Artikelserie zum Thema Energieeffizienz-Netzwerke / Weniger ist mehr: Betriebe steigern ihre Energieeffizienz und verbessern ihren Unternehmenswert im Netzwerk
(ots) - Ob im Maschinenbau, in der Automobilindustrie oder
im Handwerk - überall im Land profitieren rund 1.300 Unternehmen von
der Schwarmintelligenz. Ihr Schlüssel zum Erfolg: Sie sind aktuell in
131 Energieeffizienz-Netzwerken aktiv und können ihre
Energieeffizienz doppelt so schnell steigern wie der Durchschnitt
aller Unternehmen. Sie drosseln ihren Energieverbrauch, erhöhen den
Unternehmenswert und beflügeln die Energiewende.
Von Fischen lernen, heißt effizient werden: "Fischschwärme
vollbringen oft Leistungen, die dem einzelnen Tier nicht möglich
sind. Der Schwarm sorgt dafür, dass seine Angehörigen einfacher
Fressen finden, Feinde rechtzeitiger erkennen oder sich erfolgreicher
fortpflanzen können. Auch beim Menschen fallen kollektiv getroffene
Entscheidungen oft besser aus, als die Wahl von Einzelkämpfern", so
lehrt der Verhaltensbiologe und Schwarmintelligenz-Forscher Jens
Krause. Dieses einfache Prinzip nutzen viele Unternehmer. In
Energieeffizienz-Netzwerken finden sie Knowhow, Erfahrungsaustausch
und Impulse für Innovationen. Sie senken ihren Energieverbrauch und
die Energiekosten auf ein Minimum. Ihre Devise: Weniger ist mehr.
Gemeinsam effizienter ans Ziel
Im Schulterschluss mit Gleichgesinnten steigern Betriebe ihre
Energieeffizienz doppelt so schnell wie der Durchschnitt aller
Unternehmen, die es als Einzelkämpfer versuchen, laut einer
Auswertung der Deutschen Energie-Agentur (dena). 94 Prozent der
Betriebe machten in Effizienz-Netzwerken positive Erfahrungen und
würden diese Form der Kooperation anderen Unternehmen
weiterempfehlen, zeigt das Ergebnis einer Umfrage der dena vom Juli.
Sie wurde von der dena beauftragt, welche die Netzwerk-Initiative im
Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi)
bundesweit koordiniert.
Die Betriebe profitieren vom Wissenstransfer, von guten oder
schlechten Erfahrungen anderer und spornen sich im Team an, ihre
gemeinsamen Effizienzziele zu erreichen oder gar zu übertreffen. Die
Idee findet mehr und mehr Anhänger: Rund 1.300 Unternehmen haben
inzwischen 131 solcher Energieeffizienz-Netzwerke gegründet.
Mindestens 5 bis maximal 15 Unternehmen verschiedener Branchen aus
einer Region oder innerhalb einer Branche verbünden sich in der Regel
für zwei bis drei Jahre in einem moderierten Netzwerk, das von einem
Energieberater begleitet wird. Nach der Analyse ihrer jeweiligen
Effizienzpotenziale legen sie ein gemeinsames, verbindliches
Einsparziel für ihr Netzwerk fest, das sie an die dena melden und
dessen Umsetzung durch ein externes Monitoring geprüft wird. Drei
Viertel (74 Prozent) der bislang in Netzwerken aktiven Unternehmen
haben mit der Umsetzung ihrer Effizienzmaßnahmen begonnen.
Die Initiative Energieeffizienz-Netzwerke ist eine Maßnahme des
Nationalen Aktionsplans Energieeffizienz (NAPE) der Bundesregierung
und startete vor zweieinhalb Jahren. Das Ziel der von 22
Wirtschaftsverbänden gemeinsam mit dem Bundeswirtschafts- und
Bundesumweltministerium getragenen Initiative ist, dass sich 500
Effizienz-Netzwerke etablieren sollen und den Ausstoß des für das
Klima schädlichen Treibhausgases CO2 bis im Jahr 2020 insgesamt um
rund fünf Millionen Tonnen verringern. Das entspräche dem jährlichen
CO2-Ausstoß einer mittleren Großstadt.
Effizienz ist der Schlüssel zu geringerem Energieverbrauch. Jede
nicht verbrauchte Kilowattstunde trägt zum Klimaschutz bei: sie muss
weder produziert, transportiert noch gespeichert werden. Deutschland
muss seinen Primärenergieverbrauch bis 2050 halbieren, damit es seine
Klimaziele erreichen kann. Ohne die Mitwirkung der Wirtschaft geht
das nicht. Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleister verbrauchten
mit 45 Prozent im Jahr 2015 fast die Hälfte der gesamten Endenergie
in Deutschland laut dem Umweltbundesamt.
"Dicke Brummer" schlank machen
Zu Beginn der Netzwerkarbeit gehen die Energieberater in jeden
Betrieb. Sie ermitteln den Ist-Zustand des Energieverbrauchs und
Einsparpotenziale. Auf dieser Grundlage schlagen sie den Unternehmen
Effizienzmaßnahmen vor, mit denen diese ihren Verbrauch und ihre
Energiekosten senken können. Die jeweiligen Einsparziele werden
schließlich zu einem Gesamtziel des Netzwerks kumuliert.
"Wir schauen uns zunächst die dicken Brummer an. In der Regel sind
es nur wenige Prozesse im Unternehmen, die zusammen so etwa 80
Prozent des Energieverbrauchs ausmachen", erklärt Professor Ulrich
Nissen von der Hochschule Niederrhein. Er hat die
NEW-Stiftungsprofessur für Controlling & Energiemanagement inne und
begleitet als Moderator und Energieberater das im Dezember 2015
gestartete Netzwerk "Energiekostenmanagement DIALOG" am Niederrhein.
