Bauern wollen fairen Dialog - Spagat von niedrigen Preisen und hohen Auflagen forciert politisch bedingte Hofaufgaben
(ots) - (DBV/LPD) Unter einem enormen Druck sieht
Landvolkpräsident Werner Hilse die bäuerlichen Familienbetriebe in
Deutschland und damit auch in Niedersachsen. "Unsere Betriebsleiter
werden fast täglich mit neuen Forderungen konfrontiert", schildert
Hilse vor Journalisten im Landvolkhaus in Hannover. "Die Bauern
sollen dem Tierwohl eine noch höhere Priorität einräumen und dabei
zugleich mehr für den Umwelt- und Naturschutz tun. Sie sollen sich
auf heimische Märkte konzentrieren, am besten als Direktvermarkter,
Produkte in hoher Qualität liefern, aber das alles auf niedrigstem
Preisniveau", nennt er konkrete Beispiele. Der Verband sieht die Höfe
einem immensen Erwartungsdruck ausgesetzt, "aber wir vermissen in
vielen Fällen die Gesprächsbereitschaft gegenüber den Landwirten und
ihren Familien über Möglichkeiten, wie diese Erwartungen realisiert
werden können", sagt Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen
Bauernverbandes (DBV). An die Adresse der in Hannover tagenden
Agrarminister von Bund und Ländern richten Hilse und Krüsken für die
deutschen und niedersächsischen Landwirte den Appell, bisher
erreichte Fortschritte auf den Höfen zu würdigen und den Blick für
faire und realistische Lösungen bei dem Wunsch nach weiteren
Veränderungen nicht aus den Augen zu verlieren. Zugleich erwarteten
die Landwirte von der Tagung der Agrarminister eine fachorientierte
Arbeit, die sich gerade in Zeiten des Wahlkampfes von den Zwängen
einzelner Parteiprogramme freimachen müsse.
Ganz konkret sprechen die Repräsentanten des Berufsstandes die
Tierhaltung an - auf zwei von drei der bundesweit 280.000 Höfe werden
Tiere gehalten. Viele Sauenhalter beispielsweise hätten auf strengere
Vorgaben für den sogenannten Wartestall reagiert oder diesen
Betriebszweig ganz aufgegeben. Eine ähnliche "Abstimmung mit den
Füßen" befürchtet Hilse nach dem Magdeburger Kastenstandurteil. Er
fordert eine Anpassung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung mit
ausreichend langen Übergangsvorschriften, um die Abwanderung der
Ferkelerzeugung in andere europäische Länder zu stoppen. Aktuell gibt
es noch 8.800 Höfe mit Sauenhaltung, in einem Zeitraum von nur fünf
Jahren haben bundesweit fast 40 Prozent der Sauenhalter ihre Ställe
aufgegeben, schildert Hilse. "Dieser Aderlass darf sich nicht
fortsetzen", warnt er.
Forciert werde eine solche Entwicklung auch durch die anhaltende
Diskussion zur Änderung der Düngeverordnung. Einmal erzielte
Kompromisse würden auf Länderebene immer wieder aufgebohrt, die
Betroffenen zunehmend verunsichert. "Unsere Landwirte wollen endlich
wissen, was auf sie zukommt und worauf sie sich einstellen müssen",
sagt Hilse. Er spricht von hohen Herausforderungen, die zu bewältigen
sind und in vielen Fällen zusätzliche Investitionen verlangten. In
Niedersachsen fühlten sich die Landwirte zusätzlich von dem Entwurf
eines neuen Wassergesetzes überrumpelt. In weiten Teilen des Landes,
nicht nur in den Küstenregionen, stoße die Gesetzesvorlage u.a. mit
der Absicht, einen fünf Meter breiten Streifen entlang der Gewässer
mit einem Verbot für Düngung und Pflanzenschutz zu belegen, auf
breite Ablehnung. Diese Forderungen sind aus fachlichen Gründen nicht
nötig, die Landwirte sehen darin einen massiven Eingriff in ihr
Eigentum, das Landvolk lehnt den Gesetzentwurf daher entschieden ab.
In der Milchpolitik erwarten die Landwirte mehr Kontinuität. "Die
EU hat die Weichen in Richtung freie Märkte gestellt, diese Botschaft
ist bei unseren Milchviehhaltern angekommen", sagt Hilse. Den
Transformationsprozess könnten Kriseninstrumente, die Unterstützung
bei der Preisabsicherung über Warenterminbörsen oder auch Hilfen bei
der Erschließung neuer Märkte begleiten. Staatliche Eingriffe in die
Mengenregulierung oder gar Preisgestaltung dagegen seien in Zeiten
globaler Märkte nicht mehr zeitgemäß. In Richtung der
Länderagrarminister fordert Hilse, die Ambitionen zu einer erneuten
staatlichen Mengenregulierung ad acta zu legen. "Man kann nicht
beklagen, dass die Milchquotenregelung ausgelaufen ist oder die Zahl
der Betriebe drastisch abgenommen hat, aber gleichzeitig
umweltrechtliche Vorschriften wie zum Beispiel die Düngeverordnung
oder die TA Luft so verschärfen, dass kleinere Tierhaltungsbetriebe
erhebliche Probleme mit der Umsetzung bekommen. Die vielen Ursachen
für den Strukturwandel müssen klar benannt und angegangen werden;
auch hier sind die Agrarminister in der Verantwortung", stellt
Krüsken klar.
Als konkrete Unterstützung bezeichnen Hilse und Krüsken dagegen
die EU-Direktzahlungen. Sie steuern auf vielen Höfen die Hälfte des
Betriebseinkommens bei, in der Milchpreiskrise waren sie essenziell,
um die Liquidität der Betriebe halbwegs zu sichern. DBV und Landvolk
fordern daher weiter eine starke erste Säule. Die daraus finanzierten
Direktzahlungen würden auch und gerade die höheren Umwelt-,
Tierschutz- und Sozialstandards der deutschen Landwirte abpuffern.
Noch weitergehende Leistungen sollten über die zweite Säule
abgegolten werden. Diese müsse dazu entsprechend ausgestattet werden,
aber nicht zu Lasten der Direktzahlungen. "Noch mehr wünschen sich
unsere bäuerlichen Familien eine echte Wertschätzung ihrer Arbeit und
eine faire Entlohnung über höhere Erzeugerpreise", sagen Hilse und
Krüsken. Deutschland zähle zwar zu den kaufkräftigsten Märkten, die
deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher erwarteten aber bei
Spitzenqualitäten die niedrigsten Nahrungsmittelpreise. "Diesen
Spagat halten unsere bäuerlichen Familien nicht mehr aus, sie dürfen
daher nicht noch weiteren Belastungen ausgesetzt werden", fordert
Hilse und warnt vor einem politisch verursachten Strukturwandel.
Gerade junge Bäuerinnen und Bauern müssten eine Perspektive erkennen
können.
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Datum: 28.03.2017 - 14:00 Uhr
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