Es bleibt bei Diesel-Fahrverboten in München ab 2018 - Deutsche Umwelthilfe begrüßt Transparenzoffensive von Oberbürgermeister Reiter beim Dieselabgasgift NO2
(ots) - Das durch Ministerpräsident Seehofer rechtswidrig
über drei Wochen hinweg zurückgehaltene Gutachten zur Luftqualität in
München zeigt eine alarmierende Belastung mit dem Dieselabgasgift
Stickstoffdioxid - Bayerische Staatsregierung will Autoindustrie
erlauben, bei unter +10 Grad Celsius weiterhin stark erhöhte
Abgasmengen auszustoßen - Höchstrichterliche Entscheidung zur
umsetzungsreifen Vorbereitung von Diesel-Fahrverboten bis zum
31.12.2017 unverändert in Kraft - DUH wirft Staatsregierung zudem
Beschönigung der Situation durch die Verwendung veralteter
Emissionsfaktoren vor
Über drei Wochen hinweg hat Ministerpräsident Horst Seehofer ein
Gutachten über die Belastung der Münchner Luft mit dem
Dieselabgasgift Stickstoffdioxid (NO2) rechtswidrig zurückgehalten.
Am 18.7.2017 wurde dieses nun zusammen mit einem aktionistisch
geprägten aber weitgehend inhaltsleeren Kabinettsbeschluss
veröffentlicht. Die Daten zur Luftbelastung der zweitschmutzigsten
Stadt Deutschlands zeigen, dass nicht nur an den wenigen bisher
bekannten Messpunkten, sondern an 123 Kilometern des
Hauptverkehrsstraßennetzes der Landeshauptstadt Überschreitungen des
Luftqualitäts-Grenzwertes für NO2 auftreten.
Dazu erklärt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen
Umwelthilfe (DUH): "In all den Jahren wurde die Diskussion um die
Münchner Luft nur punktuell zu den beiden Hauptbelastungspunkten
Stachus und Landshuter Allee geführt. Das nun vorliegende Gutachten
macht deutlich, dass aber die gesamte Innenstadt von München und
viele Außenbereiche mit giftigen Dieselabgasen zum Teil extrem
belastet sind. Grenzwertüberschreitungen finden sich an 37 Prozent
der Hauptverkehrsstraßen mit Randbebauung - entlang der Straßen also,
an denen Menschen wohnen und arbeiten, Kinder in die Kita oder zur
Schule gehen oder Passanten unterwegs sind, um Erledigungen zu
tätigen."
Eine erste Analyse des Gutachtens zeigt, dass die
Belastungssituation in Wirklichkeit noch gravierender ist, als
angenommen. So musste die DUH feststellen, dass für das Gutachten zu
niedrige und damit falsche Realemissionsdaten für Diesel-Fahrzeuge
verwendet wurden. Dabei hat das Umweltbundesamt gemeinsam mit
Umweltministerin Barbara Hendricks bereits am 25. 4. 2017 die neuen
Emissionsfaktoren im "Handbuch für Emissionsfaktoren", Version 3.3
bekannt gegeben. Demnach sind die realen NOx-Emissionen aus
Diesel-Pkw bei Euro 4 Pkw um 24 Prozent höher, bei Euro 5 um 34
Prozent und bei Euro 6 sogar 92 Prozent höher, als in der vorherigen
Fassung, auf denen jedoch das Münchner Gutachten basiert. Es ist für
die DUH nicht nachvollziehbar, warum das Luftqualitätsgutachten
München diese aktualisierten Werte ignoriert und stattdessen allein
für die auf der Straße besonders schmutzigen Euro 6 Diesel-Pkw einen
"Zuschlagsfaktor" von 1,7 innerorts annimmt.
Eine klare Absage erteilt die DUH der Absicht der Landesregierung,
anstelle wirkungsvoller Dieselfahrverbote eine Kaufförderung für
Diesel-Pkw und erneute Softwaremanipulationen der Hersteller treten
zu lassen: "Was hat Seehofer geraucht, dass er zur Senkung der
Konzentration des Dieselabgasgiftes NO2 die steuerliche Förderung des
Neukaufs schmutziger Diesel fordert und den Autobauern, die bereits
überführt sind, betrügerische Software zu verbauen, erlauben will,
neue Software-Manipulationen nun mit freistaatlichem Segen
durchzuführen? Besonders ärgerlich: Im Winterhalbjahr unter +10 Grad
Celsius sollen die Diesel-Pkw so dreckig bleiben wie bisher. Wir
werden mit allen uns zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln dagegen
ankämpfen, dass der Automobilindustrie unwirksame Placebo-Lösungen
erlaubt werden, die zulassungsrechtlich illegal sind und die
Gesundheit der Menschen schädigen. Wann erkennen endlich auch
süddeutsche Ministerpräsidenten, dass es prioritär ist, sich um die
Vermeidung von aktuell 10.600 vorzeitigen Todesfällen durch
Dieselabgasgifte zu kümmern als um hohe Gewinne ihrer gehätschelten
Autokonzerne?", so Resch weiter.
Das Gutachten hätte laut Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs (22
C 16.1427) bereits am 29.6.2017 der Öffentlichkeit vorgelegt werden
müssen. Aufgrund dieser unzulässigen Verzögerung hatte die DUH beim
Gericht am 30.6.2017 die Vollstreckung eines Zwangsgeldes beantragt.
Die DUH geht davon aus, dass dieses auch wegen der Missachtung des
Termins festgesetzt wird.
Links:
Mehr Informationen über die Klagen der DUH auf Luftreinhaltung in
Städten finden Sie unter http://right-to-clean-air.eu/
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Datum: 21.07.2017 - 11:21 Uhr
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