Rundum gutes Jahr für die deutsche Chemie / Bilanz der chemisch-pharmazeutischen Industrie 2017
(ots) - 2017 war ein ausgesprochen gutes Jahr für
die chemisch-pharmazeutische Industrie mit kräftigem Umsatzwachstum
von über 5 Prozent. Durch eine starke Industriekonjunktur in ganz
Europa, die im Jahresverlauf noch Fahrt aufnahm, steigerte sich die
Produktion deutlich und die Auslastung der Anlagen blieb hoch. Alle
Sparten - auch die Basischemie - verbuchten einen Mengenzuwachs,
berichtet der Verband der Chemischen Industrie (VCI) in seiner
Jahresbilanz.
Das Auslandsgeschäft profitierte von der robusten Nachfrage aus
China, der Belebung der Wirtschaft in den USA und der
wirtschaftlichen Stabilisierung in den Schwellenländern. Insgesamt
stieg die Chemie-Produktion inklusive Pharma um 2,5 Prozent. Der
Aufschwung in Deutschlands drittgrößter Branche führte mit 451.500
Mitarbeitern zum höchsten Beschäftigungsstand seit dreizehn Jahren.
"Nach eher durchwachsenen Ergebnissen in den drei vorherigen Jahren
hat 2017 das Prädikat ''gut'' ohne Einschränkung verdient", sagte
VCI-Präsident Kurt Bock.
Prognose: Auch für 2018 geht der VCI von einem weiteren Wachstum
der Branche aus: Der Verband erwartet eine Zunahme der Produktion von
2 Prozent. Bei leicht steigenden Preisen (+1 Prozent) sollte der
Umsatz um 3 Prozent zulegen. Das Jahresergebnis der Branche könnte
2018 damit erstmals die Schwelle von 200 Milliarden Euro erreichen.
Für das Auslands- und das Inlandsgeschäft prognostiziert der VCI
annähernd gleich hohe Wachstumsraten.
Zu den Aussichten der Branche stellte Bock fest: "Wir sind
zuversichtlich, dass sich der Aufschwung im kommenden Jahr fortsetzt.
Im Inland bleibt die Dynamik der Industrieproduktion hoch.
Gleichzeitig scheint der Aufwärtstrend in Europa intakt, dadurch
dürfte das Exportgeschäft weiter Rückenwind bekommen. Aber politisch
müssen wir uns weiter auf turbulente Zeiten einstellen."
Daten und Fakten zur Jahresbilanz 2017 der deutschen Chemie:
Kapazitätsauslastung: Die Produktionsanlagen waren das Jahr über mit
86,7 Prozent überdurchschnittlich gut ausgelastet.
Umsatz: Ein positives Mengengeschäft mit steigenden
Erzeugerpreisen von plus 3 Prozent sicherte den deutschen Chemie- und
Pharmaunternehmen ein kräftiges Umsatzplus. Die Erlöse der Branche
legten insgesamt um 5,5 Prozent auf knapp 195 Milliarden Euro zu. Der
Inlandsumsatz steigerte sich um 4,5 Prozent auf 74,4 Milliarden Euro;
der Umsatz mit ausländischen Kunden erhöhte sich sogar um 6,5 Prozent
auf 120,4 Milliarden Euro. Neben dem Europageschäft (+ 5,5 Prozent)
verliefen auch die Verkäufe nach Nordamerika(+ 3 Prozent) und Asien
(+ 8 Prozent) positiv.
Beschäftigung: Die Zahl der Mitarbeiter in der Branche stieg um 1
Prozent auf 451.500 Personen. Das ist der höchste Beschäftigungsstand
in der chemisch-pharmazeutischen Industrie seit dem Jahr 2004. Der
Tiefpunkt lag mit 414.800 Beschäftigten im Jahr 2010.
