Stuttgarter Zeitung: Medienwissenschaftler Pörksen kritisiert "Doppelmoral" von Talkshowmachern im Umgang mit der AfD
(ots) - Der Tübinger Medienwissenschaftler Bernhard
Pörksen hat den Wahlkampf der großen Parteien als "politisch
entleert" kritisiert. "Diesem Wahlkampf fehlt die programmatische
Polarisierung", sagte Pörksen im Interview der "Stuttgarter Zeitung"
und den "Stuttgarter Nachrichten" (Freitag). "Die Parteien der Mitte
haben keine Visionen und keine großen Entwürfe präsentiert, sich im
Klein-Klein verheddert und gelähmt durch interne Machtkonflikte
widersprüchliche Botschaften formuliert." Die populistische
Polarisierung der AfD sei auch deshalb so erfolgreich gewesen, weil
die programmatische Polarisierung der etablierten Parteien gefehlt
hätte.
Im Umgang der Medien mit der AfD habe es zwar viele gut
recherchierte Auseinandersetzungen, ein Bemühen um Genauigkeit und
die richtige Balance aus Gesprächs- und Konfrontationsbereitschaft
gegeben. "Gestört hat mich die bizarre Doppelmoral von Talkshow- und
Fernsehmachern, die meinen, sie müssten Rechtspopulisten entlarven,
aber ihren abgeschmackten Provokationen doch nur eine Plattform
liefern", sagte Pörksen.
Die CDU-Regierungschefin Angela Merkel bezeichnete der Tübinger
Medienforscher als "die heimliche Medienkanzlerin" - sie habe die
Regeln der Medienwelt verstanden, verweigere sich ihnen jedoch
systematisch. "Sie macht sich unangreifbar, indem sie die
programmatische Festlegung scheut und Konfliktthemen nicht
debattiert, sondern abräumt." Merkel lasse sich nicht treiben, ihre
Ruhe wirke gerade in der widersprüchlichen Stimmungsmischung aus
Zufriedenheit, diffuser Zukunftsangst und Wut an den Rändern als
Stabilitätsgarantie. SPD-Herausforderer "Martin Schulz hätte in
dieser Situation nur durch einen lange vorbereiteten Gegenentwurf,
eine durchgearbeitete Programmatik punkten können", sagte Pörksen.
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Datum: 21.09.2017 - 15:00 Uhr
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