Schauspielerin Christiane Hörbiger: "Für mich ist Selbstmord eine Sünde"
(ots) - "Die Trauer begleitet mich. Egal, wo ich bin",
bekennt Christiane Hörbiger (78) im Interview mit der Zeitschrift
FRAU IM SPIEGEL. Nachdem ihr Lebensgefährte, der österreichische
Autor und Theaterintendant Gerhard Tötschinger (70), vor gut einem
Jahr an einer Lungenembolie gestorben war, hatte die preisgekrönte
Schauspielerin Hilfe beim Psychiater gesucht. Jetzt tue es immer noch
sehr weh. "Es ist ein Schmerz, der in keinster Weise weniger wird",
sagt Christiane Hörbiger gegenüber FRAU IM SPIEGEL. Das Grab sei kein
Trost für sie. "Gerhard ist ja nicht dort unten in der Erde. Seine
Seele ist im Himmel. Ich schaue gern nach oben. Auch wenn das
natürlich eine sehr kindliche und naive Vorstellung ist."
Hilfe bei einem Psychiater zu suchen, sei für sie der "richtige
Schritt" gewesen. "Ich hatte zeitweise Schuldgefühle, ob ich zu wenig
für meinen geliebten Lebensmenschen getan habe und ob ich etwas hätte
verhindern können", so Hörbiger. Durch die Gespräche mit dem
Psychiater habe sie Antworten auf Fragen gefunden, die sie aufgewühlt
hatten. Inzwischen habe sich ihr Inneres in dieser Hinsicht beruhigt.
Was ihr der Psychiater geraten hat? - "Ich hatte alles, was mich
bewegte und worüber ich tretmühlenartig grübelte, aufgeschrieben. Er
sagte mir, ich soll den Zettel zerreißen und wegschmeißen. Es hat
geholfen", erzählt sie. Nach wie vor sei der Psychiater für sie da.
"Wenn ich Hilfe brauche, gehe ich zu ihm."
Sie habe sich für den Weg "Kopf hoch und nach vorne sehen"
entschlossen. "Ich muss mich manchmal zwingen, nicht rückwärts zu
schauen. Der Blick in die Zukunft gibt mir aber ein wenig Kraft",
erläutert die 78-Jährige. "Ich bin nach wie vor neugierig auf das,
was das Leben noch so für mich bereithält. Ich trage trotz allem eine
gewisse Vorfreude in mir."
Mit dem Tod setzt sich Christiane Hörbiger auch in dem Drama "Die
letzte Reise" (2.10., 20.15 Uhr, ARD) auseinander. Weil sie als
pensionierte Lehrerin Katharina keinen Lebensmut mehr hat, will sie
sterben. Katharinas Wunsch, den selbstbestimmten Freitod in der
Schweiz zu wählen, kann Hörbiger nicht nachvollziehen. "Auch wenn
Katharina an Arthrose und einer Lungenerkrankung leidet, hat sie
nicht das Recht, ihrem Leben ein Ende zu setzen", findet die
Schauspielerin. "Ich bin katholisch. Für mich ist Selbstmord eine
Sünde, eine selbstanmaßende Nichtachtung des Lebens."
Auch unerträgliche Schmerzen wären für sie keine Rechtfertigung
für einen Freitod. Christiane Hörbiger: "Die Medizin ist so
fortgeschritten, dass man nicht ständig Schmerzen haben muss. Selbst
wenn das für mich Schlimmste eintreten sollte, nämlich, dass meinem
Sohn etwas passieren würde, könnte ich mein Leben nicht beenden." Als
Zwölfjährige versprach sie ihrem Vater Attila Hörbiger, sich nie das
Leben zu nehmen. "Wir beide standen auf unserer Terrasse in meinem
Elternhaus in Grinzing", erinnert sie sich. "Ich kam gerade aus der
Klosterschule. Dort hatten wir das Thema Selbstmord besprochen. Mein
Vater wollte mein Ehrenwort, dass ich mich niemals umbringen werde."
