GIN: Tragwerke mit BIM effizienter planen
GIN-Vorstandsmitglied und Technischer Ausschuss Interessenverband Nagelplatten e.V. Dipl.-Ing. Konrad Meier zu den Vorteilen der Planungsmethode Building Information Modeling für den Tragwerksbau
(IINews) - Building Information Modeling soll das Planen transparenter, die Umsetzung schneller und das Ergebnis besser machen. Der Bund ist von BIM überzeugt und schreibt die Planungsmethode für größere öffentliche Bauvorhaben ab 2025 verbindlich vor. Dipl.-Ing. Konrad Meier, der sich im Hauptberuf mit den Eigenschaften von Nagelplatten und dem Einsatz dieses weltweit bewährten Holzverbindungsmittels befasst, sieht BIM als Chance, den Tragwerksbau mit Nagelplattenbindern noch effizienter zu gestalten.
Redaktion: Herr Meier, inwiefern kann BIM die Tragwerksplanung optimieren? Welchen hauptsächlichen Nutzen ziehen die Baubeteiligten aus dem digitalen Datenaustausch nach Methode BIM?
Konrad Meier: BIM macht die Tragwerksplanung für alle Baubeteiligten transparent, das Ergebnis vorhersehbar und die entstehenden Gebäude dadurch sicher, dass Kollisionen verschiedener Gewerke früher erkannt und vermieden werden können.
Redaktion: Wie kann man sich das vorstellen?
Konrad Meier: Beim Planen nach BIM entsteht das komplette Gebäude zunächst rein virtuell am Rechner. Alle Bauteile existieren dabei nur als Datensatz. Wir schaffen mit BIM am Bildschirm eine Art gläserne Baustelle, zu der alle Konstrukteure per Datenleitung Zutritt haben. Die Mitwirkenden sind über den aktuellen Planungsstand jederzeit im Bilde und erleben zeitgleich mit, wie das Gebäude mit jeder Dateneingabe wächst. Dabei können sie zugleich verfolgen, welche Auswirkungen selbst kleinste Detailänderungen nach sich ziehen. Kollisionen lassen sich somit erkennen und unerwünschte Folgen durch rechtzeitiges Umplanen vermeiden. Da alles so lange verändert werden kann, bis das virtuelle Modell in jeder Hinsicht perfekt ist, nimmt die Zahl unerkannter Baumängel drastisch ab. Mit anderen Worten: BIM macht das Bauen dadurch sicher, dass das Ergebnis, das nachfolgend in der Wirklichkeit entstehen soll, zu annähernd 100 Prozent vorhersehbar ist.
Redaktion: Der Zufall wird dank BIM ebenso eliminiert wie Planungsfehler?
Konrad Meier: In der Tat, zumindest nach der reinen BIM-Lehre. Allerdings sind Theorie und Praxis bekanntlich zweierlei Paar Schuhe. Was das Planen nach Methode BIM angeht, hinkt die Praxis der Theorie in Deutschland noch beträchtlich hinterher.
Redaktion: Aber ist es denn nicht so, dass bei hohen Vorfertigungsgraden, wie sie insbesondere im Holzbau längst üblich sind, Baumängel durch engmaschige werksseitige Kontrollen weitestgehend ausgeschlossen werden können?
Konrad Meier: Der Holzbau ist für maßgenaue Vorfertigung bekannt und umso mehr für das Planen nach BIM prädestiniert. Ein Beitrag zum offenen Datenaustausch leisten die im GIN organisierten Nagelplattenbinderhersteller bereits, indem sie die statische Bemessung des Tragwerks als Inklusivleistung vornehmen und datentechnisch zur Integration in die Hauptstatik des Gebäudes vorbereiten. Der Hauptstatiker des Auftraggebers kann die Bemessung somit direkt in die Gesamtplanung des Baukörpers übernehmen. Das ist, wie gesagt, ein besonderer Vorteil, den Tragwerksbauer im GIN der Bauwirtschaft bieten.
Redaktion: Auf konventionell gemanagten Baustellen geht es anders zu?
Konrad Meier: Bei den meisten Bauvorhaben herrscht von der Planung über die Ausführung bis zur Abnahme das sattsam bekannte Nacheinander. Dabei haben die Ausführenden von den arbeitstechnischen Erfordernissen vor- und nachgelagerter anderer Gewerke oftmals nur wenig Ahnung. BIM macht mit dieser fehleranfälligen Situation Schluss, weil alle Disziplinen schon vor Baubeginn an einem Tisch sitzen, den Planungsstand vor Augen haben und sich auf den besten gemeinsamen Weg einigen müssen. BIM ist Teamarbeit und erfordert Kommunikation über Soll und Sein; den Erfolg erzielen am Ende alle gemeinsam.
Redaktion: Mit BIM geht also mehr?
Konrad Meier: Das Besondere an BIM ist, dass der Austausch relevanter Daten nicht etwa nur in eine Richtung stattfindet, sondern wechselseitig und multidirektional zwischen allen Gewerken erfolgt, die bei einem Bauvorhaben miteinander in Berührung kommen.
Redaktion: Wenn es verschiedene Ausführungswege gibt, muss es zwangsläufig eine Instanz geben, die entscheidet, was wie zu erfolgen hat - wer hat bei BIM das Sagen?
