darunter die Oberhirten von Regensburg und Passau, Ende
März an den Vatikan geschickt haben, protestieren sie gegen eine
Öffnung der Kommunion für Protestanten, die ohnehin recht behutsam
formuliert ist. Den Beschluss hatte die Deutsche Bischofskonferenz
unter Vorsitz von Kardinal Reinhard Marx im Februar mehrheitlich
befürwortet. Er ist weniger dogmatisch zu verstehen, als er
Orientierung bieten soll. Da mutet die Bitte der Bischöfe an Rom um
"Hilfe" seltsam an: Sie wollen Klärung in der Frage, ob die Deutsche
Bischofskonferenz überhaupt berechtigt ist, über die sogenannte
"Interkommunion" mit den Protestanten zu entscheiden. Doch es liegt
nahe, dass die "Handreichung" der Bischofskonferenz dem Kurs des
Papstes entspricht. Franziskus stellt dogmatische Regelungen infrage.
Er plädiert für Einzelfallentscheidungen, die aus seiner Sicht vor
Ort getroffen werden können, auch in Hinsicht auf die Interkommunion.
In seinem Schreiben "Amoris Laetitia" öffnete er den Zugang zur
Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene. 2016 rief er das "Jahr




der Barmherzigkeit" aus. Dieser Papst ist geprägt durch seine
Erfahrungen mit dem echten Leben. In Argentinien ging er, anstatt in
der Sakristei zu sitzen, hinaus auf die Straße. In den Armenvierteln
befasste er sich mit der sozialen Situation der Menschen. Er hat
verstanden, dass es die Aufgabe der Kirche sein muss, die Gläubigen
in ihrer Lebenswirklichkeit abzuholen. Die Kritik der
Traditionalisten-Bischöfe wirkt auf Nicht-Kleriker theologisch und
prozedural spitzfindig. Sie zeigen damit, dass sie den
Modernisierungsprozess, den Franziskus anstoßen und Kardinal Marx in
Deutschland umsetzen will, nicht ein Stück weit mittragen wollen.
Eine Neuregelung bei der Kommunion betrifft nur eine kleine Anzahl
von Gläubigen. Würden die Bischöfe sie einstimmig beschließen, wäre
das in einem gemischt-konfessionellen Land wie Deutschland ein
positives Signal für Fortschritte bei der viel beschworenen Ökumene.
Die hatte im Reformationsjahr 2017 einen Schub erhalten. Konservative
Geister sehen da gleich das Gespenst der "Protestantisierung" der
katholischen Kirche umgehen. Doch eine Kircheneinheit ist im Moment
ziemlich undenkbar. Es ist zu erwarten, dass in den Bistümern
Bamberg, Augsburg, Passau, Regensburg, Eichstätt, Köln und Görlitz
auch künftig keine evangelischen Christen zur Eucharistie zugelassen
werden. Die sieben Bischöfe tragen ihre Machtprobe damit ausgerechnet
auf dem Rücken derjenigen Menschen aus, denen der Glaube ein echtes
Anliegen ist. Den Schwund der Kirchgänger und Kirchenmitglieder in
Deutschland, der seit 2010 gewaltig ist, halten die Traditionalisten
damit nicht auf - im Gegenteil. Sie schwächen die Kirche: Sie erweist
sich, wieder einmal, als reflexhaft dogmatisch dort, wo Gläubige sich
Menschlichkeit erhoffen. Doch das Festhalten an Dogmen wird die
Zeiten nicht zurückbringen, als die Sonntagsgottesdienste in den
katholischen Kirchen voll waren und der Klerus die Deutungshoheit
über die Fragen des Alltags hatte. Es gibt viel zu tun für die
Kirchenoberen. Denn auch wenn Franziskus wichtige Signale sendet -
die katholische Kirche schafft es nur unzulänglich, als Institution
wahrgenommen zu werden, mit der sich Menschen wirklich
identifizieren.



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Datum: 06.04.2018 - 19:14 Uhr
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