Deutsche Umwelthilfe fordert von Daimler Chef Zetsche sofortigen Verkaufsstopp für den Smart fortwo 0.9 wegen extrem hoher Rußpartikelemissionen
(ots) - DUH verlangt von Verkehrsminister Alexander
Dobrindt den Entzug der Typzulassung für den als "Stadtauto"
beworbenen Euro 6 Benzin-Smart angesichts bis zu 440-facher
Überschreitung der Laborgrenzwerte von Diesel-Pkw - DUH fordert von
Daimler Rückrufprogramm für alle bisher verkauften Schmutz-Smart und
Nachbesserung der Abgasreinigung - DUH setzt Daimlers Autovermietung
Car2go ein Ultimatum bis Monatsende zur Stilllegung der
innerstädtisch betriebenen ungefilterten Smart-Flotten in Berlin,
Frankfurt, Hamburg, München und dem Rheinland - heutige
Wirtschaftswoche berichtet ausführlich über die Messungen der DUH
sowie des ADAC und die eingeleiteten rechtlichen Schritte
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat in einem Schreiben den
Vorstandsvorsitzenden der Daimler AG Dieter Zetsche aufgefordert, den
Verkauf des Benzinmodells Smart fortwo 0.9 Turbo (Euro 6 - 66 kW)
sowie aller weiteren Benzin-Smarts (fortwo und forfour mit ähnlichem
Abgasverhalten) mit sofortiger Wirkung einzustellen. Grund dafür ist
der extrem hohe Partikelausstoß der Fahrzeuge im realen Fahrbetrieb.
Bei Straßenmessungen der DUH mit einem portablen
Partikelanzahlmessgerät (TSI P-TRAK 8525) wurde in Berlin im April
diesen Jahres direkt hinter einem Euro 6 Smart fortwo des
Daimler-Autovermieters car2go der Rekordwert von 440.000 Partikeln
pro cm³ gemessen. "Ich habe schon viele schlechte Werte gesehen, aber
solche Werte findet man sonst nur in den Abgasfahnen von
Kreuzfahrtschiffen", so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Die Daimler AG verkauft derzeit nicht nur den nach Messungen
unseres Emissions-Kontroll-Instituts schmutzigsten Diesel-Pkw aus
deutscher Produktion (Mercedes B-Klasse 180 d), was die
Stickoxid-Emissionen angeht: Aktuelle Messungen der DUH im
Straßenverkehr sowie des ADAC zeigen, dass die Daimler AG mit dem
Smart fortwo 0.9 Turbo den europaweit am schmutzigsten gemessenen Pkw
bei den Rußpartikel-Emissionen verantwortet. Um schätzungsweise 50
Euro Kosten in der Abgasreinigung zu sparen, nutzt der schwäbische
Konzern, der in seiner Werbung vollmundig "Das Beste oder nichts"
verspricht, dabei eine von der Automobilindustrie in die
Abgasbestimmungen hineinverhandelte Regelungslücke für
Benzin-Fahrzeuge mit einer Benzineinspritzung vor (und nicht hinter)
den Ventilen. Über diesen Trick sieht sich Daimler im Recht, die
Innenstädte mit Rußpartikeln regelrecht zu fluten.
Alarmierende Messungen gibt es auch vom ADAC. Selbst auf dem
Labor-Rollenprüfstand ist dieser smart fortwo 0.9 Turbo das
"Schlusslicht beim Partikelausstoß", für ein Stadtauto seien die
Werte "untragbar", so der ADAC. Nach dem aktuell geltenden
Prüfverfahren WLTC wurden 44,6 mg/km gemessen. Dies stellt eine
Überschreitung des Euro 6 Grenzwerts für Diesel-Pkw um das 10-fache
dar. Noch drastischer fällt die Überschreitung bei der Betrachtung
der Partikelanzahl aus: Die gemessene Partikelanzahl betrug 8.284
Milliarden Partikel pro km. Dies stellt eine Überschreitung des Euro
6 Grenzwerts für Diesel-Pkw um das 14-fache dar. Noch extremer sind
die Partikelemis-sionen im ADAC-Motorway Labortest: Die hier
ermittelte Partikelmasse übersteigt den Grenzwert von 4,5 mg/km für
Euro 6 Diesel-Pkw mit 136,1 mg/km um das 30-fache. Der Grenzwert für
die Partikelan¬zahl bei Diesel-Pkw Euro 6 wird mit 263.084 Milliarden
Partikel pro km um das 440-fache überschritten.
