VDA-Präsident Wissmann: "Die Logistiker haben eine Herkulesaufgabe, die entscheidend für den Erfolg unserer Industrie ist"
Fünftes "Forum Automobillogistik" von VDA und BVL (AUDIO)
(ots) -
Anmoderation:
Ein neues Auto zu kaufen war vor zehn, fünfzehn Jahren oft keine
große Sache. Der Kunde ging zum Händler in den Showroom und sagte:
"Bitte den da hinten rechts!" Diese Zeiten sind inzwischen vorbei.
Die Grundausstattung reicht den meisten Kunden beim Autokauf längst
nicht mehr aus, heutzutage wird Individualität groß geschrieben. Egal
ob Business-Limousine oder Kleinwagen: Die Hersteller müssen immer
mehr Extras und Ausstattungsvarianten für die Wünsche der Käufer
anbieten. Das ist für die Hersteller und Zulieferer eine gigantische
logistische Herausforderung. Schließlich kommen die Komponenten eines
Fahrzeugs aus aller Welt und müssen punktgenau am Montageband
zusammengeführt werden. Dazu ist ein globales und hochkomplexes
Logistiksystem erforderlich. Vertreter aus Industrie, Handel und
Wissenschaft tauschen sich seit gestern (14.02.-15.02.) auf dem
"Forum Automobillogistik" in Bremen über die Themen der Zukunft aus.
Wie es aktuell um die Logistik der deutschen Autobauer steht, mit
welchen Herausforderungen die Branche zu kämpfen hat und welche
Auswirkungen politische Entscheidungen der "Amercia
First!"-Protektionismus von Donald Trump haben, darüber haben wir im
Exklusivinterview mit Matthias Wissmann, dem Präsidenten des VDA,
gesprochen.
1.Frage: Herr Wissmann, das "Forum Automobillogistik" findet zum
fünften Mal statt, welchen Stellenwert genießt es bei den deutschen
Autobauern und Zulieferern? Ein Auto hat vielleicht 4000 Teile. 70
Prozent der Teile kommen von Zulieferern. Und man muss natürlich
alles tun, um diese Zulieferer-Teile zum richtigen Zeitpunkt mit
möglichst wenig Aufwand optimal vernetzt in die Produktion zu
bringen. Und das ist eine Herkulesaufgabe, zumal in Zeiten der
Digitalisierung immer mehr digital gesteuert wird. Und wenn sie das
jetzt auf unsere weltweite Produktion übertragen ist es eine solch
globale Aufgabe, die für den Erfolg unserer Industrie entscheidet,
dass wir bei dieser Veranstaltung einfach auch zeigen wollen, wie
entscheidend das Ganze für die Exportfähigkeit Deutschlands und
unserer Industrie ist. (0:44)
2.Die deutschen Autobauer haben sich alle ein weltweites
Produktionsnetzwerk aufgebaut. Inwiefern stellt die Globalisierung
eine besondere Herausforderung dar? Wir haben schon vor langer Zeit
gesagt: Wenn wir unsere Produkte global verkaufen wollen, dann müssen
wir nicht nur überall auf der Welt Verkaufsstellen haben, wir müssen
auch in wichtigen Regionen der Erde eigene Produktionen haben. Das
sehen sie an einer Zahlenreihe: Wir haben vor 20 Jahren in
Deutschland vier Millionen Fahrzeuge produziert und in anderen Teilen
der Welt zwei Millionen. Jetzt produzieren wir in Deutschland 5,7
Millionen Fahrzeuge, also deutlich mehr als damals, aber in der Welt
zehn Millionen Fahrzeuge. Jetzt können sie sich vorstellen, was es
für einen logistischen Aufwand erfordert, an alle diese
Produktionswerke der Welt zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Teile
zu bringen und das Ganze dann auch in einer absolut effizienten Form.
Das ist die eigentliche Aufgabe der Logistik. (0:50)
3.Aufgrund der angespannten politischen Situation in Europa und
den USA hat die globale Aufstellung aber auch ihre Vorteile. Wie sehr
profitieren die deutschen Automobilhersteller und deren Zulieferer
von ihren weltweiten Produktionsstadtorten? Das macht uns nicht
unabhängig, aber doch etwas weniger beeinflussbar, wenn in der Welt
Protektionismus versucht wird, weil wir dann doch in wichtigen
Regionen der Erde produzieren. Und wenn Sie zum Beispiel an die
Diskussion über Freihandel mit der amerikanischen Regierung denken,
dass wir nicht nur aus Deutschland und Europa raus nach Amerika
exportieren, sondern auch ein wichtiger Teil der amerikanischen
Industriebasis geworden sind, weil wir dort über 800.000 Fahrzeuge
produzieren. (0:30)
4.Was können Sie den deutschen Automobilherstellern und
Zulieferern mit auf den Weg geben? In allen Teilen der Welt gibt es
Menschen, die glauben den Leuten einreden zu können, man könne mit
künstlichen Mauern gegen den freien Handel irgendetwas Positives
bewirken. Und wir müssen stattdessen die Flagge des Freihandels
hochhalten. Und in einer Stadt wie Bremen, die mit Bremerhaven die
wichtigste Exportdrehscheibe für die Automobillogistik überhaupt ist,
kann man das vielleichtmit größerem Nachdruck sagen als an anderen
Orten, wo es nicht so viel logistische Erfahrung gibt. (0:28)
Abmoderation:
Das "Forum Automobillogistik" findet in diesem Jahr bereits zum
fünften Mal statt und wird vom VDA und der Bundesvereinigung Logistik
organisiert. Als größtes Branchentreffen in Europa bieten die
Veranstalter mit dieser Plattform einen idealen Treffpunkt, um
innovative Ideen über Funktions- und Unternehmensgrenzen
auszutauschen und persönliche Kontakte zu knüpfen.
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Datum: 15.02.2017 - 06:30 Uhr
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