Halbjahresbilanz 2017 der Branche / Die chemische Industrie nimmt Fahrt auf
(ots) -
- Umsatz steigt um 5 %, Produktion legt um 1,5 % zu
- Prognose für Gesamtjahr 2017 angehoben
- Investitionen der Branche 2017 mit 7,5 Mrd. Euro auf
Rekordniveau
- Politische Stellschrauben für mehr Innovationen und
Investitionen
Die Geschäfte der drittgrößten Branche in Deutschland laufen
besser: Der Umsatz der chemisch-pharmazeutischen Industrie erhöhte
sich in den ersten sechs Monaten des Jahres um rund 5 Prozent auf
96,9 Milliarden Euro. Dank einer hohen Kapazitätsauslastung (87
Prozent) und anziehender Ölpreise stiegen die Erzeugerpreise im
Vergleich zum Vorjahr um 3,5 Prozent, berichtet der Verband der
Chemischen Industrie (VCI) in seiner Halbjahresbilanz. Die Produktion
legte insgesamt um 1,5 Prozent zu. Mit Ausnahme der petrochemischen
Grundstoffe (- 3,5 Prozent) verzeichneten alle anderen Sparten einen
Mengenzuwachs.
VCI-Präsident Kurt Bock sagte zur wirtschaftlichen Entwicklung der
Branche: "Die aktuelle Lage ist positiv. Wir erwarten auch für die
zweite Jahreshälfte anhaltend gute Geschäfte im In- und Ausland." In
allen für die deutsche Chemie wichtigen Auslandsmärkten rechneten die
Unternehmen bis ins kommende Jahr hinein mit einem stabilen
Wirtschaftswachstum. "Das gilt nicht nur für Europa, sondern auch für
unseren wichtigsten Handelspartner, die USA", erklärte Bock.
Vor dem Hintergrund des Aufwärtstrends in der Branche erhöht der
VCI seine Prognose für das Gesamtjahr 2017: Der Chemieverband geht
nun von einem Produktionswachstum von 1,5 Prozent (bisher 1 Prozent)
aus. Der Umsatz wird sich voraussichtlich um 5 Prozent auf 194
Milliarden Euro erhöhen.
Die Zuversicht der Branche spiegelt sich in den Plänen für
Sachinvestitionen in Deutschland wider: Die Unternehmen wollen in
diesem Jahr mit rund 7,5 Milliarden Euro mehr als jemals zuvor in
Produktionsanlagen und Maschinen investieren. Dieser Rekordwert
entspricht einem Anstieg von 6,7 Prozent oder rund 470 Millionen Euro
gegenüber 2016. Aber auch die Auslandsinvestitionen sollen sich auf
8,4 Milliarden Euro (+ 5,8 Prozent) erhöhen.
Politische Stellschrauben für mehr Innovationen und Investitionen
Der VCI-Präsident appellierte mit Blick auf die bevorstehende
Bundestagswahl an alle Parteien, den Standort Deutschland durch gute
Industriepolitik zu stärken. In dieser Legislaturperiode seien zwar
mit den Branchendialogen des Bundeswirtschaftsministeriums und dem
"Bündnis Zukunft der Industrie" ermutigende Ansätze entstanden. Davon
abgesehen seien aber in den letzten vier Jahren kaum konkrete
Fortschritte für mehr Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit des
Standorts erzielt worden. Lobreden auf die Bedeutung der Industrie
und Versprechungen in Wahlprogrammen müssten jetzt auch Taten folgen.
Bock: "Wir brauchen mehr Substanz in der Industriepolitik mit dem
Ziel, den Standort Deutschland tatsächlich zu stärken."
Um dies zu erreichen, sieht der VCI mehrere vordringliche
politische Handlungsfelder für die nächste Bundesregierung: So sei
eine Bremse bei den Energiekosten durch mehr Markt in der
Energiewende erforderlich. Der VCI plädiert für eine alternative
Finanzierung der weiteren Förderung des Ausbaus regenerativer
Stromerzeugung, um die EEG-Umlage für die Verbraucher zu
stabilisieren und schneller auf null zurückzuführen. "Die
Planungssicherheit für die Industrie muss erhöht werden, damit
energieintensive Unternehmen wieder mehr investieren", betonte Bock.
Zudem müsse mehr in Forschung und Entwicklung investiert werden.
Ziel sollte es sein, so Bock, mittelfristig den Anteil der
FuE-Ausgaben Deutschlands von heute 3 auf 3,5 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Dafür müsse die seit Jahren
stagnierende Projektförderung des Staates ausgebaut werden. Eine
steuerliche Forschungsförderung werde mehr Innovationsanreize in den
Unternehmen setzen, darüber bestehe inzwischen ein breiter
politischer Konsens der Parteien, betonte der VCI-Präsident. Eine
maximale Wirkung entfalte dieses Instrument jedoch erst dann, wenn es
alle Unternehmen - große und kleine - einbeziehe.
Bock richtete den dringenden Appell an die Politik, mehr in
Bildung zu investieren. Schulen und Universitäten müssten finanziell
und personell besser ausgestattet werden, um die Qualität von
Unterricht und Lehre zu verbessern. Die Bildungsausgaben in
Deutschland liegen gemessen am Bruttoinlandsprodukt und je Bürger
deutlich unter dem OECD-Durchschnitt. "Ein Bildungsschlusslicht kann
auf Dauer kein Innovationsweltmeister werden - das müssen wir aber,
wenn wir die Stärke des Standorts Deutschland halten wollen", gab der
VCI-Präsident zu bedenken.
Ein weiteres Defizit sieht der VCI in der Infrastruktur: Die
Substanz der Verkehrswege in Deutschland drohe zu erodieren, was für
die transportintensive Chemie ein großes Problem darstellt.
Logistikexperten der Branche haben rund 60 Engpässe und Problemfälle
im direkten Umfeld von Chemiestandorten identifiziert, die vorrangig
beseitigt werden müssten. Für die Digitalisierung und für neue
Geschäftsmodelle benötige die Industrie schnelle Datenverbindungen
ins Internet. Der Breitbandausbau als technische Basis für diese
Transformation müsse deutlich Fahrt aufnehmen - auch in der Fläche.
Bock verwies darauf, dass viele der "Hidden Champions" aus dem
Chemie-Mittelstand, der rund 1.900 Unternehmen umfasst, nicht in den
Ballungszentren angesiedelt sind. "Unsere mittelständischen Firmen,
aber auch ihre Kunden und Lieferanten, brauchen leistungsfähige
Anschlüsse zum Internet, wenn sie mit Wettbewerbern in Indien und
China künftig auf Augenhöhe bleiben wollen."
Der VCI vertritt die wirtschaftspolitischen Interessen von rund
1.700 deutschen Chemieunternehmen und deutschen Tochterunternehmen
ausländischer Konzerne gegenüber Politik, Behörden, anderen Bereichen
der Wirtschaft, der Wissenschaft und den Medien. Der VCI steht für
mehr als 90 Prozent der deutschen Chemie. Die Branche setzte 2016
rund 185 Milliarden Euro um und beschäftigte über 447.000
Mitarbeiter.
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Datum: 20.07.2017 - 12:10 Uhr
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