"Es ist unanständig - im Schwäbischen sagen wir: Es ist schäbig -
wie Daimler Chef Zetsche Profite maximiert und Qualität minimiert.
Ultrafeine Rußpartikel sind hochgradig gesundheitsschädlich. Sie
dringen über unsere Atemwege bis in die Blutbahn und das Gehirn. Wir
haben Anfang dieser Woche Zetsche aufgefordert, den Verkauf aller
Benzin Smarts mit hohen Partikel-Emissionen mit sofortiger Wirkung zu
stoppen und die bereits ausgelieferten Fahrzeuge mit wirksamer
Abgasreinigung nachzurüsten. Darüber hinaus muss die von Daimler
betriebene Autovermietung car2go ihre Smarts in den Städten Berlin,
Frankfurt, Hamburg, München und dem Rheinland so lange stillzulegen,
bis ihre Abgasreinigung nachgebessert wurde", so Resch.
Beworben werden die aktuellen insgesamt 11 unterschiedlichen Smart
Modelle mit Benzin-Motoren im Daimler/Smart Internetauftritt
ausgerechnet mit einem "Öko-Trend" Zertifikat. Nachfragen der DUH
beim Öko-Trend Institut für Umweltforschung an diesem Montag,
8.5.2017, führten nach einer anfänglichen Verteidigung der
Richtigkeit dieser bis August 2017 ausgestellten Zertifikate keine 24
Stunden später zu einer Ankündigung, diese für die Zukunft nicht
erneut auszustellen. Gleichzeitig wurde die Bewertung der
Abgasemissionen auf der Öko-Trend Webseite für den Smart forfour in
den letzten vier Tagen zweimal geändert. Die DUH fordert Daimler auf,
die irreführenden Werbeaussagen zur aktuellen Smart fortwo Baureihe
zu beenden. Einmal mehr täuscht Daimler die Verbraucher in seiner
Smart-Werbung mit der Behauptung, "Kraftstoffverbrauch und
Abgasemissionen erhielten die Note "sehr gut".
Die DUH sieht in dem Fall einen Verstoß gegen die
Zulassungsbestimmungen der Europäischen Kommission und hat sich daher
auch an Bundesverkehrsminister Dobrindt gewandt und diesen
aufgefordert, die Typzulassung für Benzin-Smarts mit diesen beim
Modell 0.9 Turbo gemessenen Partikelemissionen zu entziehen. Die
immens hohen Realemissionen des Smarts stellen nach Ansicht der
Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation einen Verstoß gegen die
Erwägungsgründe der Verordnung (EU) Nr. 459/2012 der Kommission vom
29. Mai 2012 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 und der
Verordnung (EG) Nr. 692/2008 hinsichtlich der Emissionen von leichten
Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 6) dar. Diese besagen in
Absatz (6): "In der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 wurde für die
Partikelzahl ein Grenzwert von 6 × 10 11 /km für Euro-6-
Dieselfahrzeuge festgelegt. Nach dem Grundsatz der
technologieunabhängigen Gesetzgebung sollte für Euro-6-Fahrzeuge mit
Fremdzündungsmotoren derselbe Emissionsgrenzwert gelten, da nichts
darauf hindeutet, dass Partikel aus Motoren mit Fremdzündung eine
geringere spezifische Toxizität aufweisen als Partikel aus
Dieselmotoren." An anderer Stelle führt diese Verordnung die
gesundheitliche Relevanz an: "Die von Fahrzeugen ausgestoßenen
Partikel können sich in den Lungenbläschen von Menschen ablagern und
zu Erkrankungen der Atmungsorgane und des Herz-Kreislauf-Systems
sowie zu erhöhter Sterblichkeit führen. Ein hohes Maß an Schutz vor
solchen Partikeln liegt daher im öffentlichen Interesse."
Die mit dieser Verordnung 2014 eingeführten Grenzwerte für die
Partikelanzahlemissionen wurden auf Druck der Automobilindustrie auf
die "Fremdzündungsmotoren" beschränkt, "bei dem der Kraftstoff in die
Ansaugluft gespritzt wird, nachdem diese die Einlassventile passiert
hat" (715/2007 neu: Art. 3 (18)) und dies wie folgt begründet: "Nach
heutigem Wissensstand haben konventionelle Fremdzündungsmotoren mit
indirekter Einspritzung, bei denen der Kraftstoff in den
Ansaugkrümmer oder den Ansaugkanal und nicht direkt in den Brennraum
gespritzt wird, einen niedrigen Partikelausstoß."
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Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
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Datum: 12.05.2017 - 10:39 Uhr
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