"Maischberger"
am Mittwoch, 28. Juni 2017, um 23:45 Uhr
(ots) - Das Thema:
"Streit um Abschiebungen: Ist die Politik zu lasch oder zu hart?"
Eine 15-Jährige wird mit ihren Eltern nach Nepal ausgewiesen,
obwohl sie hier geboren wurde und ein Gymnasium besucht. Ein Afghane
tötet in einem Flüchtlingsheim einen Jungen. Obwohl er als
verurteilter Gewalttäter bekannt war, konnte er in Deutschland
bleiben. Beide Fälle haben in diesen Tagen für Aufsehen gesorgt: Was
läuft in der Abschiebepraxis schief? Schiebt Deutschland zu wenige
abgelehnte Asylbewerber ab? Und wenn, dann oft die Falschen? Darf
tatsächlich die Mehrheit der abgewiesenen Asylbewerber in Deutschland
bleiben?
Die Gäste:
Renate Künast, B''90/Grüne (Bundestagsabgeordnete) Stephan Mayer,
CSU (innenpolitischer Sprecher) Arnold Plickert, GdP (Erster
Polizeihauptkommissar) Nurjana Arslanova (Flüchtlingsaktivistin)
Michael Multerer (Bürgermeister) Bivsi Rana (abgeschobene Schülerin)
Renate Künast
"Bessere Integration statt mehr Abschiebungen" ist das Credo der
ehemaligen Bundesministerin. CSU-Forderungen nach einer Verschärfung
der Abschiebepraxis lehnt Renate Künast als "populistisch" ab. Sie
beklagt vielmehr das Chaos bei der Bearbeitung der Asylanträge in
Deutschland. Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gäbe
es massive Qualitätsprobleme. Dort ginge es teilweise "drunter und
drüber", wie der Fall des Bundeswehrsoldaten Franco A. gezeigt habe,
der sich fälschlicherweise als Flüchtling registrieren konnte.
Stephan Mayer
Der CSU-Innenpolitiker spricht sich gegen einen vollständigen
Abschiebestopp nach Afghanistan aus: "Das wäre eine Einladung für
alle Schlepper und Schleuser, wenn man mit Sicherheit davon ausgehen
könnte, dass auch abgelehnte afghanische Asylbewerber unser Land
nicht verlassen müssten." Für so genannte "Gefährder" wie
gewaltbereite Islamisten verlangt der innenpolitische Sprecher der
Unionsfraktion eine Ausweitung der Ausweisungen in den Irak. Der
bayerische Politiker fordert zudem andere Bundesländer auf,
konsequenter abzuschieben: "Abschiebungen sind teuer, aber es ist gut
investiertes Geld."
Arnold Plickert
Der Polizist kritisiert den Mangel an Abschiebehaftplätzen,
speziell in Nordrhein-Westfalen, und warnt deshalb vor "dramatischen
Engpässen". Erst im April mussten die Behörden in Leverkusen einen
Straftäter laufen lassen, da in der Abschiebehaft kein Platz war.
Besonders Straftäter aus den Maghreb-Staaten wüssten, dass ihnen hier
nichts passiert, berichtet der stellvertretende Bundesvorsitzende der
Gewerkschaft der Polizei (GdP). "Die Chance, dass sie abgeschoben
werden, liegt bei einem Prozent", so Arnold Plickert, "und so lange
sie hier sind, bestreiten sie ihren Lebensunterhalt durch
Kriminalität."
Nurjana Arslanova
"Ich hatte jede Nacht Angst, dass die Polizei in mein Zimmer kommt
und ich abgeschoben werde. Eine Duldung ist der schlimmste Status,
den man haben kann", erinnert sich die 27-Jährige aus dem
kaukasischen Dagestan. Zwölf Jahre lang drohte der heutigen
Erzieherin die Abschiebung, bis sie sich 2014 eine
Aufenthaltsgenehmigung erkämpfen konnte. Nurjana Arslanova hält die
Flüchtlingspolitik der Bundesregierung für unmenschlich und engagiert
sich als Sprecherin für "Jugendliche ohne Grenzen". Sie fordert ein
Bleiberecht für alle Flüchtlinge.
Michael Multerer
Der Mord an einem fünfjährigen Jungen in der Flüchtlingsunterkunft
des oberpfälzischen Arnschwang schockierte an Pfingsten ganz
Deutschland. Ein Afghane erstach ein fünfjähriges Kind, bevor er von
der Polizei erschossen wurde. Der Täter war vorher nicht abgeschoben
worden, obwohl er eine mehrjährige Haftstrafe in Deutschland verbüßt
hatte und als höchst gefährlich galt. Er war im Gefängnis zum
Christentum konvertiert. Christen gelten in Afghanistan als
gefährdet. "Wenn die Gesetzeslage es zulässt, dass ein verurteilter
Schwerverbrecher nicht abgeschoben werden kann, dann ist das ein
Skandal", empört sich der Arnschwanger Bürgermeister Michael
Multerer.
Bivsi Rana
Die Abschiebung der 15-jährigen Bivsi löste Entsetzen aus: In
Deutschland geboren und aufgewachsen, wurde sie vor wenigen Wochen
mitten aus dem Unterricht in ihrem Duisburger Gymnasium herausgeholt
und mit ihrer Familie in ein Flugzeug nach Kathmandu gesetzt. "Für
mich war das ein Schock! Ich konnte mich noch nicht mal von meinen
Freunden und meiner Klasse verabschieden", erzählt die Schülerin.
Ihre Eltern waren vor fast 20 Jahren aus Nepal eingereist. Gegen den
abgelehnten Asylantrag hatten sie vergeblich durch alle Instanzen
geklagt. Nun kämpft die Familie darum, wieder nach Deutschland zurück
zu dürfen.
Maischberger" ist eine Gemeinschaftsproduktion der ARD,
hergestellt vom WDR in Zusammenarbeit mit der Vincent TV GmbH.
"Maischberger" im Internet unter www.DasErste.de/maischberger
Redaktion: Elke Maar (WDR)
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Datum: 27.06.2017 - 11:29 Uhr
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