Medien haben gewalttätigen Ausländer als Angstfigur neu entdeckt / Medienmagazin journalist stellt Ergebnisse einer aktuellen Studie zur Berichterstattung über Geflüchtete und Zuwanderer vor
(ots) - Seit der Kölner Silvesternacht 2015/2016 hat sich
der mediale Blick auf Flüchtlinge und Zuwanderer deutlich verändert:
Sie geraten vor allem als mutmaßliche Gewalttäter in den Fokus der
Berichterstattung, während die wachsende Gewalt gegen Flüchtlinge
kaum thematisiert wird. Das belegt eine aktuelle Studie. "Die
deutschen Medien haben den gewalttätigen Einwanderer als Angstfigur
neu entdeckt", resümiert Thomas Hestermann. Der Medienwissenschaftler
ist Journalismus-Professor an der Hochschule Macromedia und stellt in
der August-Ausgabe des Medienmagazins journalist die wichtigsten
Ergebnisse seines aktuellen Forschungsprojekts vor, das er in
Zusammenarbeit mit der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen und dem
Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen verantwortet.
Von den vier überregionalen Zeitungen und acht
reichweitenstärksten deutschen Fernsehsendern, die in der Studie
untersucht wurden, fiel besonders die Bild-Zeitung auf. Im
untersuchten Zeitraum zwischen Januar und April 2017 berichtete Bild
vor allem dann über Ausländer, wenn diese einer Straftat verdächtigt
werden - das war in 64,3 Prozent der Berichte der Fall. Süddeutsche
Zeitung (39,5 Prozent) und Frankfurter Allgemeine Zeitung (38,2
Prozent) thematisieren seltener Kriminalität. Nur in der taz geht es
mit 18,6 Prozent der Artikel über Nichtdeutsche deutlich weniger um
Straftaten. Die Berichte der meistgesehenen Fernsehnachrichten
beziehen sich in 52,2 Prozent der Fälle auf Kriminalität.
In der Fernsehberichterstattung habe sich der Anteil der Berichte,
in denen Gewalt nichtdeutscher Tatverdächtiger thematisiert wird,
seit 2014 vervierfacht - während der Anteil nichtdeutscher
Tatverdächtiger in der Kriminalstatistik lediglich um ein Drittel
anstieg. Im Gegensatz dazu wird im Fernsehen heute nur halb so oft
über nichtdeutsche Opfer von Gewalttaten berichtet wie 2014, obwohl
die Statistik des Bundeskriminalamts einen Anstieg nichtdeutscher
Gewaltopfer verzeichnet.
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Wenn es in den Medien um
Geflüchtete und Zuwanderer geht, bleibt die Sicht der Betroffenen
meist außen vor. In der Bild-Zeitung kommt nur in einem von 28
Artikeln ein nichtdeutscher Gesprächspartner zu Wort, das entspricht
einer Quote von 3,6 Prozent. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung
bezieht immerhin in 20 Prozent der untersuchten Artikel (11 von 55
Artikeln) die Sicht der Betroffenen mit ein.
Die Studie untersuchte 283 Artikel im überregionalen
redaktionellen Teil von Süddeutscher Zeitung, Frankfurter Allgemeine,
Bild und taz im Zeitraum von Januar bis April 2017 sowie 67
TV-Beiträge aus den Hauptnachrichten von ARD, ZDF, RTL, RTL2, Sat.1,
ProSieben, kabel eins und Vox zu Nichtdeutschen in Deutschland.
Details der Studie lesen Sie in der August-Ausgabe des Medienmagazins
journalist, die Anfang August erscheint.
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Datum: 31.07.2017 - 11:00 Uhr
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