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Küsse auf Papier (FOTO)

ID: 1572273


(ots) -
Schokolade, Blumen? Sind am Valentinstag die Präsent-Klassiker.
Wer jedoch an die eigentliche Tradition anknüpfen möchte, schenkt am
14.2. persönlich verfasste Zeilen. Schließlich trifft, auch oder
gerade im Zeitalter von Snapchat, SMS & Co., keine Botschaft so sehr
ins Herz wie der Liebesbrief.

Im Namen der Rose? Nein, der Liebe!

Die oft geäußerte Vermutung, dass der Valentinstag eine Erfindung
gewitzter Blumenhändler sei, erscheint angesichts der Verkaufszahlen
plausibel - 120 bis 130 Millionen Euro setzten z.B. deutsche
Floristen in den vergangenen Jahren rund um den 14. Februar um,
doppelt so viel wie an normalen Tagen. Doch seine Ursprünge sind viel
emotionalerer Natur: Laut Legende ist er auf den italienischen
Bischof Valentin von Terni zurückzuführen, der im 3. Jahrhundert auch
Soldaten traute, obwohl diese laut staatlichem Gesetz unverheiratet
bleiben mussten. Dafür, so heißt es, wurde der "Bischof der
Zärtlichkeit" an einem 14. Februar erhängt. Fortan sollte dieses
Datum als Tag der Liebe und der Liebenden gelten, der mit Gedichten,
individuell dekorierten Karten und später auch kleinen Geschenken
zelebriert wurde. Blumen und vorgedruckte Grußkarten wurden in der
Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg richtig publik - doch heute
interessieren sich viele wieder für die ursprüngliche Tradition.

"Meine blinden Augen warten verzweifelt auf deinen Anblick..."

Als eine britische Versicherung deshalb zum Valentinstag eine
Umfrage zu den schönsten Liebesbriefen startete, war das Feedback
groß. Und das Ergebnis eindeutig: Auf Platz Eins landeten die Zeilen,
mit denen Countrysänger Johnny Cash seiner Ehefrau June Carter zum
65. Geburtstag gratuliert hatte. "Wir werden alt und gewöhnen uns
aneinander. Wir denken gleich. Wir lesen unsere Gedanken... Immer mal




wieder, wie heute, denke ich darüber nach und begreife, wie glücklich
ich mich schätzen kann, mein Leben mit der tollsten Frau zu teilen,
die ich je kennengelernt habe." Napoleon, Ludwig van Beethoven, aber
auch Rockgitarrist Jimi Hendrix schafften es in die Top Ten, ebenso
wie Schauspieler Richard Burton, der seiner Elizabeth Taylor schrieb:
"Meine blinden Augen warten verzweifelt auf deinen Anblick. Du
begreifst natürlich nicht, wie faszinierend schön du immer gewesen
bist und wie du zusätzliche und besondere und gefährliche Anmut
hinzugewonnen hast."

Eintrittskarte in eine verborgene Welt

Formulierungen, die sofort das Kopf-Kino anwerfen: Möchte man
nicht selbst Empfänger solcher Zeilen sein? Oder solche Worte finden
können? Ein Liebesbrief ist wie eine Eintrittskarte in eine
verborgene Gefühlswelt, eine achtsam formulierte Offenbarung bisher
sorgsam gehüteter Geheimnisse. In einer Zeit, in der alles per Likes
oder Retweets massenhaft verbreitet wird, wirkt die Tatsache, dass
sich das Geschriebene nur an eine, und zwar genau an die eine Person
richtet, geradezu atemberaubend intim. Und wunderbar luxuriös -
schließlich muss heute meistens ein flott getipptes "X" als Zeichen
der Zuneigung genügen.

"Ich kenne viele junge Frauen, die jede Menge E-Mails und
Textnachrichten bekommen haben, aber noch nie einen gefühlvollen
Brief", sagt die britische Autorin Jojo Moyes, deren
Millionen-Bestseller "Eine Handvoll Worte" (engl.: "The Last Letter
From Your Lover") von der Liebesbrief-Recherche einer jungen
Journalistin erzählt. Die Story ist fiktiv, aber die den einzelnen
Kapiteln vorangestellten Zitate sind echt: Moyes hatte per Anzeige
und Internet-Aufrufen nach Herzens-Botschaften aus dem realen Leben
gesucht. Ihr wurden sehnsüchtige, verletzte, lustige zugeschickt,
aber auch tieftraurige wie diese: "Ich wünschte, ich könnte der
Mensch sein, der dich rettet, aber das wird einfach nicht
passieren..."

"Ich liebe dich non per 14 giorno"

Doch besser aufrichtig verzweifelt als verkünstelt munter:
Authentizität ist entscheidend, erklärt die Schweizer
Sprachwissenschaftlerin Eva Lia Wyss, die im "Liebesbrief-Archiv" der
Uni Zürich über 7500 Exemplare gesammelt und ausgewertet hat. Ihr
Fazit: Am anstrengendsten seien jene zu lesen, die von Vorlagen oder
aus der Literatur übernommen wurden. Das distanzierte
Copy-and-Paste-Prinzip widerspricht schließlich auch der Gefühlslage,
in der man sich gerade befindet. "Oft werden Briefe in der
Kennenlern- oder Aufbauphase geschrieben. Das ist meist die
leidenschaftlichste Zeit."

Von einer Kennenlernphase der ganz besonderen Art erzählt der
Artikel "Liebe auf den ersten Block" im Klartext-Magazin "1001" der
Deutschen Journalistenschule München: Als der junge deutsche Tourist
Achim 1959 in der Nähe von Rimini auf die Italienerin Pina trifft,
finden sich beide sofort toll - doch keine Sprache, in der sie sich
verständigen könnten. Sie kaufen sich Wörterbücher und Blöcke und
erobern damit, Silbe für Silbe, die Sprache, die Kultur und nicht
zuletzt das Herz des anderen. "Ich liebe Dich non per 14 giorno,
sempere sempre", notierte etwa Achim, der Recht behalten sollte: Er
und Pina sind seit fast 60 Jahren ein Paar.

Nicht nur von der Liebe schreiben...

Vielleicht, weil er das befolgte, was ein sehr prominenter
Schreiber im ersten Band der wunderbaren, inzwischen zum Kultbuch
avancierten Sammlung "Letters of Note" ("Briefe, die die Welt
bedeuten", hrsg. von Shaun Usher) seinem Stiefsohn zu dessen Hochzeit
riet: Ronald Reagan, der spätere US-Präsident, gab dem Bräutigam 1971
in seinem sehr persönlichen Glückwunsch-Brief einen Tipp über das
geschriebene Wort hinaus: "PS: Du wirst nie Probleme bekommen, wenn
du wenigstens einmal am Tag ''Ich liebe dich'' sagst."

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