There is no free lunch - alle wollen Informationen, dafür zahlen wollen alle nicht
(ots) - Im Geschäft mit Printmedien herrscht Flaute. Alle
wollen Informationen, dafür zahlen wollen alle nicht. Auch mit
Werbung in Print lässt sich das Mediengeschäft nicht mehr
finanzieren, Gewinne fallen sowieso schon längst keine mehr ab.
Online-News dagegen boomen, in der Schweiz beruhigenderweise noch vor
allem diejenigen von Nachrichten- und Medienportalen, weniger die
«News», die in «Sozialen Medien» umverteilt werden. Doch auch die
überwiegende Masse der Informationen von Medienportalen wird frei
vernascht, nicht bezahlt konsumiert.
Auch mit Werbung online ist kein Reibach zu machen. Mit Werbung im
Netz lässt sich nur dann Geld verdienen, wenn man auf Millionen von
Nutzern setzen kann und es deshalb mehr oder weniger egal ist, wie
viel - oder wenig - eine einzelne Werbefläche kostet. Es stellt sich
also für Medienmacher die Frage: Wie Geld verdienen? Nicht um damit
reich zu werden, sondern um die Journalisten bezahlen zu können, die
die ach so gern gelesenen, gesehenen und gehörten News, Artikel,
Hintergrundeinsichten, Reportagen und Kommentare erarbeiten. Bereits
wird über staatliche Leistungen für unabhängige Medien diskutiert,
weil selbige schliesslich demokratierelevant seien ... eine Aussicht
auf Hilfe, bei der sich jedem Journalisten der unabhängige Magen
umdreht.
Aber wenden wir uns ab von der Mängelverwaltung hin zu dem, was
funktioniert: Informationsformate, die aktuell boomen, sind
Bewegtbild - also jede Form von Flimmerbeitrag von «Auslandsjournal»
bis «Blair Witch Project» - und Infos zum Hören. Vor allem Podcasts
erfreuen sich grosser Beliebtheit. Weil niemand mehr Zeit zum Lesen
hat und doch immer die Stöpsel in den Ohren stecken, ist ein Format,
das quasi im Vorübergehen Informationen auf die Hirn-Festplatte
spielt, höchst willkommen. Auf jeder Website finden sich irgendwo
Beiträge zum Anhören, so auch bei der Werbewoche.
Doch, Crux in Potenz, dass man sich Artikel und Kommentare nun
auch ins Ohr holen kann, eingesprochen und geschnitten von bezahlten
Profis, ist für Leserhörer nicht etwa Anlass zum Zahlen, sondern gilt
ihnen als ganz persönliche Verzierung des Gratisangebots, das sie wie
selbstverständlich regelmässig nutzen. Ganz so, als sage jemand in
der Migros beim Kauf von Äpfeln: «Nimm doch auch noch zwei Birnen und
drei Orangen. Kosten nichts.» Also ist sie wieder da, die Frage: Wie
Geld verdienen?
Wie wäre es mit Werbung in Hörformaten? Da zahlt dann zwar auch
nicht der, der den Podcast nutzt, aber jemand Drittes kann, während
es rundherum um Medienqualität geht, rasch seine neue Matratze in
Stellung bringen. Podcast-Werbung zieht, sagen die Werbetreibenden;
wenn sie auch, lassen Sie mich ehrlich sein, das schöne Werk von
Verfasser und Sprecher ziemlich an den Boden zwingen. Und von Hörern
liest man: «Kack-Matratzen-Werbung in jedem zweiten Podcast.» Die
Begeisterung hält sich also in Grenzen. Die Lebensdauer dieses
Modells vermutlich auch.
E-Books sind ein Hörformat, das rund ums Millennium Angst machte.
Sie seien das Ende des Buchs, hiess es, was damals schon Quatsch war.
Heute haben sich E-Books zu einem zusätzlichen Schmökerangebot
gemausert, für das, im Unterschied zu Online-News, meist bezahlt wird
- wenn auch nicht so viel wie für ein Buch. Auf der Frankfurter
Buchmesse wurde nun über eine weitere Antwort auf die Frage «wie Geld
verdienen?» debattiert: Werbung in E-Books. Technisch kein Problem,
aber was sagen E-Leser? Dpr - das digitale Magazin für die
Medienbranche startete dazu eine Blitzumfrage: 43 Prozent der
Antwortenden waren strikt gegen Werbung in E-Books, 19 Prozent war es
egal, und 38 Prozent reagierten positiv, aber knüpften ihre Akzeptanz
von E-Book-Werbung an Bedingungen, beispielsweise wollen sie nur
Werbung für Bücher und eine Platzierung am Ende des Buches. Ich habe
eine einfache Lösung für den Clash zwischen unerwünschter Werbung,
gratis genutzten Inhalten und der wachsenden Unmöglichkeit, mit
realer Arbeit reales Geld zu verdienen: eine klare Trennung zwischen
Schreibleistung und Werbung; und ein fester Preis für genutzte
Arbeitsleistung.
Die Wichtigkeit von Geschriebenem für die menschliche Meinungs-
und Herzensbildung und damit für das Vorankommen jedes Einzelnen ist
nicht verhandelbar, egal ob es um Literatur, oder um Journalismus
geht. Die Briten sagen: «There is no such thing as a free lunch.» Es
gibt nichts umsonst, selbst der Tod kostet das Leben. Auch das ist
nicht verhandelbar.
Und in diesem Fall, lieber Leser, müssen Sie für den Lunch zahlen.
Dafür dürfen Sie wieder entscheiden, was Sie essen.
Editorial von Werbewoche-Chefredaktorin Anne-Friederike Heinrich
aus der heute erschienenen Werbewoche 19/2017, Werbewoche.ch.
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Datum: 17.11.2017 - 07:55 Uhr
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