Sensation im VW Abgasskandal - OLG Köln: Rücktritt auch nach Durchführung des Softwareupdates möglich
(ots) - Das Oberlandesgericht Köln hat in einem Beschluss vom
27.03.2018 (Aktenzeichen: 18 U 134/17) angekündigt, dass Kunden
selbst dann ein Rücktrittsrecht zustehen kann, wenn das
Softwareupdate vor dem Rücktritt durchgeführt wurde.
Der Kläger erwarb im Jahre 2015 einen gebrauchten Audi A4 2,0 TDI,
der vom Abgasskandal betroffen ist. Im September 2016 ließ er das vom
VW-Konzern entwickelte Software-Update durchführen. Im Dezember 2016
erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag. Da das Autohaus
den Rücktritt nicht akzeptierte, klagte der Audikäufer gegen das
Autohaus. Er berief sich darauf, dass sich seit dem Update die
Leistung verschlechtert und der Verbrauch sich erhöht habe. Auch
führe das Update zu einem schnelleren Verschleiß. Im Prozess bestritt
das Autohaus, dass überhaupt ein Mangel vorliegt und selbst wenn ein
der Mangel vorgelegen haben sollte, sei dieser durch das Update
beseitigt worden. Nachdem das Landgericht Aachen die Klage abgewiesen
hatte, ging der Prozess in die nächste Instanz und befindet sich
inzwischen in der Berufung vor dem Oberlandesgericht Köln. Dieses
wies nun darauf hin, dass auch nach Durchführung des Softwareupdates
eine Rückabwicklung möglich sei. Den Beweis dafür, dass das
Software-Update die vom Kläger angeführten negativen Folgen nicht mit
sich brächte, müsse der Verkäufer erbringen. Hierzu müsse ein
Sachverständigengutachten eingeholt werden.
Das OLG Köln führte im Einzelnen aus, dass alleine die
Durchführung des Software-Updates nicht bedeute, dass der getäuschte
Kunde diese als Nachbesserung akzeptiere. Vielmehr haben der
VW-Konzern und der Verkäufer einen kaufrechtlichen Mangel zu keinem
Zeitpunkt anerkannt. Es sei lediglich eine Software-Maßnahme zur
Verfügung gestellt worden. Ohne Anerkenntnis eines Mangels könne aber
auch keine Nachbesserung im kaufrechtlichen Sinne angeboten werden.
Hinzu komme, dass der Kläger die Entziehung seiner Betriebserlaubnis
zu befürchten hatte. Nur durch das Software-Update konnte er sicher
das Fahrzeug weiter nutzen. Auch habe ein geschädigter Käufer nicht
die Kenntnisse, die Funktionsweise der Motorsteuerung und des Updates
zu beurteilen. Den Aussagen des Herstellers oder des
Kraftfahrtbundesamts müsse er nicht vertrauen.
Beklagtes Autohaus trägt Beweislast, dass Update "funktioniert"
Dies führe laut OLG Köln dazu, dass der Verkäufer nunmehr die
Darlegungs- und Beweislast dafür trage, dass es durch das
Software-Update nicht zu anderen Sachmängeln gekommen ist. Das
Landgericht Aachen hatte dies noch anders bewertet und dem Autokäufer
den Nachweis auferlegt, dass das Auto trotz des Updates immer noch
mangelhaft sei. Im ersten Schritt müsse von dem beklagten Autohaus
nunmehr im Detail dargelegt werden, wie die Software der
Motorsteuerung vor und nach dem Update funktioniere. Sodann soll mit
Hilfe eines Sachverständigen geklärt werden, ob das Software-Update
negative Folgen für den Kläger mit sich bringt. Diese Umverteilung
der Beweislast ist sehr relevant: Kann das Autohaus den schwierigen
Beweis nicht erbringen, dann wird angenommen, dass das Auto trotz des
Updates mangelhaft ist.
Weiter führt das OLG aus, dass der Kläger in keinem Fall dem
Verkäufer die Möglichkeit zu einer erneuten (zweiten) Nachbesserung
geben muss. Schließlich bestreite der Händler die Mangelhaftigkeit
des Fahrzeugs und könne ohnehin selbständig in einem angemessenen
Zeitrahmen kein neues Software-Update anbieten. Auch sei das
Vertrauen der Kunden in den Hersteller enttäuscht worden.
OLG Köln nimmt Laufleistung von 500.000 km an
Bemerkenswert ist, dass das OLG Köln von einer Gesamtlaufleistung
von 500.000 km ausgeht. Sollte es zur Rückabwicklung des Kaufvertrags
kommen, so wäre für den Kunden nur ein relativer geringer
Nutzungsersatz für die gefahrenen Kilometer zu bezahlen.
Dieser Beschluss des OLG Köln - wie auch weitere Urteile - zeigen,
dass auch nach dem Software-Update betroffene Kunden die Möglichkeit
haben, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Aufgrund der ungewissen Folgen
des Updates sollte nicht weiter gezögert werden. Ende des Jahres
droht die Verjährung von Ansprüchen.
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Datum: 03.04.2018 - 19:41 Uhr
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