Deutsche Umwelthilfe stellt bei Winter-Abgastests von Euro 6 Diesel-Pkw auf der Straße bis zu 17,2-fache Überschreitungen der Stickoxid-Grenzwerte fest
(ots) - Euro 6 Diesel-Pkw im Winter deutlich schmutziger
als Euro 4 Diesel - Negative Spitzenreiter aus deutscher Produktion
sind die Mercedes B-Klasse, Opel Zafira Tourer sowie die Mercedes
C-Klasse - Vier der getesteten Diesel-Pkw erreichen nicht einmal den
Euro 1 Grenzwert von 1992: Fiat 500x, Renault Captur, Volvo S90 sowie
Mercedes B-Klasse - Zwei Fahrzeuge halten den Grenzwert ein und
zeigen damit die Machbarkeit einer wirksamen Abgasreinigung - DUH
begrüßt die im März eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungen gegen
Renault in Frankreich und Daimler in Deutschland -
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch wirft der Bundesregierung
rechtswidrige Absprachen mit den Autokonzernen vor
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) stellt ihre
Winter-Abgasuntersuchung von 16 neuen Diesel-Pkw im realen
Straßenbetrieb vor. Anders als die im September 2016 präsentierten
Sommer-Messungen fanden die Tests bei zwischen September und März
typischen niedrigen Außentemperaturen statt. Das Ergebnis ist
alarmierend: Lagen die Stickoxidemissionen (NOx)bei den Messungen im
Sommerhalbjahr maximal 9,2-fach über dem Grenzwert von Euro 6, so
stiegen sie bei den Wintermessungen bis zum 17,2-fachen an. Die
Winter-Abgasmessungen der DUH zeigen für die untersuchten Euro 6
Diesel-Pkw, dass deren giftige NOx-Emissionen auf der Straße sogar
noch höher sind als die von Euro 4 Diesel-Pkw. "Damit sind die
generellen Ausnahmen von den Fahrverboten für Euro 6 Diesel-Pkw vom
Tisch", so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Die DUH enthüllte im Januar 2016 erstmals die rechtswidrige
Abschaltung einer ordnungsgemäßen Abgasreinigung bei Mercedes, und
mittlerweile bei allen untersuchten Herstellern von Diesel-Pkw.
Fiat/Chrysler deaktiviert bereits unter +19 Grad Celsius, Opel,
Daimler (Mercedes A-/B-Klasse), Porsche und Renault bei unter +17
Grad Celsius und Daimler (ab C-Klasse) bei unter + 10 Grad Celsius.
Hierbei handelt es sich eindeutig um illegale Abschalteinrichtungen.
Die Messungen der DUH im Rahmen ihres Emissions-Kontroll-Instituts
(EKI) fanden daher bei Außentemperaturen zwischen -5 Grad Celsius und
maximal +16 Grad Celsius statt. Untersucht wurden 15 Diesel-Pkw der
Abgasnorm Euro 6 sowie ein Euro 5-Fahrzeug.
Zwei der drei schmutzigsten Fahrzeuge aus deutscher Produktion
stammen aus dem Haus Daimler: Negativer Spitzenreiter in dieser
Gruppe ist der Mercedes B 180 d (1.039 mg NOx/km) mit 13-facher
Grenzwertüberschreitung. Der Opel Zafira Tourer 1,6 CDTi (995 mg
NOx/km) mit 12,4-facher und schließlich der Mercedes C 220 d (770 mg
NOx/km) mit 9,6-facher Überschreitung.
Die vier insgesamt schmutzigsten Diesel-Fahrzeuge halten nicht
einmal den 1992 gültigen Euro 1-Grenzwert ein. Negativer
Gesamt-Rekordhalter ist der Fiat 500X 2.0 Cross 4x4 mit einem Wert
von 1.380 mg NOx/km und damit einer 17,2-fachen Überschreitung des
gesetzlich vorgeschriebenen EU-Grenzwerts von 80 mg NOx/km. Darauf
folgen Renault Captur 1.5 dCi 110 mit 1.316 mg NOx/km (16,5-fache
Überschreitung des EU-Grenzwerts), Volvo S90 4D mit 1.076 mg NOx/km
(13,4-fache Überschreitung), Mercedes B 180 d mit 1.039 mg NOx/km
(13-fache Überschreitung).
