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Jetzt ist es amtlich: Mehrweggetränke schmieren ab–Lenkungswirkung einer Kennzeichnungspflicht wird

ID: 145106


(IINews) - Die Bundesregierung hat jetzt nach Angaben des
Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) das Zahlenwerk für
die Entwicklung der Mehrweggetränke für den Zeitraum von
2004 bis 2007 beschlossen. In diesem Zeitraum ist die
Mehrwegquote von 71 auf 55 Prozent abgesackt. Als
Hauptgrund für den Trend zu Einweg gab die
Ministerialbeamtin Andrea Jünemann den gestiegenen
Marktanteil der Discounter an. „Aus meiner Sicht bestätigen
die vorgelegten Zahlen die ursprüngliche Position des
Wirtschaftsministeriums, dass die Pfandpflicht für Einweg-
Getränkeverpackungen kein geeignetes Instrument zur
Stabilisierung der Mehrwegquote darstelle“, sagte
Jünemann bei einer Fachveranstaltung der Stiftung
Initiative Mehrweg http://www.stiftung-mehrweg.de und der
Beratungsgesellschaft Ascon http://www.ascon-net.de in
Bonn. Die vom Umweltministerium vorgelegte
„Getränkeverpackungs-Kennzeichnungsverordnung“ stößt
beim Wirtschaftsministerium auf Widerstand.

„Wir haben Zweifel, ob die Kennzeichnung ein probates
Mittel zur Stabilisierung von Mehrweg ist“, so Jünemann.
Die bestehende Kennzeichnung von Einweggetränken mit
dem Logo der Deutschen Pfand GmbH und dem Logo der
Mehrwegallianz für Mehrweggetränke reiche aus. Die
Initiative des BMU sollte daher kritisch hinterfragt werden.
Letztlich sei die Kennzeichnungspflicht, wie sie auch im
Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Regierung verankert
ist, das geringere Übel. In der Expertendiskussion bestätigte
die Ministerialbeamtin, dass auch mit der Kennzeichnung
die Mehrwegquote weiter abschmieren werde. „Verbraucher
werden auch weiterhin den bequemen Weg gehen und
beim Discounter Einwegprodukte kaufen“, erklärte
Jünemann.

Die jährlichen Wachstumsraten von Einweg-Getränken, die
in PET-Flaschen auf den Markt kommen, liegen nach




Informationen von Markus Wolff, Vorstand der
Genossenschaft Deutscher Brunnen http://www.gdb.de, bei
7,3 Prozent. Von den jährlich 13,1 Milliarden Liter
Mineralwasser werden mittlerweile 52 Prozent über
Discounter verkauft. Vor neun Jahren lag die
Mehrwegquote noch bei 80 Prozent. „Der Kuchen für die
208 mittelständischen Mineralbrunnen-Betriebe wird immer
kleiner. Bei Süßgetränken liegt der Discount-Anteil sogar
schon bei rund 65 Prozent. Mit Aldi, Lidl und Norma gibt es
Discount-Ketten, die sich konsequent verweigern, Mehrweg
ins Sortiment zu nehmen, trotz der Vorgaben der
Verpackungsverordnung“, führte Wolff in Bonn aus. Mit
einem Kampfpreis von 19 Cent für eine 1,5 Liter Flasche
und dem Pflichtpfand von 25 Cent hätten die Discounter
ein mächtiges Mittel zur Kundenbindung in der Hand. Der
Verbraucher komme zurück für den zweiten Einkauf.

„Die Folgen für unsere Mitgliedsbetriebe sind dramatisch.
Der Mittelstand schmilzt ab, die Regionalität und die
Produktvielfalt geht verloren. Es steigen die Insolvenzen
und Unternehmenschließungen. Alleine im Raum Bonn
haben wir Reginaris verloren, wir haben Artus in Bad
Hönningen verloren und wir haben vor zwei Wochen den
Bad Honnefer Mineralbrunnen verloren. Das sind die
jüngsten Wasserstandsmeldungen“, sagte Wolff.

Er verlangt eine Unterbindung der Quersubventionierung
von Getränken durch die Discount-Konzerne. Das sei zwar
schwierig zu ermitteln. Die Gewinne über das nicht
eingelöste Pfand könnten in die Rückstellungen der
Handelspartner fließen. Hier seien die Finanzämter
gefordert, um auf diese Summen Zugriff zu bekommen.
Bislang würden keine validen Aussagen über die Höhe des
Pfandschlupfes vom Handel vorgelegt. Die Genossenschaft
geht von 330 Millionen Euro aus, die von den Discountern
jährlich in die Quersubventionierung von Einweg-
Getränken gesteckt werden. Die Pfandgewinne werden auf
62,5 Millionen Euro, Recyclingerlöse auf rund 40 Millionen
und die Ersparnisse durch den Wegfall der Gebühren für
den Grünen Punkt auf 226 Millionen Euro geschätzt. „Man
müsste eigentlich die Investitionen für
Rücknahmeautomaten gegenrechnen. In der Realität holen
sich die Discounter diese Kosten bei den Lieferanten
wieder zurück“, so Wolff.

Handlungsbedarf zur Rettung von Mehrweg sieht auch das
Ökoinstitut. Der Mehrweganteil gerate an eine kritische
Untergrenze, bei der Mehrweg grundsätzlich in Frage
gestellt wird. „Es ist festzustellen, dass auch der
konventionelle Lebensmitteleinzelhandel verstärkt auf
Einwegverpackungen setzt. Es sind letztlich starke Signale
erforderlich, um diese problematischen Entwicklungen zu
verhindern“, fordert das Ökoinstitut in einer Studie
http://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/abfallpoliti
k/091118_nabu_lenkungsabgabe_getraenke_presse.pdf.
Eine Materialsteuer sei die geeignete Maßnahme, um die
Kostendifferenzen zu Gunsten von Mehrweg zu verändern.
„Die Differenzen über alle Stufen der Wertschöpfungskette
können zumindest weitgehend zu Gunsten der ökologisch
vorteilhaften Verpackungen relativiert werden“, schreibt das
Ökoinstitut. Erforderlich sei ein policy mix verschiedener
Instrumente, dazu zähle die Einführung einer
Verpackungssteuer, die Beibehaltung von Pfandpflicht und
den Regelungen der Verpackungsverordnung sowie eine
Kennzeichnungsverordnung.

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Datum: 12.12.2009 - 14:23 Uhr
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