stern: Ex-Manager warnt vor einem Crash der Lebensversicherungen
(ots) - Ein langjähriger Versicherungsmanager ruft die
Deutschen dazu auf, ihre Lebensversicherungen zu kündigen. "Raus aus
den Policen!", sagt Sven Enger in einem Gespräch mit dem Hamburger
Magazin stern, es drohe ein "Crash" der Lebensversicherung und eine
"massenhaften Kapitalvernichtung".
Enger hat 23 Jahre lang in der Branche gearbeitet, zuerst beim
Deutschen Ring, später war er Vertriebsdirektor bei Delta Lloyd,
Vorstand der Skandia Lebensversicherung und
Deutschland-Geschäftsführer von Standard Life. In einem Buch ("Alt,
arm und abezockt"), das am 12. Januar erscheint, rechnet er nun mit
Vertretern und Vorständen ab.
Für seine düstere Prognose sieht Enger zahlreiche Anzeichen: Viele
Firmen hätten den Vertrieb von klassischen Lebensversicherungen ganz
eingestellt. Millionen Policen sollten durch den Verkauf an
Abwicklungsfirmen kalt entsorgt werden. "Die Sparer landen hier auf
der Müllkippe der Versicherungsindustrie", so der Ex-Manager. Vor
allem aber: "Die einst versprochenen Renditen lösen sich in Luft." In
Prognoserechnungen seien beim Versicherungsabschluss einst
Überschussbeteiligungen von sechs, sieben oder acht Prozent in
Aussicht gestellt worden. "Das ist alles nicht mehr haltbar", sagt
Enger. Inzwischen ist die durchschnittliche Verzinsung von
Lebensversicherungen auf rund 2,5 Prozent gefallen. Enger erwartet,
dass viele Unternehmen auch den Garantiezins, der für ältere Verträge
zum Teil noch bei vier Prozent liebt, nicht mehr erwirtschaften
können. Wenn es hart auf hart komme, könne die Finanzaufsicht die
Verzinsung herabsetzen. "Für einige Firmen wird der Absturz nicht
abzuwenden sein", so der Ex-Manager wörtlich. Die Auffanggesellschaft
Protektor sei überfordert, wenn ein großes Unternehmen in die Knie
gehe.
Scharfe Kritik übte Enger an seinen ehemaligen Manager-Kollegen:
"Alle haben gesehen, was auf die Branche zukommt, und doch hat kaum
einer reagiert." Dem Problem der sinkenden Überschussbeteiligungen
habe man sich nicht gestellt, die Kosten nicht verringert, vor allem
nicht die für den Vertrieb. Es sei alle immer weiter nach dem Motto
gelaufen: "Ich hole rein, was geht, ich bin neugeschäftsgeil". Es
seien "extreme Belohnungen" gegeben worden, die letztlich von den
Beiträgen der Kunden bezahlt worden seien. Versicherungsleute hätten
sich etwa damit gebrüstet, "dass man den kompletten Champagner-Vorrat
eines Kreuzfahrtschiffes ausgetrunken habe". Er selbst sei erst spät
ins Nachdenken gekommen: "Heute fühle ich nicht wohl damit, was alles
mit den Kundengeldern passiert ist."
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Datum: 10.01.2018 - 15:00 Uhr
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