Unsicheres politisches Umfeld
Zum Problem der schwierigen Regierungsbildung in Berlin sagte
VCI-Präsident Bock, es sei bedauerlich und unbefriedigend, dass die
Politik sich bisher nicht auf einen gemeinsamen Plan für die
Zukunftssicherung des Standortes und die Modernisierung der
Gesellschaft habe einigen können. Parteien übergreifender Konsens sei
es aber, Bildung, Forschung und Innovation zu stärken. Dafür werde
als Instrument auch eine steuerliche Forschungsförderung befürwortet.
"Die chemisch-pharmazeutische Industrie wird jeden Euro, den die
Unternehmen durch die Einführung einer steuerlichen FuE-Förderung
erhalten, in zusätzliche Forschungsaktivitäten in Deutschland in
mindestens gleicher Höhe investieren", versicherte Bock.
Bock warnte stellvertretend für die gesamte energieintensive
Industrie in Deutschland vor politischen Konzepten, die zu weiteren
Erhöhungen der Strompreise und einer Gefährdung der
Versorgungssicherheit führten. Der VCI spricht sich daher gegen eine
nationale CO2-Steuer oder einen überhasteten Ausstieg aus der
Kohleverstromung aus. Die Klimaschutzpolitik in Deutschland müsse
sich stattdessen auf Sektoren außerhalb des EU-Emissionshandels
konzentrieren. Dieser regelt Energiewirtschaft und Industrie
klimapolitisch bereits umfassend. Die vor wenigen Wochen
verabschiedete Reform der entsprechenden EU-Richtlinie schreibe der
Industrie ab 2021 noch schärfere Emissionssenkungen vor als bisher,
so Bock. Gleichzeitig habe die EU Maßnahmen beschlossen, die den
Preis der CO2-Zertifikate und damit die Kosten für die Unternehmen
erhöhten. "Nationale Regelungen zusätzlich zum EU-Emissionshandel
wären nur Doppelregelungen ohne Nutzen für den Klimaschutz", betonte
der VCI-Präsident.
Verhandlungen über den Brexit
Die chemisch-pharmazeutische Industrie beobachtet die
Verhandlungen zwischen Brüssel und London über den Brexit aufmerksam.
Großbritannien ist ein wichtiger Handelspartner und einer der größten
Märkte in der EU für die Branche. 2016 verkaufte sie Produkte im Wert
von fast 12 Milliarden Euro dorthin (6,7 Prozent der deutschen
Chemieexporte). Den größten Anteil machten Spezialchemikalien und
Pharmazeutika aus. Gleichzeitig führten deutsche Chemieunternehmen
Erzeugnisse für über 6,4 Milliarden Euro (5,2 Prozent) von der Insel
ein. Dazu gehörten vor allem pharmazeutische Produkte und
Petrochemikalien.
Wie stark sich der Brexit auf die deutschen Chemieunternehmen
auswirkt, hängt vor allem vom Ergebnis der Verhandlungen ab, wie die
künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien ausgestaltet
werden. Jährliche Zoll-zahlungen von 200 Millionen Euro sind möglich,
sollte die britische Regierung Chemie- und Pharmazölle auf dem Niveau
der heutigen EU-Außenzölle einführen. Noch größere Belastungen seien
zu erwarten, wenn sich für die Branche spezifische Regulierungen -
wie zum Beispiel das Chemikalienrecht REACH oder die Zulassung von
Pflanzenschutzmitteln und Bioziden - in Zukunft unterschiedlich
entwickeln, betonte Bock. "Wir brauchen eine möglichst weitgehende
gegenseitige Anerkennung und gleiche Standards." Dafür müsse
Großbritannien durch ein umfassendes Abkommen möglichst eng an die EU
gebunden bleiben.
Der VCI vertritt die wirtschaftspolitischen Interessen von rund
1.700 deutschen Chemieunternehmen und deutschen Tochterunternehmen
ausländischer Konzerne gegenüber Politik, Behörden, anderen Bereichen
der Wirtschaft, der Wissenschaft und den Medien. Der VCI steht für
mehr als 90 Prozent der deutschen Chemie. Die Branche setzte 2016
rund 185 Milliarden Euro um und beschäftigte über 447.000
Mitarbeiter.
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Datum: 06.12.2017 - 12:30 Uhr
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