Angst vor dem Tod hat Christiane Hörbiger "eigentlich nicht". Sie
habe eher Angst davor, "wissen zu müssen, wann ich sterben muss". Sie
bete, dass der liebe Gott sie davor bewahre. Ob sie für ihren Tod
alles geregelt hat? - "Ich habe mich damit nur kurz beschäftigt, weil
es für mich ein trauriges Thema ist", sagt sie. "Ich habe aber
rechtzeitig mein Testament gemacht. Das halte ich für enorm wichtig,
besonders für meinen Sohn. Mein Testament hat mir eine gewisse Ruhe
gegeben."
Ihre Arbeit bezeichnet sie als ihren "Lebensmotor". Die Arbeit
habe ihr geholfen, mit dem Verlust zu leben. Das Beschäftigen mit
ihren Rollen und das Lernen der Texte habe sie etwas abgelenkt. Ganz
wichtig seien auch ihre Möpse. "Vicco und Loriot sind so wunderbar,
verständnisvoll und lieb", schwärmt Hörbiger. "Ich bin zwar allein,
aber durch die beiden nicht einsam. Die zwei fordern mich. Durch sie
habe ich eine Verantwortung im Alltag. Sie wollen mit mir spazieren
gehen, sie wollen gefüttert und gestreichelt werden. Vicco und Loriot
haben mir allein durch ihre Anwesenheit über viele dunkle Stunden in
den letzten zwölf Monaten hinweggeholfen."
Und ihre Familie? - "Es ist schön zu wissen, dass da Menschen
sind, die mich bedingungslos lieben und zu mir stehen", sagt
Christiane Hörbiger. "Ich schließe mich nicht ein, sondern unternehme
etwas. So war ich vor kurzem mit meiner Schwester Maresa bei der
Aida-Premiere der Salzburger Festspiele." Sie habe eine ansteckende
Lebenslust und ein beglückendes Temperament. Aber auch ihre ältere
Schwester Elisabeth sei ihr eine große Stütze. "Mit ihr philosophiere
ich gern und spreche über das Leben. Zudem habe ich einen wunderbaren
Neffen. Und natürlich sind da noch mein Sohn und mein Enkel. Die zwei
sehe ich leider nur selten, weil sie in Amerika leben."
Demnächst dreht Christiane Hörbiger wieder. "Produzent Markus
Trebitsch und die ARD erfüllen mir einen Wunsch. Endlich darf ich
wieder eine Komödie spielen", freut sie sich. "Im nächsten Frühjahr
sollen die Dreharbeiten in Hamburg starten. Ich bin gern dort. In der
Adventszeit werde ich wieder im Michel die Weihnachtsgeschichte
lesen."
Am 13. Oktober hat Christiane Hörbiger Geburtstag. Ob sie feiern
wird? - "Es ist Gott sei Dank erst der 79. Geburtstag", sagt sie.
"Ich denke eher über meinen 80. Geburtstag nach. Ich werde ihn wohl
in einem kleinen, aber sehr feinen Rahmen in Wien begehen. Mein
verstorbener Mann hatte für Geburtstage die originellsten Ideen. Es
macht mich schon jetzt traurig, dass er nicht mehr dabei ist. Ich
vermisse Gerhard sehr."
Christiane Hörbiger hofft, ein Mutmacher für andere zu sein: "Man
soll nicht glauben, dass es das Ende ist, wenn ein geliebter Mensch
stirbt. Auch wenn es schwer ist, muss man sich aufraffen. Ich finde
es undankbar, wenn man permanent mit dem Leben hadert."
Im Alltag freut sich die Schauspielerin unter anderem über die
wärmende Sonne und Spaziergänge. Außerdem fühlt sie sich wohl, wo das
Leben pulsiert, es lustig und heiter ist. "Ich bin auch gern am
Wolfgangsee. Bei gutem Wetter stehe ich um sechs Uhr in der Früh auf
und schwimme im See", verrät sie. "Wenn die Sonne aufgeht, bedanke
ich mich beim lieben Gott für mein schönes Leben."
Und wovon träumt Christiane Hörbiger? - "Ich möchte einmal in
meinem Leben eine Transatlantik-Kreuzfahrt von New York nach Hamburg
machen. Es muss ein großartiges Gefühl sein, nach der langen Reise
wieder in Europa anzukommen."
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