Weihnachtsbotschaft vom CERN: Ab Februar 2010 beginnt die heiße Phase des LHC
Rund vier Wochen nach seinem Neustart macht der Teilchenbeschleuniger LHC eine kleine Verschnaufpause. Angaben von Vertretern des CERN zufolge soll das Intervall bis Februar genützt werden, um den Teilchenbeschleuniger für die nächst höhere Energiestufe zu rüsten.
(IINews) - CERN-Direktor Rolf-Dieter Heuer zeigte sich über die bislang erreichten Ziele zufrieden. Seit dem Neustart am 20. November seien mehr als eine Million Teilchenkollisionen produziert worden, die nun von Wissenschaftlern in aller Welt ausgewertet würden. In dem 27 Kilometer langen Tunnel bei Genf purzelten die Energierekorde: Am 30. November wurde ein nie dagewesenes Energieniveau von 1,18 Tera-Elektronenvolt (TeV) gemessen. In der zweiten Dezemberwoche waren es schon 2,36 TeV.
Im neuen Jahr soll eine Beschleunigung von bis zu 3,5 TeV erreicht werden. Damit beginnt die so genannte gefährliche Phase des LHC. Renommierte Kritiker wie der Tübinger Chaosforscher Prof. Dr. Otto E. Rössler rechnen mit einer 15%igen Wahrscheinlichkeit, dass bei diesen Versuchen ein kleines Schwarzes Loch entsteht, das sich nicht mehr beherrschen lässt.
Das Buch „Sekunde Null. Das Urknall-Experiment“, ein Roman mit realem wissenschaftlichen Hintergrund, beschreibt diesen so genannten „Worst Case“. Nachfolgend ein Auszug:
„George Leduc, der Generaldirektor des CERN sah die Russin an. „Frau Professor Komarow, ich weiß, dass Sie einen langen, anstrengenden Flug hinter sich haben. Aber wäre es möglich, dass Sie ebenfalls mitkommen? Es ist wirklich sehr dringend, und wir sind auf Ihre fachliche Unterstützung angewiesen.“
„Charaschó“, lächelte Anastasia. „Das geht in Ordnung.“
Noch auf dem Weg ins Besprechungszimmer erzählte Leduc, dass ihn Darrell Grant am späten Vormittag aufgesucht hatte. Die Ergebnisse seiner Berechnungen seien außerordentlich besorgniserregend. Als die drei eintraten, warteten Eric, Boris, Urs und Darrell bereits im Konferenzraum. Nur Pierre fehlte. Offenbar war seine Anwesenheit diesmal nicht erwünscht.
Leduc stellte Frau Professor Komarow kurz vor. Erics anerkennendes Nicken ließ Sven auf Hintergedanken schließen. Urs hingegen verhielt sich neutral, während von Boris ein abwertend skeptischer Blick kam, auf den sich Sven keinen Reim machen konnte.
Darrell kam ohne Umschweife zur Sache. In den ersten zehn Minuten erläuterte er den anderen, was er Sven über die Natur der Micro Black Holes bereits dargelegt hatte. Dann erklärte er, wie es sich mit der Massenzunahme verhielt, dass das Schwarze Miniloch ab einer Masse von 10-4 Gramm seinen Magnetismus verlieren und danach der Countdown für den Weltuntergang beginnen würde.
Darrell nahm einen Filzschreiber und ging an die Wandtafel. Auf der Basis seiner jüngsten Berechnungen zeichnete er eine Kurve, die die Massenzunahme des Schwarzen Lochs in Abhängigkeit von der Zeit darstellte. Von der y-Achse ausgehend, zog er bei 10-4 Gramm mit einem roten Filzschreiber eine parallel zur x-Achse verlaufende Gerade, danach in Blau die Kurven dreier Exponentialfunktionen, welche unterschiedliche Schnittstellen mit der roten Geraden aufwiesen. Die drei unterschiedlichen Kurven bezeichnete er mit den Großbuchstaben A, B und C.
„Es gibt leider sehr schlechte Nachrichten“, kommentierte Darrell seine Grafik und blickte jedem der Anwesenden kurz in die Augen. „Aus dem vorliegenden Datenmaterial lässt sich schon ziemlich genau bestimmen, wann das Micro Black Hole seine kritische Sprungmasse erreicht haben wird. Die auseinanderstrebenden Kurven A und C reflektieren noch vorhandene Unsicherheiten bei der Extrapolation der Massenzunahme.“
Leduc meldete sich zu Wort. „Auf der Zeitachse ist nur das Jahr 2016 angegeben. Soll das heißen, dass uns nur wenige Monate bleiben?“
„So ist es“, bestätigte Darrell. „Im ungünstigsten Fall ist die kritische Sprungmasse entsprechend Graph A bereits Ende Juni erreicht, im günstigsten gemäß Graph C Ende August. Der Graph B gibt den wahrscheinlichsten Verlauf wieder. Danach würde der Countdown Ende Juli beginnen.“
„Es wird doch wohl noch eine Möglichkeit geben, wie wir die Katastrophe verhindern können!“, rief Eric.
„Klar“, kam Urs dem Amerikaner zuvor. „Wir müssen den kompletten Scheiß im Weltall haben, bevor es losgeht. Fragt sich nur, wie?“
Darrell nickte zustimmend.
„Das ist doch wohl nicht ernst gemeint?“, schrie Eric.
„Doch“, erwiderte Darrell. „Eine andere Möglichkeit gibt es nicht“.
„Gibt es überhaupt eine Möglichkeit, den betroffenen Teil der Anlage inklusive Magneten sowie Kühlsystem zu separieren und ins All zu transportieren?“, fragte Sven. Obwohl er die Wahrheit seit dem gemeinsamen Flug mit Darrell nach Genf kannte, spürte er, wie ein Beben seinen gesamten Körper erfasste.
Boris winkte ab. „Das kann man vergessen. Die russischen Raumtransporter in Baikonur können so ziemlich die größten Lasten ins All befördern, aber das Gewicht der Anlage übersteigt selbst deren Möglichkeiten bei weitem. Vielleicht sollten wir besser unser Testament machen.“…“
Copyright: Rolf Froböse. Sekunde Null. Das Urknall-Experiment, BoD GmbH Norderstedt, ISBN 978-3837053142, 156 Seiten, EUR 16,90. Jetzt im Handel:
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Datum: 20.12.2009 - 19:05 Uhr
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