Allgemeine Zeitung Mainz: An Gräbern - Kommentar von Reinhard Breidenbach zu Fragen von Tod und Hoffnung
(ots) - Am Gründonnerstag fand in einer Gemeinde im Süden
von Rheinland-Pfalz ein Begräbnis statt, wie es sich erschütternder
kaum vorstellen lässt. Gestorben war eine 58-jährige Frau, nach
schwerer, geduldig ertragener Krankheit. Der Friedhof: schwarz voller
weinender Menschen. Der Enkel trug, unter Aufbietung aller, noch
kindlicher, Tapferkeit, die Urne. Die Verstorbene war eine Seele von
Mensch gewesen, freundlich, hilfsbereit ihr Leben lang; sie hatte
deshalb immer tiefe Zuneigung erfahren. Auch nun waren alle da, nicht
nur die Familie, auch die Freunde, Arbeitskollegen, Nachbarn. Der
92-jährige Vater schaute ins Grab seiner Tochter - der Blick in einen
Abgrund, und doch bedeutete die überwältigende Anteilnahme, die
Solidarität, auch ein kleines Stück Trost. Jede Stunde sterben
Menschen, auch Kinder, nicht "nur" an unheilbaren Krankheiten oder
durch ein schicksalhaftes Unglück, sondern auch in Kriegen, durch
Verbrechen, an Unterernährung, Hunger und Durst in hilfebedürftigen
Ländern, wobei sich mancher Krieg und manche Not auch unter
"Verbrechen", begangen zumindest mit bedingtem Vorsatz unter
billigender Inkaufnahme der schrecklichen Resultate, subsumieren
lässt. Antworten oder Trost zu finden angesichts der Frage nach dem
"Warum" von Tod, ist existenziell wichtig. Die Frage stellt sich im
Fall einer unheilbaren Krankheit oder eines schicksalhaften Unglücks
gleichwohl anders als bei Verbrechen oder bei Kriegen, weil
Verbrechen und Kriege eigentlich kein unabwendbares Schicksal sind.
Die Frage stellt sich eindringlich gerade in diesen Tagen, im
Gedenken an Jesu Tod. War er gottgewolltes Schicksal zur Erlösung der
Menschheit oder ein Mord, mit dem die Christenverfolgung begann? Auch
heute werden Christen in vielen Staaten verfolgt. Zudem haben
Islamisten dem Christentum den Krieg erklärt. In liberalen Staaten
leiden die christlichen Kirchen unter dem Desinteresse vieler Bürger
und unter Argwohn; ob letzterer berechtigt ist oder nicht, steht auf
einem anderen Blatt. Viel Anlass also für Christen zur
Selbstvergewisserung und für alle verantwortungsbewussten Bürger zur
Entscheidung, Dinge kritisch im Blick zu behalten, sich unsägliches
Gerede über Politikverdrossenheit zu ersparen und statt dessen über
Lösungen nachzudenken. Da ist etwa die Sache mit dem Staat - das sind
wir alle - und seinen Organen. Die brauchen Unterstützung. An Ostern
1977 ermordete die RAF Generalbundesanwalt Siegfried Buback - der
Auftakt des Terrorjahres 1977 mit der Ermordung Hanns Martin
Schleyers und der Entführung der Lufthansa-Maschine "Landshut" nach
Mogadischu. Der Staat, vertreten durch seine Regierung, signalisierte
stets, dass er nicht unversöhnlich sein wollte, falls nötig jedoch
mit angemessener Härte reagieren würde. Eine richtige Linie auch
heute, sowohl angesichts einer dramatisch sinkenden Hemmschwelle zur
Anwendung von Gewalt im Alltag, angesichts jedweder "herkömmlichen"
Kriminalität, die auf keinen Fall kleingeredet oder unterschätzt
werden darf, und insbesondere angesichts des islamistischen Terrors,
der allerdings gefährlicher ist, als es die RAF je war. Vor dem
Hintergrund großer Flüchtlingsströme kommt jedoch eine
Herausforderung hinzu, die unbedingt bestanden werden muss: Der
Schutz Unbescholtener genießt höchste Priorität, etwa wenn es darum
geht, gegen Gefährder und Hassprediger vorzugehen; zugleich sind die
Regeln der Humanität unverletzlich: Flüchtlinge dürfen nicht
diskriminiert oder unter Generalverdacht gestellt werden. Eine
schwierige Lage. Sie muss gemeistert werden. Und die Frage nach dem
"Warum", gleich aus welcher Blickrichtung, und die Suche nach
Lösungen dürfen nicht in Verzweiflung münden. Hilfreich sind Klugheit
und Mut. Ebenso Solidarität und Empathie - nicht erst und nicht nur
an Gräbern.
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Datum: 14.04.2017 - 21:03 Uhr
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