Konrad Meier: Die Evaluierung kann man sich so vorstellen: Die Dateneingaben aller Einzelgewerke landen in einem Pool und werden dort von einem Schnittstellenmanager auf Vereinbarkeit geprüft. Wenn es keine Kollisionen gibt, werden sie direkt in die Gebäudeplanung integriert. Wenn etwas klemmt, spielt der Schnittstellenmanager das Datenpaket an den Eingebenden zurück und lässt den Datensatz so ändern, dass er zum Planungsstand und allen zu berücksichtigenden baurechtlichen Vorschriften, technischen Regeln und objektspezifischen Ausführungswünschen des Auftraggebers passt, ohne in Konflikt mit anderen Gewerken zu geraten.
Redaktion: Modifikationen einzelner Datensätze betreffen häufig mehrere Gewerke - wie funktioniert der Datenaustausch nach BIM in solchen komplexen Fällen?
Konrad Meier: Der Schnittstellenmanager fungiert als Primus inter Pares, als Erster unter Gleichen. Insofern entspricht sein Aufgabengebiet der klassischen Rolle des Architekten. Als Moderator des Planungsprozesses hat er dafür zu sorgen, dass alle Datensätze miteinander harmonieren, so dass das Gebäude am Rechner wächst. Insofern ist seine Entscheidung verbindlich.
Redaktion: Wie steht es dabei um die Entwurfshoheit, das Recht am geistigen Eigentum?
Konrad Meier: Das ist ein Thema, über das sich Baujuristen Gedanken machen müssen. Aus Sicht des Technikers kann ich nur raten, der Anwendung von BIM keine unnötigen Steine in den Weg zu legen. Mit BIM sind alle Planungsbeteiligten Väter des Erfolgs - oder keiner.
Redaktion: Müssen dafür wirklich alle Planungsdaten offenliegen?
Konrad Meier: Nennen wir den wünschenswerten Zustand "projektbezogene Datentransparenz". Bei BIM geht es darum, allen Mitwirkenden, deren Gewerke Berührungspunkte aufweisen, denselben Kenntnisstand über den Planungsfortschritt einzuräumen, um gemeinsam effizienter - das heißt zielgerichteter, schneller und fehlerfreier - zu agieren. Dem Nacheinander während der realen Umsetzung geht die Gleichzeitigkeit bei der Planung am Rechner voraus.
Redaktion: Was bedeutet das aus Ihrer Sicht für die Sicherheit des späteren Bauwerks?
Konrad Meier: Dadurch, dass Kollisionen am virtuellen Gebäudemodell sofort erkennbar werden, lassen sich nachträgliche - zumeist zeitaufwändige und teure - Korrekturen in der gebauten Wirklichkeit vermeiden. Die Umplanung findet ebenfalls zunächst am Rechner statt. Ihre Auswirkungen auf andere Gewerke werden dabei wiederum deutlich.
Redaktion: Für nachträgliche Installationen muss aber eine lückenlose Dokumentation der Gebäudehistorie vorliegen - kann BIM dieser Notwendigkeit entsprechen?
Konrad Meier: Das virtuelle Gebäudemodell soll ein exaktes Abbild des realen Gebäudes sein. Während der Planung können sich die einzelnen Gewerke abstimmen. Die Ausführung wird von A bis Z dokumentiert. Dazu gehören auch die Planabweichungen. Selbst die Wartung von Bestandteilen der TGA kann geplant und dokumentiert werden. Wird im Laufe der Nutzungszeit ein Umbau erforderlich, kann dieser vorab unter Heranziehung des schon existierenden Gebäudemodells simuliert werden. Kostspielige Überraschungen auf der Baustelle, die durch nicht berücksichtigte bauliche Gegebenheiten verursacht werden, lassen sich so vermeiden. Werden sämtliche Umbaumaßnahmen dokumentiert, kann BIM selbst bei einem späteren Rückbau helfen, indem das virtuelle Modell Anhaltspunkte und produktspezifische Daten für ein Recyclingkonzept liefert.
Redaktion: Herr Meier, in Ihrem Hauptberuf arbeiten Sie für Wolf System. Werden dort schon alle Möglichkeiten genutzt, die BIM innovativen Bauunternehmen bietet?
Konrad Meier: Ich hatte eigentlich nicht vor, für meinen Arbeitgeber hier Schleichwerbung zu machen... Für angewandtes BIM ist Wolf System aber tatsächlich ein gutes Beispiel: Seit etwa drei Jahren wird bei uns alles, was aus Holz, Stahl oder Beton entstehen soll, digital geplant. Vom Entwurf über die Fertigung, den Einschluss bauseitiger Leistungen bis hin zur Montage und Endabnahme - wenn man so will, alle Arbeiten vom ersten Spatenstich bis zum letzten Dachziegel. Dabei sind sowohl die Mitarbeiter, die sich um ein bestimmtes Projekt kümmern, als auch die verschiedenen Unternehmensstandorte in Europa miteinander digital vernetzt. Gegenwärtig befassen wir uns mit einem Softwareprojekt, das die internationale Zusammenarbeit im Rahmen von BIM-basierten Gebäudeplanungen einfacher und komfortabler macht. Mehr darf und will ich hier noch nicht verraten - mit der Bitte um Verständnis.
Redaktion: Herr Meier, herzlichen Dank für dieses sehr informative Gespräch!
Das Interview mit Konrad Meier führte Achim Zielke, Baufachjournalist abp.
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* GIN Montageseminar: Seminar Nr. 17/5 am 01. September 2017 in 33039 Nieheim
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Seminar Nr. 17/3 am 14. September 2017 in Stuttgart an der HFT
Seminar Nr. 17/4 am 07. November 2017 in Braunschweig an der TU
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Datum: 01.09.2017 - 13:50 Uhr
Sprache: Deutsch
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