Nissen zählt einige dieser "dicken Brummer" exemplarisch auf: alte
Druckluftstationen und -systeme, die weder optimale Wirkungsgrade
noch Wärmerückgewinnung und zudem Leckagen aufweisen.
Wärmerückgewinnung generell habe enormes Potenzial. Ebenso wurden
Einsparpotenziale bei Antriebsprozessen sowie der Wärmedämmung von
Hochtemperaturöfen und bei der Energieversorgung von Gebäuden
identifiziert.
Verbrauch runter, Unternehmenswert hoch
In seinem Netzwerk haben sich sieben Unternehmen am Niederrhein
aus komplett unterschiedlichen Branchen verbündet. Sie vereinbarten
verbindlich, über die Laufzeit von vier Jahren bis 2019 gemeinsam
circa 80 Millionen Kilowattstunden Energie einzusparen. Das
entspricht dem jährlichen durchschnittlichen Stromverbrauch von circa
20.000 Drei-Personenhaushalten.
Ein wichtiger Beitrag zur Energiewende und zum Klimaschutz, der
zudem die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stärkt: Die geplante
Energiekosteneinsparung während der vierjährigen Laufzeit des
Netzwerks vom Niederrhein liegt bei insgesamt 4,4 Millionen Euro. Und
das bei einem geschätzten Zeitaufwand von nur vier bis fünf Stunden
im Monat für die Unternehmen. Energieeffizienz lohnt sich für die
Unternehmen und das Klima: Im Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz
der Bundesregierung (NAPE) heißt es dazu, dass bis 2020 insgesamt
etwa 18 Milliarden Euro Energiekosten durch Energieeffizienzmaßnahmen
gespart werden könnten.
Die Wirtschaftlichkeit der Effizienzmaßnahmen hat Professor Nissen
von Anfang an auch im Blick: Für jede einzelne Maßnahme wird die
Auswirkung auf die Wertsteigerung des Unternehmens berechnet. Nur
wertsteigernde Maßnahmen werden ausgewählt. Die geschätzte Summe für
alle Unternehmen des Netzwerks ist beeindruckend: Die Wertsteigerung
liegt gemessen an den von den Geschäftsleitungen genehmigten
Effizienz-Maßnahmen bei insgesamt 17,4 Millionen Euro.
Auch kleine Fische werden im Schwarm groß
Doch nicht nur die großen Fische, auch kleine Betriebe etwa im
Handwerk profitieren von der Kooperation im Effizienz-Netzwerk.
Waltraud Schöne, Mitinhaberin einer Goldschmiede in Essen, wollte
schon lange an der Schraube ihrer jährlich steigenden Energiekosten
drehen. Sie zeigt sich begeistert von der Erfahrung, das gemeinsam im
Netzwerk mit acht weiteren Unternehmerfrauen aus dem Handwerk
anzugehen: "Wenn man erst einmal angefangen hat, mit Energie
effizient umzugehen, wird es fast zur Sucht. Wir merken jetzt, was
wir im Handwerk beitragen können, um das Klima zu schützen und diesen
Gedanken weiter zu pflanzen."
Ineffiziente Beleuchtung etwa war bei allen Handwerksbetrieben ein
Thema. Alte Leuchtstoffröhren wurden inzwischen durch effiziente
LED-Beleuchtung ersetzt. Mit dem Einsatz von Wärmekameras konnten
Energieverluste in Werkstatt und Laden ermittelt und mittels
Abdichtungen leicht gestoppt werden. Dadurch wurde zudem das
Raumklima der Goldschmiede spürbar verbessert, berichtet Waltraud
Schöne und freut sich über den positiven Nebeneffekt des
Energiesparens.
Ein Fokus des Essener Netzwerks lag neben technischen
Effizienzmaßnahmen vor allem darauf, wie durch einfache
Verhaltensänderungen der Mitarbeiter die tägliche
Energieverschwendung gestoppt werden kann. So gehören nun etwa
stromfressende Geräte im Standby-Betrieb, obwohl sie nicht genutzt
werden, der Vergangenheit an.
Bis zu zehn Prozent Einsparpotenzial schlummern in
Handwerksbetrieben, vermutet Jörg Wegener, Energieberater von der
Energiegenossenschaft Rhein-Ruhr, der das Essener Netzwerk fachlich
begleitet. Die neun Handwerksbetriebe vereinbarten für die
zweijährige Laufzeit ihres Netzwerks rund fünf Tonnen CO2 weniger
auszustoßen. Diese Einsparung entspräche dem CO2-Ausstoß von circa
700.000 Fahrtkilometern eines Mittelklassewagens. Auch kleine Fische
werden im Schwarm stärker und effizienter.
Infobox Energieeffizienz-Netzwerke
Aktuell sind in Deutschland rund 1.300 Unternehmen in 131
moderierten Netzwerken unter dem Dach der Initiative Energieeffizienz
Netzwerke aktiv, die von der Bundesregierung und 22
Wirtschaftsverbänden unterstützt wird. Die Geschäftsstelle wird von
der dena (Deutsche Energie-Agentur) geführt und vom Bundesministerium
für Wirtschaft und Energie finanziert. Derzeit werden
Energieeffizienz-Netzwerke in drei Bundesländern finanziell
unterstützt: Baden-Württemberg, Hessen und Niedersachsen. Weitere
Bundesländer fördern indirekt über Beratung und Information seitens
Dritter. Wer ein Netzwerk gründen will, findet hier alle
Informationen: effizienznetzwerke.org oder unter: http://www.deutschl
and-machts-effizient.de/KAENEF/Redaktion/DE/Standardartikel/Dossier/C
-energieeffizienznetzwerke.html
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Datum: 08.08.2017 - 08:30 Uhr
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