Deutsche Umwelthilfe erwirkt Grundsatzurteil für "Saubere Luft" in unseren Städten - Dieselkonzerne müssen alle Betrugsdiesel technisch nachrüsten
(ots) - Bundesverwaltungsgericht hat beiden Klagen
der Deutschen Umwelthilfe für eine kurzfristige Einhaltung der
Luftqualitätswerte in deutschen Städten stattgegeben -
Gesundheitsschutz geht vor wirtschaftlichen Interessen -
Diesel-Fahrverbote kommen noch in diesem Jahr in hochbelasteten
Städten für alle Diesel bis inkl. Euro 4 - Höchstes deutsches
Verwaltungsgericht erteilt Bundesregierung eine schallende Ohrfeige
für mehrjährigen Rechtsbruch - DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch
fordert Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, sich endlich aus dem
Würgegriff der Autokonzerne zu befreien
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat heute entschieden, dass
Diesel-Fahrverbote rechtlich zulässig sind. Die Revisionen der Länder
Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg (AZ) im Klageverfahren der
Deutschen Umwelthilfe (DUH) waren nicht erfolgreich. Die zuvor
gesprochenen Urteile des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Juli
2017 und Düsseldorf vom 13. September 2016 sind damit rechtskräftig.
Die Länder müssen Diesel-Fahrverbote als schnellstmögliche Maßnahme,
um die Stickstoffdioxid-Werte in den Städten einzuhalten, in die
Luftreinhaltepläne aufnehmen.
Das Ergebnis kommentiert Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der
DUH: "Heute ist ein großer Tag für "Saubere Luft" in Deutschland. Das
höchste deutsche Verwaltungsgericht hat der Bundesregierung eine
schallende Ohrfeige erteilt. Angela Merkel muss sich endlich aus dem
Würgegriff der Autokonzerne befreien und eine Politik für die unter
Dieselabgasgift leidenden Menschen und die neun Millionen betrogenen
Käufer von Euro 5+6 Diesel-Pkw machen. Das Urteil ist aber auch ein
Debakel für die Vorstandschefs der großen deutschen Dieselkonzerne
BMW, Daimler und VW. Sie müssen nun ihre durch kriminelle
Machenschaften erzielten Milliardengewinne für die Beseitigung der
entstandenen Gesundheitsschäden und eben der technischen Nachrüstung
der Diesel-Pkw bereitstellen. Die vom Gericht beschlossene
Übergangsfrist bis September 2019 für die besonders schmutzigen Euro
5-Diesel sollte genügen, alle diese Fahrzeuge zurückzukaufen oder
nachzurüsten."
Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts verkündeten bei der
mündlichen Entscheidung, dass Diesel-Fahrverbote nicht dem Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit widersprechen. Auch verdeutlichten sie, dass
Diesel-Fahrverbote mit Zusatzschildern gemäß bestehender
Rechtsverordnungen geregelt und auch kontrolliert werden können.
Die DUH rechnet damit, dass Fahrverbote für Diesel-Pkw der
Abgasnorm Euro 4 noch in diesem Jahr kommen werden. Die beklagten
Länder könnten die notwendige Maßnahme binnen sechs Monaten in den
Luftreinhalteplänen verankern. Damit ist mit Diesel-Fahrverboten für
Euro 4 und ältere Diesel-Pkw ab dem 1. September 2018 zu rechnen.
Fahrverbote für Diesel-Pkw Euro Norm 5 sind ab dem 1. September 2019
zulässig. "Die Zeit für die Autoindustrie läuft ab. Sie müssen nun
bis September 2019 liefern. Wir erwarten aber bei der
Hersteller-Nachrüstung auch die Einbeziehung aller Euro 6-Diesel, die
ebenfalls betrügerische Abschalteinrichtungen enthalten und die
Grenzwerte um bis zu 2.000 Prozent übersteigen", so Resch weiter.
Auch für Busse des öffentlichen Nahverkehrs, die mit zu hohen
Emissionen zur Belastung beitragen, muss mit Fahrverboten gerechnet
werden. Daher sei auch hier die zügige Nachrüstung dringend geboten.
Die kluge und mutige Entscheidung der Richter schafft auch
Klarheit für die betroffenen Diesel-Fahrer. Sie können nun die
Rückabwicklung des Kaufvertrags oder aber die technische Nachrüstung
ihres Fahrzeugs mit einer technisch funktionierenden Abgasreinigung
zu allen Jahreszeiten einfordern.
Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in dem Verfahren vertritt,
ergänzt: "Die heutige Entscheidung ist ein großer Erfolg für uns. Das
Bundesverwaltungsgericht hat klargestellt, dass Grenzwerte, die dem
Schutz der Gesundheit dienen, schnellstmöglich einzuhalten sind. Dazu
können die Länder eigene Verkehrszeichen entwerfen, wie wir sie im
Gerichtsverfahren vorgeschlagen haben. Diese Lösung, die durch die
verklagten Länder anfangs belächelt wurde, ist nun höchstrichterlich
bestätigt. Sache des Bundes wird es sein, für eine bundeseinheitliche
Lösung zu sorgen und die Plakettenverordnung zu ändern. Andernfalls
treten unterschiedliche Regelungen in allen betroffenen Bundesländern
in Kraft."
Die internationale Nichtregierungsorganisation ClientEarth
unterstützt die Klagen der DUH. Rechtsanwalt Ugo Taddei von
ClientEarth sagt: "Die Entscheidung ist ein großartiger und
einflussreicher Erfolg für den Schutz der Gesundheit der Menschen in
Deutschland. Das Gericht sorgt mit der Entscheidung für rechtliche
Klarheit, in dem es bestätigt, dass Fahrverbote rechtlich zulässig
sind. Dies kann einen Domino-Effekt für ganz Europa entfalten.
Fahrverbote für schmutzige Fahrzeuge sind der schnellste und
effektivste Weg, um Menschen vor Luftverschmutzung zu schützen."
Hintergrund:
Der Luftreinhalteplan Düsseldorf ist seit dem 20. Dezember 2012 in
Kraft. Eine NO2-Grenzwerteinhaltung wird erst nach dem Jahr 2020
erwartet. Am 17. November 2015 reichte die DUH Klage gegen das Land
Nordrhein-Westfalen ein. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf gab am 13.
September 2016 der Klage der DUH in vollem Umfang statt und erklärte,
dass Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge so schnell wie möglich
auszusprechen sind. Die rechtlichen Instrumentarien sind nach
Auffassung des Gerichts bereits vorhanden. Das Urteil des
Verwaltungsgericht Düsseldorf ist richtungsweisend, da es das erste
Urteil in Deutschland ist, das Fahrverboten für Dieselfahrzeuge den
Weg ebnet.
Am 17. November 2015 hat die DUH Klage beim Verwaltungsgericht
Stuttgart eingereicht, da das am 27. Juli 2015 veröffentlichte
Konzept zur Luftreinhaltung in Stuttgart erst von einer Einhaltung
der NO2-Grenzwerte im Jahre 2020 ausgeht. Am 19. Juli 2017 hat das VG
Stuttgart der Klage der DUH stattgegeben und den vorliegenden Entwurf
des Luftreinhalteplans für unwirksam erklärt. Das Gericht stellte
klar, dass ganzjährige Diesel-Fahrverbote ab 1. Januar 2018 in der
Stuttgarter Umweltzone unausweichlich und schon jetzt rechtlich
zulässig sind. Der Vorsitzende Verwaltungsrichter Wolfgang Kern
erklärte bei der Urteilsverkündung, dass das Verkehrsverbot nicht
gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße, weil der
Gesundheitsschutz höher zu gewichten sei, als das Recht auf Eigentum
und die allgemeine Handlungsfreiheit der vom Verbot betroffenen
Kraftfahrzeugeigentümer.
Das Land Nordrhein-Westfalen sowie das Land Baden-Württemberg
haben gegen die beiden Urteile der Verwaltungsgerichte Sprungrevision
eingereicht, so dass die Entscheidung über die Zulässigkeit von
Diesel-Fahrverboten beim BVerwG lag.
Links:
Pressemitteilung vom 13.9.2016 "Deutsche Umwelthilfe erwirkt
bahnbrechendes Urteil vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf:
Diesel-Fahrverbote sind unausweichlich": http://l.duh.de/pm130916
Pressemitteilung vom 28.7.2017 "Verwaltungsgericht Stuttgart:
Diesel-Fahrverbote in Stuttgart ab 1. Januar 2018 zulässig und
erforderlich": http://l.duh.de/p170728b
Urteil Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 4.10.2016:
http://l.duh.de/p180227
Urteil Verwaltungsgericht Stuttgart vom 28.07.2017:
http://l.duh.de/p180227
Mehr über die Arbeit der DUH für "Saubere Luft":
http://www.duh.de/themen/luftqualitaet/recht-auf-saubere-luft/
Mehr über ClientEarth: https://www.clientearth.org/
Mehr über das Recht auf saubere Luft:
https://www.right-to-clean-air.eu/
Kontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch(at)duh.de
Prof. Dr. Remo Klinger, Rechtsanwalt Geulen & Klinger
0171 2435458, klinger(at)geulen.com
Ugo Taddei, Lawyer ClientEarth
0032 2 808 4323, utaddei(at)clientearth.org
Ellen Baker, Communications Officer ClientEarth
0044 203 030 5951, ebaker(at)clientearth.org
DUH-Pressestelle:
Andrea Kuper, Ann-Kathrin Marggraf
030 2400867-20, presse(at)duh.de
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Datum: 27.02.2018 - 15:34 Uhr
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