Winkelmeier-Becker: Netzwerkdurchsetzungsgesetz muss von Grund auf verbessert werden
(ots) - Freiwillige Selbstkontrolle durch unabhängige
Einrichtungen gehört zwingend dazu
Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages wird am kommenden
Montag eine öffentliche Sachverständigenanhörung zum von
Bundesjustizminister Maas vorgelegten Entwurf eines
Netzwerkdurchsetzungsgesetzes durchführen. Dazu erklärt die
rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Elisabeth
Winkelmeier-Becker:
"Schon vor der Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss des
Bundestages ist klar: Der Gesetzentwurf von Minister Maas muss von
Grund auf verbessert werden. Angesichts der vielen Mängel des
Gesetzentwurfs und der knappen Zeit bis zum Ende der Wahlperiode wird
das eine schwierige Aufgabe. Es rächt sich nun, dass Minister Maas
seinen Gesetzentwurf erst auf den letzten Drücker vorgelegt hat und
eine ordentliche Beteiligung der Fachkreise nicht stattfand.
Die Union fordert schon seit langem, dass das Recht im Internet
besser durchgesetzt werden muss. Schon heute müssen
Plattformbetreiber wie Facebook rechtswidrige Inhalte von ihren
Seiten löschen, wenn sie davon Kenntnis bekommen. Viele
Netzwerkbetreiber haben sich aber bisher trotz zahlreicher
Beschwerden zu wenig darum geschert, ob auf ihren Internetseiten
rechtswidrige Inhalte verbreitet werden. Es geht hier auch um die
Frage, wer die Regeln im Netz bestimmt: das dürfen nicht allein
wirtschaftliche Interessen sein oder moralische und politische
Positionen des Plattformbetreibers; ebenso wenig das Recht des
scheinbar Stärkeren, der unter dem Schutz der Anonymität sein
praktisch schutzloses Opfer attackiert.
Hier geht es deshalb nicht zuletzt um den Primat der Politik und
ihren Anspruch, auch gegenüber internationalen Konzernen und
gegenüber anonymen Hetzern im Netz die Regeln zu bestimmen und
rechtsstaatlich durchzusetzen.
Zugleich ist für uns klar, dass der freie Austausch von Meinungen
Kernelement und Grundlage der Demokratie ist. Rede und Gegenrede und
kritische, auch zugespitzte Äußerungen sind elementare Bestandteile
einer kontroversen und demokratischen Debatte. Auch im Netz muss der
Satz gelten: Im Zweifel für die Meinungsfreiheit! Mit uns wird es
kein Zensurgesetz geben.
Die Beurteilung darüber, was noch von der Meinungsfreiheit gedeckt
ist, darf in Zweifelsfällen nicht allein Unternehmen wie Facebook
oder Twitter überlassen bleiben.
Wir wollen den Gedanken aus dem Rundfunkrecht aufgreifen, dass im
Schutzbereich der Meinungsfreiheit eine plurale und staatsferne
Aufsicht nötig ist; diese kann die widerstreitenden
Grundrechtspositionen in der Regel ohne staatlichen Eingriff zu einem
schonenden Ausgleich bringen. Für uns gehört ein System der
regulierten Selbstregulierung ähnlich wie im Jugendmedienschutz
zwingend in das Gesetz hinein. Dabei entscheiden unabhängige und
plural besetzte Gremien, wie zum Beispiel die Freiwillige
Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM e. V.). Wenn sich
Netzwerkbetreiber einer solchen Einrichtung anschließen und gemeinsam
vernünftige Beschwerdemanagementsysteme aufbauen, dann kann das als
Vermutung oder gar Beleg für die Erfüllung der künftig
vorgeschriebenen Compliance-Pflichten gelten. Das kann sich sowohl
auf das Verfahren, als auch auf die inhaltliche Bewertung in
schwierigen Fällen beziehen. Solchermaßen zertifizierte Unternehmen
haben dann keine Sanktionen zu befürchten, weil sie im Einzelfall
rechtswidrige Inhalte nicht erkannt und nicht gelöscht haben. Damit
wären auch Sorgen vor einem "Overblocking" (Anbieter löschen zu viel,
um Bußgelder zu vermeiden) von vornherein unbegründet. Diesen
Vorschlag haben wir bereits im Beschluss der Unionsfraktion vom 24.
Januar 2017 gemacht. Er findet zunehmend Unterstützung. Es ist
bedauerlich, dass das Bundesjustizministerium diesen Gedanken nicht
von Anfang an aufgegriffen hat.
Wichtig ist uns, dass die Durchsetzung des Rechts sowohl durch die
Betroffenen, als auch durch die Strafverfolgungsbehörden bei Gericht
verbessert wird. Wo der weite Rahmen der Meinungsfreiheit in
rechtswidriger Weise überschritten wird, muss deshalb ein
praktikabler Weg eröffnet sein, um die notwendigen Informationen über
den Verfasser zu erhalten und ihn zur Verantwortung zu ziehen.
Daneben müssen weitere Mängel des Gesetzentwurfs behoben werden.
So darf es nicht bei den starren Löschungsfristen im Gesetzentwurf
bleiben, da diese schon mit einer EU-Richtlinie nicht vereinbar sind.
Ferner muss der Anwendungsbereich im Gesetzestext klargestellt
werden. Die neuen Compliance-Pflichten sollen für große soziale
Netzwerkbetreiber gelten, nicht dagegen für E-Mail- oder
Messenger-Dienste, Spieleseiten oder berufsbezogene Plattformen."
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Datum: 16.06.2017 - 12:20 Uhr
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