Kultur ist wichtiger als Strategie (FOTO)
(ots) -
Unternehmen schauen gerne auf Sport-Mannschaften und wie sie es
schaffen, erfolgreich zu sein. Für Raoul Korner, Head Coach des
Basketball-Bundesligisten medi bayreuth, steht das Team an erster
Stelle. Der gebürtige Wiener führte die Bayreuther Basketballer in
der Saison 2016/2017 erstmals nach 1996 wieder in die Playoffs. Mit
dem vierten Platz nach der Hauptrunde waren sie sogar das
Überraschungsteam der Liga. Sie überzeugten mit Teamwork und
Siegeswillen. Im Interview verrät Korner seine Einstellung zu Führung
und Motivation. Er gibt Tipps, wie sich Teamgeist vom Sport auf
Unternehmen übertragen lässt und welche Form der Wertschätzung er für
unverzichtbar hält.
Herr Korner, Sie legen großen Wert auf Teamarbeit - was sind die
wichtigsten Punkte, damit diese funktioniert?
Der erste Punkt ist, dass das Team ein gemeinsames übergeordnetes
Ziel hat. Dieses Ziel muss stärker und größer sein als die
individuellen Ziele der einzelnen Personen. Der zweite Punkt ist eine
gewisse Logik in der Zusammenstellung eines Teams mit Rollen und
Aufgaben. Es ist wichtig, dass jeder seine eigene Rolle ausfüllt und
die Rolle des jeweils anderen nicht nur akzeptiert, sondern auch
respektiert. Drittens benötigt eine Mannschaft eine Führung, nicht
nur von oben herab über den Coach oder den Chef, sondern auch
innerhalb der Mannschaft. Das heißt, es müssen sich Führungspersonen
entwickeln, die innerhalb der Gruppe Verantwortung übernehmen und die
Gruppe antreiben. Damit einhergehend sollte eine entsprechend gute
Teamchemie entstehen.
Im Sport definieren Spielregeln den Rahmen - für wie wichtig
halten Sie Spielregeln im beruflichen Alltag?
Überall, wo mehrere Menschen zusammenarbeiten, muss es Spielregeln
geben - sowohl im Berufs- als auch im Privatleben. Entscheidend ist,
dass jeder seine Rolle im Kollektiv kennt und sich so verhält, dass
das Wohl der Allgemeinheit oder des Teams über den individuellen
Präferenzen steht. Es macht meiner Meinung nach keinen Sinn,
unendlich viele Regeln aufzustellen. Ich bin ein Freund davon, dass
man Grundsatzregeln aufstellt, die eher einer Kultur entsprechen. Wir
haben zum Beispiel eine Regel, dass wir die Zeit unserer Gegenüber
respektieren. Das heißt, wir sind pünktlich - egal ob zum Training,
zum Spiel, zur Besprechung oder zur Physiotherapie. Eine andere Regel
heißt ,Professionelles Auftreten außerhalb des Spielfeldes''. Sie
umfasst, wie wir uns kleiden, wie wir uns anderen Menschen gegenüber
verhalten, wie wir mit dem Thema Alkohol umgehen und vieles mehr. Ich
muss nicht alles extra nennen und regeln, weil das eigentlich mit
dieser übergeordneten Regel getan ist. Mit einem gewissen
Selbstverständnis weiß ich, was alles darunter fällt. Aber das
Selbstverständnis muss natürlich geschult werden und somit sind wir
bei dem wichtigen Thema ,Kultur schaffen innerhalb einer
Organisation''. Es heißt nicht umsonst: ,Die Kultur verspeist die
Strategie zum Frühstück.'' Sie ist wichtiger als jede Strategie.
Sie suchen nach den besten Spielern für Ihr Team. Welche Tipps
haben Sie für einen Unternehmer? Wie findet dieser den passenden
Mitarbeiter?