Zwei Fahrzeuge halten den EU-Grenzwert ein und zeigen damit, dass
eine wirksame Abgasreinigung auch bei winterlichen Temperaturen
technisch machbar ist: Die Mercedes E-Klasse 200d der neuen
Motorgeneration (654) mit 43 mg NOx/km sowie der Audi A5 2.0 TDI mit
40 mg NOx/km.
"Während die Bundesregierung eine Aufarbeitung des
Diesel-Abgasskandals weiterhin aktiv behindert, ermitteln die
französischen und amerikanischen Behörden sowie seit vergangener
Woche die Stuttgarter Staatsanwaltschaft nun offiziell gegen Renault
bzw. Daimler. Die von der DUH aufgedeckte Abschaltung der
ordnungsgemäßen Abgasreinigung im Winterhalbjahr wird von diesen
ebenso als illegal angesehen wie das Verschweigen dieses kriminellen
Akts gegenüber den Kunden in der Werbung für Diesel-Fahrzeuge", sagt
Jürgen Resch.
Die DUH hat seit Oktober 2015 bis heute unter anderem den
amerikanischen, französischen und deutschen Behörden sowie der
Stuttgarter und Frankfurter Staatsanwaltschaft kontinuierlich
Untersuchungsergebnisse zur Verfügung gestellt. Während
Bundesverkehrsminister Dobrindt für sich und sein Ministerium seit
nunmehr 18 Monaten jegliche offiziellen Gespräche mit der DUH
verweigert und sich ausschließlich mit der Automobilindustrie
abspricht, haben die französischen und amerikanischen Behörden sowie
die Stuttgarter Staatsanwaltschaft Ermittlungsverfahren gegen die
entsprechenden Hersteller eingeleitet. Gespannt wartet die DUH auf
die noch ausstehende Entscheidung der Frankfurter Staatsanwaltschaft
zur DUH-Strafanzeige gegen Opel-Chef Neumann wegen Abgasbetrugs.
"Die Technik zur Einhaltung der Grenzwerte auch bei niedrigen
Umgebungstemperaturen ist vorhanden. Nur um Geld zu Lasten der
Gesundheit der Menschen und der Umwelt zu sparen, bauen die meisten
Hersteller schlechte Abgasreinigungstechnik in die Autos ein.
Entweder halten die Diesel-Pkw die Abgasgrenzwerte auf der Straße ein
oder der Diesel-Motor hat in Pkw keine Zukunft", so der
internationale Verkehrsexperte Axel Friedrich.
Hintergrund:
Die EU-Zulassungsvorschrift 692/2008 verlangt unmissverständlich
die volle Funktionstüchtigkeit der Abgasminderung auch im
Winterhalbjahr bei Außentemperaturen von bis zu -15 Grad Celsius.
Zitat: "Der Hersteller muss gewährleisten, dass das
Emissionsminderungssystem unter allen auf dem Gebiet der Europäischen
Union regelmäßig anzutreffenden Umgebungsbedingungen und insbesondere
bei niedrigen Umgebungstemperaturen seine Emissionsminderungsfunktion
erfüllt." Für die Temperatur von -15 Grad Celsius schreibt die
Verordnung sogar spezielle Tests vor und schließt, dass eben auch bei
dieser niedrigen Temperatur "das Emissionsminderungssystem
ordnungsgemäß arbeiten kann".
Links:
Zu den Messergebnissen: http://l.duh.de/p170329
Pressefotos: http://l.duh.de/ekipressefotos
Kontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch(at)duh.de
Dr. Axel Friedrich, Internationaler Verkehrsberater
0152 29483857, axel.friedrich.berlin(at)gmail.com
DUH-Pressestelle:
Andrea Kuper, Ann-Kathrin Marggraf
030 2400867-20, presse(at)duh.de
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Datum: 29.03.2017 - 11:03 Uhr
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