Markt für Pflanzenschutzmittel 2017 weiter rückläufig / IVA: Nettoinlandsumsatz ging auf 1,385 Milliarden Euro zurück / Verzögerungen bei Zulassungsanträgen (FOTO)
(ots) -
Der Pflanzenschutzmittelmarkt in Deutschland ist im dritten Jahr
in Folge zurückgegangen. Im Direktgeschäft mit dem Großhandel
erzielten die im Industrieverband Agrar e. V. (IVA) organisierten
Unternehmen der deutschen Pflanzenschutz-Industrie 2017 einen Umsatz
von 1,385 Milliarden Euro (2016: 1,415 Mrd. Euro). Das bedeutet ein
Minus von 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr, wie der IVA heute bei
einem Pressegespräch im Rahmen der Internationalen Grünen Woche in
Berlin mitteilte.
"Der Markt für Pflanzenschutzmittel ist zuletzt erheblich
geschrumpft; der Gesamtumsatz der Branche lag im Vorjahr sogar noch
unter dem Volumen des Jahres 2012. Diese Entwicklung veranschaulicht,
dass Landwirte keineswegs - wie oft behauptet wird - immer mehr
Pflanzenschutzmittel einsetzen, sondern die Nachfrage maßgeblich von
Faktoren wie der Witterung oder dem Krankheitsdruck abhängt",
kommentierte IVA-Präsident Dr. Helmut Schramm die Zahlen.
Diese Einschätzung unterstrich auch der Geschäftsführende
Gesellschafter des Agrar-Marktforschungsunternehmens Kleffmann Group,
Burkhard Kleffmann. Nach Analysen seines Hauses sind bestimmende
Faktoren für einen höheren Pflanzenschutzeinsatz Witterungseinflüsse,
aber auch die Verzögerung von Zulassungen für neue Produkte. Neben
pflanzenbaulichen Maßnahmen bewirken der variable Einsatz
verschiedener Wirkstoffe und verbesserte Ausbringungstechnik dagegen
einen minimierten Einsatz.
Zur Diskussion um den Wirkstoff Glyphosat präsentierte Kleffmann
die aktuellen Verbrauchszahlen, die sein Unternehmen im Markt
ermittelt hat. "Nach unserer Analyse ist der Glyphosat-Verbrauch im
Jahr 2017 abermals um 6 Prozent zurückgegangen. Gegenüber dem Peak
von 2012 setzten die Landwirte in Deutschland im vergangenen Jahr
sogar 43 Prozent weniger ein", erläuterte Kleffmann.
Schramm monierte abermals die schleppende Bearbeitung von
Zulassungsanträgen für neue Pflanzenschutzmittel. Zwar sei Bewegung
in die Frage gekommen, nachdem Gutachter im Auftrag der Europäischen
Kommission in einem Ende 2016 veröffentlichten Audit festgestellt
hatten, dass seit Inkrafttreten der EU-Pflanzenschutzverordnung
1107/2009 in Deutschland noch kein Zulassungsantrag in der
vorgesehenen gesetzlichen Frist beschieden wurde. Viele der
systembedingten Mängel im deutschen Zulassungsverfahren sind nach
Ansicht des IVA immer noch nicht behoben. "Wir erleben gerade, dass
zuletzt mehr Anträge bearbeitet und entschieden wurden. Aber der
Zulassungsstau ist längst noch nicht abgebaut - er wächst jetzt nur
langsamer", kritisierte Schramm.
Die Pflanzenschutz-Industrie begrüßt daher Ankündigungen aus den
Sondierungsgesprächen von CDU/CSU und SPD, die Zulassungsbehörden
personell besser auszustatten. Echte Verbesserungen erwartet die
Industrie jedoch erst bei einer grundlegenden Reform des deutschen
Zulassungssystems. "Nur eine Zusammenfassung der wissenschaftlichen
Prüfung unter einem Dach kann die bestehenden Reibungsverluste
vermindern. Diese integrierte Bewertungsbehörde muss
wissenschaftsbasiert und unabhängig von politischen Weisungen
arbeiten können. Die Zuständigkeit für Zulassungsentscheidungen
sollte weiterhin im Bereich des Landwirtschaftsministeriums liegen",
forderte Schramm.
Mit Blick auf die kurz vor Jahresende verlängerte EU-Genehmigung
des Wirkstoffs Glyphosat sagte Schramm: "Das Verfahren wurde von
einer giftigen Kampagne begleitet, von der die Sachdebatte in den
Hintergrund gedrängt wurde. Die Entscheidung, die EU-Genehmigung für
Glyphosat zu verlängern, war richtig und wichtig. Denn nach dem
übereinstimmenden Urteil aller Bewertungsbehörden erfüllt der
Wirkstoff alle Anforderungen des europäischen Pflanzenschutzrechts;
Landwirten bleibt ein wichtiger Baustein zur konservierenden
Bodenbearbeitung auf absehbare Zeit erhalten."
Die Diskussion über die Zukunft glyphosathaltiger
Pflanzenschutzmittel ist im Rahmen der Zulassungsverfahren jetzt auf
nationaler Ebene angekommen. Dazu erhofft sich Schramm eine
Versachlichung der Debatte, die den Nutzen von Glyphosat für eine
nachhaltige Landwirtschaft nicht länger ausblendet. "Die Nutzung des
Wirkstoffs war in den zurückliegenden Jahren stark rückläufig. Auch
das ist ein Indiz dafür, dass Landwirte die gesellschaftliche Debatte
sehr ernst nehmen und Anwendungen kritisch überprüft haben", so
Schramm.
Der Industrieverband Agrar e. V. (IVA) vertritt die Interessen der
agrochemischen Industrie in Deutschland. Zu den Geschäftsfeldern der
54 Mitgliedsunternehmen gehören Pflanzenschutz, Pflanzenernährung,
Biostimulantien und Schädlingsbekämpfung. Die vom IVA vertretene
Branche steht für innovative Produkte für eine moderne und
nachhaltige Landwirtschaft.
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