Es gibt das fachliche und das charakterliche Kriterium. Beide
gewichte ich gleich. In meinem Fall heißt das, ein Spieler muss
sowohl das fachliche Anforderungsprofil erfüllen als auch
charakterlich, also von seiner Einstellung und Persönlichkeit her,
gut passen. Daher kontaktiere ich so ziemlich jeden, der irgendwann
mal mit ihm zu tun hatte, um mir ein eigenes Bild zu machen. Passt
das Bild von dem Spieler zu unseren Vorstellungen, besteht die Chance
auf eine Verpflichtung. Ich bin der Meinung, dass man immer einen
noch besseren Spieler finden kann, aber die Herausforderung ist,
einen Spieler zu finden, der das Team besser macht. Das heißt, ich
suche nicht die besten Spieler, sondern die besten Spieler für mein
Team. Bei Mitarbeitern ist es genauso. Man wird immer einen fachlich
besseren Mitarbeiter finden, aber entscheidend ist, jemanden zu
finden, der das Team besser macht.
Ein Team kann aus sehr unterschiedlichen Charakteren mit
verschiedenen Rollen oder Aufgaben bestehen. Wie schafft man da eine
gemeinsame Teamidentität?
Das Wichtigste ist das gemeinsame Ziel, das über allem steht. Als
Führungskraft muss ich aber auch respektieren, dass jeder selbst
individuelle Ziele hat, die er verwirklichen möchte. Die Kunst und
Motivation für mich besteht darin, jedem Spieler klar zu machen, dass
das Team zählt und dass das oberstes Gebot ist. Wenn die Spieler sich
dem unterordnen, dann gehört es auch zu meinen Aufgaben, den Spielern
zu helfen, ihre individuellen Ziele zu verwirklichen. Sehr oft wird
vergessen, dass jeder mit einer anderen Motivation an die Sache
herangeht. Lasse ich das komplett unter den Tisch fallen, verliere
ich früher oder später diese Mitarbeiter.
Welches Erfolgsrezept haben Sie, um Ziele zu definieren, die
gemeinsam erreicht werden können?
Ergebnisorientierte Ziele sind wichtig und im Sport oder auch in
einem Unternehmen relevant. Sie liegen aber nicht immer
hundertprozentig in meiner eigenen Hand oder in der Hand der
Mannschaft. Daher sollte man sich auch Etappen- und
prozessorientierte Ziele setzen, die man selbst umsetzen kann und bei
denen man eine gewisse Herausforderung verspürt. Ich glaube nicht,
dass Ziele unbedingt erreichbar sein müssen. Ziele sollten auch nicht
so niedrig gesetzt werden, dass man sie immer auf jeden Fall
erreichen kann. Wer alle Ziele erreicht, steckt sich die Ziele
einfach zu niedrig. Ich halte es für sehr wichtig, sobald man ein
Ziel erreicht hat, sich immer wieder das nächste Ziel zu setzen. Das
haben wir in der letzten Saison genau so gehandhabt. Und auch wenn
wir das letzte Ziel - das Erreichen des Playoff-Halbfinals - nicht
erreicht haben, so hatten wir dennoch eine sehr erfolgreiche Saison.
Welche Möglichkeiten der Motivation nutzen Sie, wenn ein
Teammitglied nicht die gewünschte Leistung abruft?
Meine Hauptaufgabe als Trainer ist nicht, Spieler ständig zu
motivieren. Die Motivation der Spieler muss intrinsisch sein, also
aus ihnen selbst heraus entstehen. Ich kann aber Spielern helfen, die
einmal einen Durchhänger haben. Wir können das mit einem Auto
vergleichen. Ich kann einem Spieler Starthilfe geben, ihn auch
anschieben, aber irgendwann muss der Motor anspringen. Merke ich, der
Spieler hat keinen Motor, dann kann ich schieben und starten, so viel
ich möchte, es wird unterm Strich keinen Erfolg bringen. Dann wird
man sich von diesem Spieler trennen müssen. Meine Aufgabe ist es
herauszufinden, ob der Spieler einen Motor hat und welchen Knopf ich
drücken muss, damit er ständig läuft. Niemand ist immer motiviert,
auch eine Führungskraft nicht. Ich kann auch nur dann motivieren,
wenn ich selbst motiviert bin. Als Führungskraft muss ich jeden
Menschen fair und nach dem gleichen Maßstab behandeln. Ich muss aber
auch berücksichtigen, dass jeder anders ist. Wenn ich weiß, was einen
Spieler antreibt, dann weiß ich auch, wie ich ihn motivieren kann.
Andernfalls laufe ich mit meiner Motivation ins Leere.
Sind motivierende Maßnahmen überflüssig, wenn ein Team bereits
sehr gute Arbeit leistet beziehungsweise die an sich gestellten
Erwartungen übertrifft? Wie gehen Sie mit einer solchen Situation um?
