Wolfgang Niedecken: "Ich habe keine Musik auf meinem Handy"
(ots) - ''Capital''-Gespräch mit BAP-Sänger Wolfgang
Niedecken, DJ Felix Jaehn und Universal-Europachef Frank Briegmann
über Streaming, Algorithmen in der Musik und die Zukunft der
Musikindustrie
Berlin, 14. Februar 2018 - BAP-Frontmann Wolfgang Niedecken kommt
gut ohne Musik-Streaming aus. "Ich bin bekennender Höhlenmensch, was
das Musikhören angeht. Ich habe keine Musik auf meinem Handy", sagte
er dem Wirtschaftsmagazin ''Capital'' (Ausgabe 3/2018, EVT 15.
Februar). "Ich brauche eine CD mit Cover und Booklet, etwas zum
Anfassen." Auf Tour nehme er immer einen Stapel CDs mit, um sie
endlich einmal in Ruhe zu hören, sagte Niedecken in einem
Roundtable-Gespräch mit dem Europachef des Musikkonzerns Universal,
Frank Briegmann, und Musikproduzent Felix Jaehn.
Für BAP wirke sich der Boom des Musik-Streamings nicht besonders
aus, sagte Niedecken weiter. Die Band lebe vom Verkauf physischer
Tonträger und von Live-Konzerten. Um das Geschäft und die Zahlen
kümmere sich seine Frau. "Ich bin kein Funktionär, ich bin Künstler",
sagte der BAP-Gründer gegenüber ''Capital''. Dass Nutzer-Daten seine
Musikkomposition beeinflussen, hält Niedecken für ausgeschlossen.
"Ich würde mich niemals danach richten, was mir irgendwelche
Algorithmen vorgeben - nach dem Motto: Das läuft, das mache ich
auch."
Der 23-jährige Jaehn, der dank Streaming innerhalb kürzester Zeit
zum Weltstar avancierte, betonte, dass die Diskussion über die
Verteilung der Erlöse in der neuen digitalen Welt längst laufe.
"Natürlich müssen die Deals zwischen Plattenfirma und Künstler an die
heutigen Erlösmodelle angepasst werden. Denn die Investitionen haben
sich verschoben", sagte er. Früher habe es häufig 360-Grad-Deals
gegeben, bei denen die Künstler alle ihre Rechte an die
Platten-Labels abgetreten haben. Die gebe es in seinem Umfeld heute
seltener, sagte Jaehn. "Am Ende kommt es auch darauf an, was der
Künstler möchte."
Nach Darstellung von Universal-Europachef Briegmann gibt es in der
Praxis selten Streit über die Verteilung der Erlöse. "Die Mär von den
geknechteten Künstlern, die einige verbreiten, ist absurd", sagte
Briegmann. "Künstler haben in der Regel ein sehr gutes Gefühl dafür,
was realistisch ist." Statt um Geld gehe es viel häufiger um die
Frage des Gegenwerts wie Support, Vertriebspower und das Investment
in die Karriere durch die Plattenfirma, sagte der Musikmanager
weiter. "Ein Prozentpunkt mehr Beteiligung nützt einem Künstler
überhaupt nichts, wenn er sich später nicht ausreichend unterstützt
fühlt."
Nach Briegmanns Einschätzung ist die Musikbranche nach der Krise
um die Jahrtausendwende und dem rasanten Einbruch der CD-Verkäufe
infolge des Aufkommens von Tauschbörsen im Internet heute in der
Digitalisierung sehr weit. "2004 hatten wir ein Prozent digitalen
Umsatz, heute haben wir in Deutschland rund 50 Prozent. Der Markt
wächst seit fünf Jahren wieder", sagte er. Zugleich betonte er
gegenüber ''Capital'' aber: "Die digitale Transformation ist nichts,
was man irgendwann geschafft hat, sondern ein Prozess, der ständige
Bereitschaft zum Wandel erfordert." Die Politik forderte Briegmann
auf, faire Rahmenbedingungen zu schaffen, damit auch Plattformen wie
YouTube angemessene Lizenzgebühren für Musik bezahlen müssen.
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Datum: 14.02.2018 - 11:30 Uhr
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