Motivation kommt von motivare und heißt so viel wie ,bewegen''. Sie
ist ein dauerhafter Prozess. Im Idealfall geschieht dies von innen
heraus, also ''intrinsisch''. In dem Moment, in dem ich aufhöre, besser
zu werden, höre ich auf, gut zu sein. Dessen sollte sich ein Sportler
bewusst sein. Für ein Unternehmen gilt das übrigens auch, denn sobald
der Fortschritt aufhört, ist der Rückschritt schon eingeleitet. Als
Trainer ist es meine Aufgabe, die Mannschaft nach schmerzhaften
Niederlagen aufzurichten und ihr nach einer Siegesserie, wie wir sie
in der letzten Saison hatten, klar zu machen, dass wir uns weiter
verbessern müssen, damit es nicht eines Tages ein böses Erwachen
gibt.
Ein wichtiger Erfolgsfaktor im Job ist sicherlich die
Kommunikation zwischen Führungskraft und Mitarbeiter. Wie gelingt sie
am besten?
Eine offene, ehrliche und direkte Kommunikation ist entscheidend.
Sie sollte zeitnah mit dem aufkeimenden Problem stattfinden. Damit
fährt man am besten, auch wenn viel Energie investiert wird, denn es
ist oft einfacher, Sachen zu verschweigen oder unter den Teppich zu
kehren. Aber das wirkt sich langfristig oft negativ aus. Fairness
spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Ein Beispiel: Wenn Trainer ihre
Schlüsselspieler mit Samthandschuhen anfassen und ihre Macht an den
Schwachen demonstrieren, ist das eine Schwäche der Führungskraft.
Welche Form der Wertschätzung gegenüber Mitarbeitern halten Sie
für unverzichtbar?
Eine ehrliche Wertschätzung. Wenn man nur lobt, um zu loben, ist
es unglaubwürdig. Jeder Mitarbeiter kann sehr gut einschätzen, ob ein
Lob ehrlich gemeint ist oder ob er es bekommt, weil es in einem
Führungsregelbuch steht. Wenn es nichts zu loben gibt, dann wird bei
mir nicht gelobt. Wenn es umgekehrt etwas zu loben gibt, sollte man
sich dafür nicht zu schade sein. Auch die Dosis ist entscheidend.
Ständig zu loben, macht genauso wenig Sinn, wie nie zu loben.
Welche Tipps können Sie Führungskräften für den Umgang mit ihren
Mitarbeitern noch geben?
Das Allerwichtigste ist, nicht jemand anderen zu kopieren, sondern
immer man selbst zu sein. Wenn man ein harter Kerl ist, kann man ein
harter Kerl sein. Ist man das aber nicht, ist es nicht authentisch,
wenn man ihn spielt. Das heißt, es muss jeder einen Führungsstil
finden, der seinem Charakter entspricht. Mitarbeiter spüren auch, ob
es einer Führungskraft wirklich um das Team geht oder nur um sich
selbst. Sorge ich mich ehrlich um meine Mitarbeiter, besteht eine
gute Chance, dass sie gewillt sind, von sich aus mehr zu geben. Dann
klappt es auch mit der Motivation.
Herr Korner, wir danken Ihnen für das Gespräch.
medi - ich fühl mich besser. Das Unternehmen medi ist mit
Produkten und Versorgungskonzepten einer der führenden Hersteller
medizinischer Hilfsmittel. Weltweit leisten rund 2.400 Mitarbeiter
einen maßgeblichen Beitrag, dass Menschen sich besser fühlen. Die
Leistungspalette umfasst medizinische Kompressionsstrümpfe, adaptive
Kompressionsversorgungen, Bandagen, Orthesen,
Thromboseprophylaxestrümpfe, Kompressionsbekleidung und
Schuh-Einlagen. Darüber hinaus fließen mehr als 65 Jahre Erfahrung im
Bereich der Kompressionstechnologie in die Entwicklung von Sport- und
Fashion-Produkten der Marken CEP und ITEM m6. Das Unternehmen liefert
mit einem weltweiten Netzwerk aus Distributeuren und eigenen
Niederlassungen in über 90 Länder der Welt.
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Datum: 06.09.2017 - 08:00 Uhr
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